Über Geld spricht man nicht, lautet eine bekannte Redensart. Dementsprechend kommt es Angestellten häufig gar nicht in den Sinn, nach dem Verdienst ihrer Kollegen zu fragen. Dabei haben sie (unter bestimmten Voraussetzungen) ein gutes Recht dazu, sich beim Chef zu erkundigen, wie viel andere Mitarbeitende verdienen.
Die rechtliche Grundlage: Entgelttransparenzgesetz
Der Anspruch auf die Lohnauskunft ist seit einigen Jahren gesetzlich verankert und ergibt sich aus dem Entgelttransparenzgesetz. Sinn und Ziel dieses Gesetzes ist es, mögliche Verdienstgefälle offenzulegen und bestenfalls auszumerzen. Vor allem Frauen werden mit diesem Gesetz darin unterstützt, den Anspruch auf gleiches Entgelt bei gleichwertiger Arbeit (wie Männer) einfacher durchzusetzen. Denn obwohl es in Deutschland verboten ist, Personen aufgrund ihres Geschlechts ein anderes Gehalt zu zahlen, verdienen Frauen immer noch rund ein Fünftel weniger als ihre männlichen Kollegen.
Das Entgelttransparenzgesetz soll in der Folge auch dazu beitragen, das Vertrauen der Beschäftigten zu stärken, die Personalfluktuation zu senken und den Betriebsfrieden zu wahren.
Wie erfahre ich, was die Kollegen verdienen?
Auskunftsberechtigt sind zunächst einmal alle Mitarbeitenden in Betrieben mit mindestens 200 Beschäftigten. Unternehmen mit weniger Angestellten sind ebenfalls daran gehalten, Auskunft zu erteilen – es ist schließlich in jedem Bereich und jeder Branche verboten, die Mitarbeitenden ungleich zu entlohnen.
Ihr erster Weg führt die Angestellten zunächst zum Betriebsrat. Bei diesem haben sie sogar die Möglichkeit, eine anonyme Anfrage zu stellen. Gibt es keinen Betriebsrat, dann ist die Personalabteilung oder der Vorgesetzte der richtige Ansprechpartner. Interessierte Mitarbeitende stellen die Frage dabei stets schriftlich. Musterformulare gibt es auf den Seiten des Familienministeriums zum Download.
Eine Auskunft erteilt der Arbeitgeber dann nicht über ein einzelnes konkretes Gehalt des Bürokollegen, sondern er nimmt den Durchschnitt des Gehalts von mindestens sechs Mitarbeitenden des jeweils anderen Geschlechts mit einer ähnlichen Tätigkeit. Die Information muss er innerhalb einer Frist von drei Monaten übermitteln.
Auskunft erhalten: Und nun?
Ergibt sich bei den Gehältern eine deutliche Differenz, dann müssen Arbeitnehmende diese nicht einfach hinnehmen. Bietet der Chef nicht von selbst eine Lohnanpassung an oder gesteht er ihnen auf Nachfrage einen besseren Verdienst zu, haben Beschäftigte die Möglichkeit, eine gerechtere Entlohnung vor Gericht zu erwirken. Gibt das Gericht dem Kläger recht, kann der Arbeitgeber sogar dazu verpflichtet werden, sowohl den Verdienst anzuheben als auch rückwirkend die Differenz zu zahlen.
Mit der Lohntransparenzrichtlinie auf Ebene der Europäischen Union wird es für Arbeitgeber künftig noch einfacher, ihre Rechte durchzusetzen – noch bis 2026 haben alle EU-Mitgliedsstaaten Zeit, dieses Gesetz umzusetzen: Die Beweislast liegt damit künftig beim Arbeitgeber. Darüber hinaus sollen alle Unternehmen unabhängig von ihrer Größe zur Auskunft verpflichtet werden. Geheimhaltungsklauseln in Arbeitsverträgen sind dann außerdem nicht mehr zulässig.
Gehalt erfragen: Wann sollte man es nutzen?
Vielleicht ist es nur ein ungutes Gefühl, vielleicht haben Sie von einem Kollegen auch etwas gehört? Wer zweifelt, ob er gerecht und genauso wie andere Beschäftigte bezahlt wird, der fragt im Zweifel lieber nach. Auch dann, wenn das Gehalt individuell mit dem Chef verhandelt wird und Boni und Prämien willkürlich vergeben werden, sind das mögliche Anlässe, um vom Auskunftsrecht Gebrauch zu machen.
Tatsächlich nutzen dieses jedoch nur wenige Angestellte – teils wissen sie gar nichts von der Regelung, teils sehen sie keinen Bedarf und teils haben sie auch Angst vor möglichen Nachteilen. Letztere Sorge ist jedoch unbegründet: Zum einen haben sie die Option, die Anfrage anonym zu stellen. Zum anderen wäre weder eine Benachteiligung noch eine Kündigung der Mitarbeitenden, die ihren Auskunftsanspruch geltend machen, rechtlich durchsetzbar.
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