Überstunden? Engagement? Unregelmäßige Arbeitszeiten? Immer mehr Angestellte machen da nicht mehr mit. Der neue Trend „Quiet Quittung“ setzt dabei ein eindeutiges Zeichen, nicht mehr zu arbeiten als unbedingt nötig.
Die stille Kündigung? Das bedeutet Quiet Quitting
Die wortwörtliche Übersetzung des Begriffs „Stille Kündigung“ ist etwas irreführend, schließlich kündigt man seinen Job beim Quiet Quitting nicht. Man führt ihn vielmehr genauso aus, wie er im Arbeitsvertrag geregelt ist und wie er bezahlt wird – nicht mehr und nicht weniger. Mit anderen Worten: Quiet Quitter erledigen ihren Dienst nach Vorschrift, machen nur so viel, wie unbedingt nötig ist, damit sie sich nicht angreifbar machen und ihnen nicht selbst gekündigt wird. Regelmäßig ein bis zwei Stunden länger im Büro bleiben, auch nach Feierabend noch E-Mails beantworten oder ans Telefon gehen und womöglich sogar Zusatzaufgaben übernehmen, ist bei diesen Beschäftigten nicht mehr drin.
Warum erlebt Quiet Quittung aktuell einen Trend?
Ins Leben gerufen wurde der Begriff im Sommer 2022 durch ein TikTok-Video. Darin spricht ein junger Mann darüber, dass das Selbstwertgefühl nicht von der Arbeitsleistung abhängt und sich der eigene Wert nicht über die Produktivität definiert. Über 3,5 Millionen Mal wurde das Video angeklickt. Vor allem in den USA löste es eine große Welle aus, es folgten zahlreiche weitere Videos, in denen Menschen die hohe Bedeutung des Privatlebens betonen. Auch in Deutschland ist der Trend, dass der Job nicht alles im Leben ist, mittlerweile angekommen.
Das Video kann dabei als Auslöser für die Veränderung der Arbeitseinstellung betrachtet werden, die Ursache ist es aber wohl nicht. Ein Grund für die Umkehr der sogenannten „Hustle Culture“, bei der man im Job wirklich alles gibt, mag zum einen am Generationenwechsel auf dem Arbeitsmarkt liegen. Während sich die Babyboomer und mit ihnen ihre Werte nach dem Motto „Leben, um zu arbeiten“ mehr und mehr aus dem Arbeitsleben verabschieden, rücken die Generation Z und die Millennials mit anderen Überzeugungen nach dem Motto „Arbeiten, um zu leben“ nach. Bei ihnen erhalten die Freizeit und die klare Trennung von Beruf und Privatleben eine immer größere Bedeutung.
Zum anderen werden auch die Corona-Pandemie und die damit verbundenen Einschränkungen einen nicht unerheblichen Teil zu dieser Veränderung der Arbeitseinstellung beigetragen haben. Vielen Angestellten ist eindringlich vor Augen geführt worden, dass sie trotz ihres jahrelangen Einsatzes entbehrlich sind. Dass sie in Kurzarbeit geschickt oder einfach freigestellt wurden, hat bei nicht wenigen einen bleibenden Eindruck hinterlassen. Viele haben während dieser Zeit zudem gemerkt, dass Arbeit nicht alles ist und Familie, Freunde und Freizeit einen hohen Stellenwert haben.
Darüber hinaus spielt auch der Fachkräftemangel in vielen Branchen den Beschäftigten im Hinblick auf ihre Arbeitseinstellung in die Karten: Sie erkennen, dass die Arbeitgeber auf ihre Arbeitskraft angewiesen sind und sie selbst schnell einen neuen Job finden könnten.
Welche Beweggründe gibt es, nur das Nötigste zu tun?
Es gibt verschiedene Gründe, seine eigene Arbeitsleistung auf ein Minimum herunterzufahren. Unterschieden wird dabei zwischen folgenden Hauptmotiven:
- die eigene Unzufriedenheit im Job
- die fehlende Wertschätzung durch die Vorgesetzten
- eine zu geringe Entlohnung
- der hohe Stellenwert der Freizeit
- die Hoffnung, vom Arbeitgeber gekündigt zu werden
Während die einen zwar keinen Spaß mehr an ihrer Arbeit haben, jedoch auf den Job angewiesen sind und keine Alternativen sehen, bemängeln die anderen die fehlende Wertschätzung und eine zu geringe Entlohnung ihres Arbeitseinsatzes. Hier fehlt es vor allem an der nötigen Motivation, mehr zu machen als nötig. Dagegen gibt es auch diejenigen, die ihren Job zwar mögen, für zusätzliches Engagement zulasten ihrer Freizeit und Gesundheit aber schlichtweg nicht bereit sind. Im Mittelpunkt ihres Lebens steht eindeutig das Privatleben mit Familie, Freunden und Hobbys. Wiederum eine andere (wenn auch kleinere) Gruppe hofft darauf, dass der Arbeitgeber durch das Quiet Quitting so unzufrieden ist, dass er eine Kündigung ausspricht. Der Arbeitnehmer könnte dadurch unter Umständen von einer Abfindung und Arbeitslosengeld profitieren.
Die Konsequenzen für die Unternehmen
Hält dieser Trend an und sollte sich Quiet Quitting als neue Arbeitseinstellung gar etablieren, dann dürfte das viele Unternehmen vor große Herausforderungen stellen. Schließlich wird unter dem Strich weniger Arbeit erledigt, wenn zunehmend mehr Beschäftigte nicht bereit sind, auch mal etwas mehr zu tun. Erschwerend für Arbeitgeber kommt die Tatsache hinzu, dass mit der neuen Regelung zur Arbeitszeiterfassung die sogenannte Vertrauensarbeitszeit wegfällt. Unternehmen sind daher gut beraten, bereits jetzt ihre Einstellung zu ändern, um langfristig motiviertes Personal zu bekommen und auch zu halten. Und dazu gehören:
- eine faire Entlohnung
- Überstunden, die bezahlt werden
- eine Wertschätzung der eigenen Arbeit
- ein gesundes Arbeitsklima
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