Im Juni 2023 kündigte Apple mit der Vision Pro eine neue VR/AR-Brille an. Die Vision Pro soll es möglich machen, virtuelle Objekte in die reale Umgebung einzubinden und mit ihnen zu interagieren. Auch für besonders immersives Film- und Serienvergnügen soll die Brille genutzt werden können.
Das Eintauchen in die Virtuelle Realität (VR) bietet aber nicht nur Spaß, sondern lässt neuartige Schulungs- und Arbeitsmethoden entstehen. Welche spannenden Anwendungen von VR-Brillen sich für Berufsleben und Freizeit eröffnen, erfahren Sie hier.
Die Geschichte der VR-Brille
Die Entwicklung der VR-Brille nahm bereits im 19. Jahrhundert ihren Anfang: 1838 entstand die Idee zum View-Master, einem Gerät, das aus mehreren Einzelbildern ein dreidimensionales Bild erzeugte. Auf den Markt kam der View-Master aber erst im Jahr 1939.
Basierend auf dem Konzept des View-Masters entwickelte Morton Heilig im Jahr 1956 das sogenannte Sensorama, das erste immersive Virtual-Reality-System. Etwa so groß wie ein Arcade-Automat, bestand das Sensorama aus einem Sitz und zwei Gucklöchern, über die Zuschauer 3D-Bilder anschauen konnten, begleitet von Tönen, Wind und Gerüchen.
Der Harvard-Student Ivan Sutherland erweiterte Heiligs Idee um eine Head-Tracking-Technologie, die den Kopfbewegungen des Nutzers folgt und so den Eindruck entstehen lässt, dass man sich frei durch den virtuellen Raum bewegt. Sutherlands Konzept des Ultimate Display wurde in den 1960er-Jahren mit dem sogenannten „Sword of Damocles“ realisiert, ein auf dem Kopf getragenes virtuelles Ausgabegerät.
Eine neue Ära im VR-Bereich begann im Jahr 2012 mit dem Startup Oculus VR. Über eine Crowdfunding-Kampagne wurde das VR-Headset Oculus Rift mit kamerabasiertem Trackingsystem finanziert. Damit wurden VR-Brillen nicht nur für Konsumenten interessant, auch weitere Software- und Hardware-Hersteller nahmen sich der Technologie an und entwickelten sie weiter.
So funktionieren VR-Brillen
VR-Brillen machen sich das räumliche Sehvermögen des Menschen zunutze. Durch die Darstellung von zwei Bildern, die sich leicht voneinander unterscheiden, wird der Eindruck eines dreidimensionalen Bildes erzeugt. Um die virtuelle Umgebung möglichst realistisch zu simulieren, werden mittels einer kleinen Kamera zudem die Kopfbewegungen des Nutzers aufgezeichnet und auf die virtuelle Welt übertragen.
Eine Herausforderung stellt die hohe Rechenleistung dar, die für die Erschaffung virtueller Welten benötigt wird. Bis vor wenigen Jahren scheiterten die meisten Versuche im Bereich der VR an einer zu niedrigen Auflösung und hohen Entwicklungskosten. Leistungsstärkere Computer machen jetzt die Erzeugung hochauflösender virtueller Umgebungen möglich.
3 spannende Einsatzgebiete für VR-Brillen
Wie lassen sich VR-Brillen nun in der Praxis nutzen? Anwendungsmöglichkeiten gibt es viele, vom Gaming bis hin zum Einsatz für Unternehmensschulungen. Hier stellen wir Ihnen drei interessante Einsatzgebiete der VR-Technologie vor.
1. Berufsorientierung mit VR-Brillen
Ein spannendes Anwendungsgebiet für VR-Brillen ist die Berufsorientierung. Mit der VR-Brille auf dem Kopf gewinnen Schüler und Schülerinnen einen Einblick in verschiedene Berufe, ohne das Klassenzimmer zu verlassen. Sie können zum Beispiel bei einem Beratungsgespräch in der Bank dabei sein oder einem Maschinenbauer über die Schulter schauen.
Die Berufsorientierung in virtuellen Realitäten kommt einer Generation entgegen, die mit digitalen Medien aufwächst. Über die VR-Brille können Schüler und Schülerinnen allerdings nur zuschauen und sich nicht selbst im Beruf ausprobieren.
