„Du bist doof“ – was man einem Dreijährigen als Reaktion auf Kritik noch durchgehen lässt, gilt unter Erwachsenen nicht mehr als angemessene Erwiderung. Ruhig und sachlich zu bleiben, wenn Vorgesetzte oder Kollegen an der Arbeit herummäkeln, fällt jedoch oft schwer. Denn viele Menschen lassen sich nicht gern kritisieren und wissen nicht, wie sie souverän mit „tadelnden“ Worten umgehen sollen. Wenn Sie es nicht schaffen, Ihr eigenes Verhalten abgekoppelt von der eigenen Persönlichkeit zu sehen, verletzt Kritik Ihr Grundbedürfnis nach Anerkennung. Dabei kann wohlwollende und konstruktive Kritik bei der eigenen Persönlichkeitsentwicklung helfen.

 

Der Ton macht die Musik

Ob Kritik im falschen Hals ankommt oder ob Sie gelassen darauf reagieren, liegt an verschiedenen Faktoren: Werden Tonfall oder Formulierungen als verurteilend oder aggressiv wahrgenommen, fällt eine souveräne Reaktion meist schwer. Kritik findet außerdem immer auf einer Inhalts- und einer Beziehungsebene statt. Nach dem Kommunikationspsychologen Friedemann Schulz von Thun fühlt sich der Hörer entweder akzeptiert oder herabgesetzt, respektiert oder bevormundet, je nachdem, was er im „Beziehungs-Ohr“ wahrnimmt. Typische Reaktionen, wenn jemand sich abgewertet fühlt und deshalb verletzt ist, sind zum Beispiel Rechtfertigungen, beleidigt zu sein, ein verbales Zurückschlagen oder eine innerliche Erstarrung.

 

Handlungsempfehlungen für den Umgang mit Kritik

Kritik ist eine wertvolle Information, mit deren Hilfe Korrekturen und Verbesserungen angeschoben werden können. Wenn Sie lernen möchten, Kritik nicht als Angriff zu verstehen und mit ihr umzugehen, dann sollten Sie Ihre erste Reaktion kontrollieren. Rechtfertigen Sie sich nicht, werden Sie nicht persönlich, sondern atmen Sie tief ein und aus und zählen bis zehn. Durch tiefes Atmen können Sie Stresssymptome verringern und sich beruhigen, bevor Sie überhaupt auf die Kritik reagieren.

Der nächste Schritt ist es, sich klarzumachen, worauf die Kritik bezogen ist. Fragen Sie also nach, warum Sie kritisiert werden, und wie Sie es in Zukunft besser machen können. So können Sie herausfinden, ob es sich überhaupt um berechtigte Kritik handelt, oder ob Ihr Gegenüber vielleicht nur seinen eigenen Frust loswerden will, falsche Erwartungen hatte, oder ob das Ganze ein Missverständnis ist. Manchmal wird Kritik im Berufsalltag auch als Machtmittel oder Manipulation eingesetzt. Vorgesetzte erwarten häufig, dass ihre Kritik widerspruchslos akzeptiert wird, und zeigen so, dass sie das Sagen haben. Und auch Kollegen sprechen kritische Worte oft nicht aus, weil sie helfen möchten, sondern beleidigen „durch die Blume“ oder wollen einen vermeintlichen Konkurrenten klein halten.

Fast alles hat mindestens zwei Seiten. Unter diesem Gesichtspunkt können Sie die Meinung Ihres Kritikers als die Seine stehenlassen und es selbst anders sehen. Hinterfragen Sie den Kritisierenden: Ist er überhaupt kompetent auf diesem Gebiet? Sollten Sie zu dem Schluss kommen, dass dies nicht der Fall ist, müssen Sie der Aussage keine Beachtung schenken. Vielleicht ist die andere Ansicht aber tatsächlich nützlich und hat Sie auf etwas Wichtiges aufmerksam gemacht.

Was fühlen Sie? Scham, Wut, Angst? Machen Sie sich Ihre Gefühle im Moment der Kritik noch einmal bewusst. Oft geht es um alte Verletzungen, die eigentlich nichts mit der aktuellen Situation zu tun haben. Dann kann es sein, dass diese noch einmal wahrgenommen und durchlebt werden müssen.

Wenn Sie sich Ihrer Fähigkeiten nicht bewusst sind, können Sie auch nicht von sich überzeugt sein. Dann lassen Sie sich von negativen Äußerungen leicht und schnell verunsichern. Sind Sie aber mit Ihrer Arbeit und Ihrem Selbstbild zufrieden, können Sie viel gelassener sein, wenn jemand etwas an Ihnen auszusetzen hat.

Ein interessantes PDF habe ich bei der Uniklinik Freiburg gefunden. Hier gibt es nicht nur Tipps zum Umgang mit berechtigter Kritik und mit destruktiven Äußerungen, sondern allgemein zur Verbesserung der Kommunikation im Berufsleben.

 

Wie gehen Sie mit Kritik um? Insbesondere dann, wenn Sie eigene Strategien entwickelt haben, die hier nicht erwähnt sind, freue ich mich auf Ihr Feedback.

 

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