Schon wieder ein Stau. Die Bahn hat Verspätung. Im Bus riecht es schon morgens etwas merkwürdig. Das neue Mitglied der Fahrgemeinschaft hört einfach nicht auf zu plappern … Viele Pendler haben auf ihrem langen Weg zur Arbeit schon so einiges erlebt – Hektik und schlechte Laune inklusive.

Im Wikipedia-Eintrag (abgerufen am 03.05.2017) werden Pendler „als regelmäßig Reisende“ bezeichnet. Doch für einen Großteil der Pendler in Deutschland klingt der Begriff „Reise“ in diesem Zusammenhang wahrscheinlich wie ein Euphemismus. Während das Reisen eher positiv besetzt ist und mit Entspannung in Verbindung gesetzt wird, wird der Pendlerverkehr ab einem gewissen Grad als Stressfaktor mit hohem gesundheitlichen Risiko wahrgenommen.

 

Deutschland – Pendlernation

Ungefähr 60% aller Erwerbstätigen in Deutschland arbeiten außerhalb der Gemeinden, in denen sie wohnen. 27% der deutschen Arbeitnehmer benötigen für den einfachen Arbeitsweg mehr als 30 Minuten. Jeder Zwanzigste ist sogar über eine Stunde unterwegs, um seinen Arbeitsplatz zu erreichen.

Zwei Drittel der Berufspendler nutzen das Auto, wobei der Anteil im ländlichen Bereich mangels sinnvoller Alternativen am höchsten ist. In den Großstädten steigt jeder Vierte in die U- und S-Bahn  oder nimmt den Bus. Nur knapp 20% gelangen mit dem Fahrrad oder zu Fuß zur Arbeit.

Experten rechnen nicht damit, dass sich die Zahl der Pendler mittelfristig rückläufig entwickeln könnte. Warum? Die meisten (gut bezahlten) Jobs werden in den Großstädten angeboten. Dort lässt sich der Traum vom Eigenheim – am besten im Grünen – jedoch kaum noch verwirklichen. Also ziehen die Arbeitnehmer in den Speckgürtel der Städte und müssen pendeln. Quasi ein „Teufelskreis“.

 

Ab wann wird das Pendeln zum Problem?

Pauschal lässt sich diese Frage nicht beantworten, da zu viele individuelle Faktoren eine Rolle spielen, z.B. die psychische und physische Belastbarkeit. Eine Studie der Universität von Waterloo (Kanada) hat sich mit der Zufriedenheit von Berufspendlern beschäftigt und kommt zu folgendem Ergebnis: Je länger der Fahrtweg, desto unzufriedener sind die Menschen.

Wieviel Zeit für den Arbeitsweg noch annehmbar ist, muss jeder für sich selbst entscheiden. Tatsache ist jedoch, dass das Pendeln – insbesondere das Fernpendeln – krank machen kann. Viele Pendler sind allein deshalb im Stress, weil sie pünktlich beim Arbeitgeber sein müssen bzw. möchten. Wenn sich die Bahn verspätet oder ein Stau ankündigt, steigt der Puls und Schweiß bricht aus. Untersuchungen des Stressforschers David Lewis haben gezeigt, dass „Staufahrer“ einen ähnlichen Blutdruck aufweisen wie Kampfpiloten im Einsatz. Der Mobilitätsforscher Stephan Rammler meint sogar, dass sich viele Pendler am Rande des Burnouts bewegen.

Neben der Angst sich zu verspäten, und dem daraus resultierenden Stress, kann das Pendeln weitere unangenehme Begleiterscheinungen haben:

  • Rückenschmerzen und Übergewicht, verursacht durch mangelnde Bewegung.
  • Schlafdefizit, da Pendler meist früher aufstehen müssen.
  • Weniger Zeit für Familie, Freunde und Freizeit.

 

Wie können Pendler entgegenwirken?

Pendler sollten sich die Zeit nehmen und sich in regelmäßigen Abständen vom Arzt untersuchen lassen. Außerdem sollten Kritik, Kommentare und Meinungen aus dem sozialen Umfeld ernst genommen werden. Horcht der Pendler dann noch selbst in sich hinein, ergibt sich ein aufschlussreiches Bild, das zeigt, ob das Pendeln weiterhin erträglich ist.

Für den Umgang mit dem Pendlerverkehr ist sicherlich die persönliche Einstellung am wichtigsten. Denn wenn man sich innerlich darauf vorbereitet und akzeptiert, dass der Fahrtweg lang ist, lässt sich besser damit umgehen. Einige Menschen schaffen es sogar, den Weg zur Arbeit als Erholungsphase wahrzunehmen.

Darüber hinaus gibt es einige sinnvolle Tipps, damit das Pendeln die Work-Life-Balance nicht zu sehr beeinträchtigt. Durch folgende Aktivitäten können Sie das Pendeln interessanter bzw. sinnvoller gestalten:

  • Vertreiben Sie die schlechte Laune mit Ihrer Lieblingsmusik!
  • Nehmen Sie immer eine Flasche Wasser und einen kleinen Snack mit!
  • Kauen Sie Kaugummis! Das löst Verspannungen im Kiefer und trägt zur Entspannung bei.
  • Erweitern Sie Ihren Horizont! Lesen Sie, lernen Sie eine neue Sprache oder bilden Sie sich anderweitig fort.
  • Als Autofahrer: Gründen Sie eine Fahrgemeinschaft!
  • Wenn der Weg nicht zu weit ist: Versuchen Sie es mal mit dem Fahrrad oder einem E-Bike!

 

Oder genießen Sie die Umgebung und denken einfach mal an nichts. Zu guter Letzt sei auch erwähnt, dass der Arbeitgeber – z.B. bei einem Standortwechsel oder bei einer Eröffnung eines neuen Standortes – die Arbeitswege der Mitarbeiter im Blick haben sollte. Denn: Der Pendlerverkehr ist heute leider zu häufig der „reine Wahnsinn“!

 

 

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