Ein Praktikum soll die virtuelle Berufsorientierung aber auch gar nicht ersetzen. Vielmehr soll sie Schülern und Schülerinnen eine Entscheidungshilfe bieten, in welchem Beruf sie praktische Erfahrungen sammeln möchten. Ganz ohne Zwang sollen junge Menschen einen ersten Eindruck davon erhalten, was sie im Berufsleben erwartet. Sagt ihnen eine Erfahrung nicht zu, schauen sie sich einfach den nächsten Beruf an
2. Schulungen mit VR-Brillen
VR-Brillen können auch für Mitarbeiterschulungen im Betrieb eingesetzt werden. In der virtuellen Umgebung erlernen Beschäftigte zum Beispiel den Umgang mit neuen Maschinen, setzen sich mit neuen Arbeitsmethoden auseinander oder trainieren das Verhalten in Notfällen, etwa im Brandfall.
Sinnvoll sind virtuelle Schulungen unter anderem, wenn Trainingsszenarien nicht live durchgeführt werden können, etwa weil die Maschinen nicht im Betrieb zur Verfügung stehen oder die Trainingssituation in der Realität zu gefährlich wäre. Virtuelle Schulungen sind zudem oft kostengünstiger als Live-Trainings und nehmen häufig weniger Zeit in Anspruch.
Möglich sind sowohl virtuelle Einzel- als auch Gruppenschulungen. Bei Online-VR-Schulungen in Kleingruppen loggen sich die Teilnehmer zum Beispiel mit ihrer VR-Brille ins Schulungssystem ein. Der Schulungsleiter führt sie anschließend durch die Inhalte.
Durch den Einsatz von Avataren, virtuellen Abbildungen der Teilnehmer, lässt sich eine zwischenmenschliche Lerndynamik erzeugen. Darüber hinaus können VR-Lerneinheiten physische Seminaren ergänzen. Denkbar sind zudem VR-Aktionstage im Unternehmen: An verschiedenen VR-Stationen können dann beispielsweise Trainings zum Thema Gesundheit oder Sicherheit am Arbeitsplatz angeboten werden.
Wie eine Studie der Wirtschaftsprüfungsagentur PwC herausfand, sind virtuelle Schulungen sehr effektiv. Teilnehmer lernen demnach bis zu viermal schneller als in klassischen Trainings und fühlen sich um bis zu 40 Prozent sicherer, die Lerninhalte in der Praxis umzusetzen.
3. Mit VR-Brillen die Welt aus der Sicht von Tieren erleben
Per VR-Brille können Sie in Welten abtauchen, die Ihnen üblicherweise verborgen bleiben. Das Landwirtschaftliche Bildungszentrum (LZB) Echem bietet seinen Besuchern zum Beispiel die Gelegenheit, die Welt aus den Augen von Pferden wahrzunehmen. Einmal einen Blick durch die Augen eines Tieres zu werfen ist nicht nur spannend, sondern soll auch das Einfühlungsvermögen und den emotionalen Zugang zum Tier stärken.
Tierhalter sollen durch ihre virtuellen Eindrücke eine engere Bindung zu ihrem Tier aufbauen. Das ist nicht nur für private Tierbesitzer interessant, sondern auch für Landwirte und Züchter. Eine ebenfalls am LZB Echem eingesetzte „Kuh-Brille“ versetzt Anwender in den Blickwinkel der Kühe und soll so dazu beitragen, die Haltungsbedingungen der Nutztiere zu verbessern.
Ausblick: VR-Anwendungen in Unternehmen gewinnen an Bedeutung
Nicht zuletzt die Corona-Pandemie hat gezeigt, wie wichtig Virtual Reality in Zukunft für die Arbeitswelt sein wird. Weltweit bringen Unternehmen VR-Technologie zum Beispiel für die virtuelle Zusammenarbeit, für Schulungen und für die Fernwartung von Maschinen zum Einsatz.
Es steht zu erwarten, dass die Entwicklung leistungsfähigerer Systeme sowie userfreundlicher und günstiger Headsets die Akzeptanz von VR-Brillen weiter steigern wird. Im Business-Bereich werden VR-Systeme vermutlich in Kombination mit der sogenannten Augmented Reality (AR) zum Einsatz kommen. AR-Anwendungen fügen ein dreidimensionales Objekt in eine reale Umgebung ein. Dieser Technologie bedienen sich zum Beispiel Möbelhändler, um ihren Kunden einen Einblick zu verschaffen, wie eine neue Couch im Wohnzimmer aussehen wird.
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