Ein Kunde hat kurz vor der Deadline noch einen wichtigen Änderungswunsch zu einem Auftrag? Der Chef lastet Ihnen immer mehr Arbeit auf oder Sie können sich mit einem Kollegen nicht über das richtige Vorgehen einigen?
Im Berufsalltag gibt es so einige Momente, in denen man am liebsten aus der Haut fahren würde. Jeder kann einmal die Beherrschung verlieren. Eine geringe Impulskontrolle zieht jedoch berufliche Nachteile nach sich.
Der folgende Artikel gibt Ihnen Tipps, wie Sie Ihre Selbstbeherrschung trainieren und stressigen Situationen gelassener begegnen.
Selbstbeherrschung – was ist das eigentlich?
Selbstbeherrschung bezeichnet die Fähigkeit, die eigenen Emotionen, Wünsche und Verhalten kontrollieren zu können. In der Psychologie spricht man auch von Impulskontrolle und Selbstregulation.
Selbstbeherrschung geht mit einer hohen Frustrationstoleranz einher. Frustrationstoleranz entwickelt sich bereits in jungen Jahren: Während einige Kinder möglichst alles jetzt und sofort haben möchten, sind andere geduldiger und können abwarten, wenn am Ende der Wartezeit eine Belohnung winkt. Erwachsene mit guter Selbstbeherrschung werden zwar durchaus wütend, tragen ihre Emotionen aber nicht direkt nach außen. Statt der kurzfristigen Bedürfnisbefriedung nachzugeben, machen sie sich Gedanken über die langfristigen Konsequenzen.
Können Sie Ihre Impulse kontrollieren, bringt das im Beruf mehrere Vorteile mit sich:
– Selbstbeherrschung zeugt von Professionalität und Kompetenz.
– Lösungen können ruhig, sachlich und konstruktiv erarbeitet werden.
– Eine gelassene Kommunikation stärkt das Vertrauen zwischen den Gesprächspartnern.
– Es fällt leichter, neue Fähigkeiten zu erlernen, da Rückschläge nicht als demoralisierend empfunden werden.
Selbstbeherrschung als Karrierefaktor
Selbstbeherrschung stellt einen wichtigen Karrierefaktor dar. Für den beruflichen Aufstieg ist sie Forschern zufolge sogar wichtiger als reine Intelligenz: Studien zeigen, dass Menschen mit guter Impulskontrolle erfolgreicher sind als Personen mit hohem Intelligenzquotienten, aber geringer Selbstkontrolle.
Wer sich beherrschen kann, erreicht beruflich oft mehr. Das machen schon einfache Beispiele deutlich. Nehmen wir an, Sie geraten im Büro mit einem Kollegen aneinander. Sie verlieren die Fassung und der Abteilungsleiter bekommt dies mit. Selbst wenn Ihre Wut gerechtfertigt ist, wirkt ein Ausraster wenig professionell. Vorgesetzte können sich angesichts eines solchen Verhaltens fragen, ob Sie wirklich für herausfordernde und stressige Aufgaben geeignet sind.
Wer bereits eine Führungsposition innehat, sollte sich ebenfalls beherrschen können. Vorgesetzte nehmen eine Vorbildfunktion ein. Lassen Führungskräfte ihre Wut und ihren Frust an den Mitarbeitenden aus, vergiftet das die Arbeitsatmosphäre im Büro.
Selbstbeherrschung lernen: 5 Tipps
Selbstbeherrschung und Frustrationstoleranz sind zum Teil angeboren. Fällt Ihnen die Kontrolle Ihrer Emotionen schwer, müssen Sie jedoch nicht verzweifeln: Selbstbeherrschung lässt sich lernen. Dabei helfen die folgenden Tipps.
1. Auslöser analysieren und Muster erkennen
Zunächst sollten Sie herausfinden, in welchen Situationen Sie überhaupt die Beherrschung verlieren. Auslöser für die Wut, sogenannte Trigger, gestalten sich nämlich äußerst individuell. Was den einen Menschen zur Weißglut treibt, kann jemand anderes ohne Probleme wegstecken. Erkennen Sie die Situationen, in denen Sie frustriert reagieren, erhalten Sie Hinweise darauf, was Sie provoziert, verletzt und wütend oder traurig macht. Auf solche Muster aufmerksam zu werden, ist der erste Schritt, um sie zu durchbrechen.
2. Selbstreflexion
In vielen Situationen geben nicht andere Menschen den Ausschlag für einen Wutausbruch. Vielmehr frustrieren uns die eigenen Gedanken und Vorgehensweisen. Reflektieren Sie daher Ihr Verhalten in den Situationen, die Sie häufig zur Weißglut treiben: Was fühlen Sie in diesen Momenten? Was erwarten Sie von sich selbst und von anderen? Was brauchen Sie, damit es Ihnen wieder besser geht? Welche Umstände können Sie selbst kontrollieren, welche nicht?
3. Langfristig denken
Kurzfristig verschafft Ihnen ein Wutausbruch vielleicht Erleichterung. Beim Erlernen von Selbstbeherrschung geht es aber gerade darum, langfristig zu denken. Richten Sie Ihren Blick auf die Zukunft und überlegen Sie, welche Konsequenzen und Folgen es haben kann, wenn Sie Ihrem Frust freien Lauf lassen. So werden Sie schnell erkennen, welche Reaktion die beste ist.
4. Frust außerhalb des Arbeitsplatzes „abtrainieren„
Fühlen Sie sich frustriert, hilft es oft, außerhalb des Arbeitsplatzes ein Ventil zu finden. Natürlich nicht, indem Sie gegenüber der Familie oder Freunden die Beherrschung verlieren, sondern indem Sie sich mit einem Hobby entweder so richtig auspowern oder etwas für Ihre Entspannung tun. Ganz gleich, ob Sie Sport treiben oder lieber ganz relaxt mit einem guten Buch auf dem Sofa sitzen: Ein Ausgleich zur Arbeit hilft dabei, neue Energie zu tanken und stressigen Situationen gelassener zu begegnen.
5. Emotionale Distanz wahren
Es gibt Momente, in denen Kunden, Kollegen und Chefs einfach nerven. Situationen, in denen Sie tatsächlich ungerecht behandelt werden oder selbst als Ventil dienen, an denen andere ihren Dampf ablassen. In solchen Momenten Selbstbeherrschung zu zeigen, bedeutet emotionale Distanz zu wahren. Lassen Sie verletzende Worte nicht zu nah an sich ran, nehmen Sie Kritik nicht persönlich. Kommt es tatsächlich zu ungerechtfertigten Angriffen, warten Sie ab, bis sich das Gegenüber wieder beruhigt hat und suchen dann das sachliche Gespräch. Bei Bedarf können Sie auch eine neutrale Person als „Schiedsrichter“ hinzuziehen.
Achtung: Zu viel Selbstbeherrschung ist auch nicht gut
Grundsätzlich ist Selbstbeherrschung eine gute Eigenschaft. Wie mit allen Dingen kann man es jedoch auch mit der Selbstbeherrschung übertreiben. Möchten Sie in jeder Situation die volle Kontrolle über die eigenen Emotionen und Reaktionen haben und erlauben sich überhaupt keine Schwächen mehr, führt das abermals zu Stress.
Versuchen Sie, Ihre Impulse zwanghaft zu unterdrücken, verschiebt das meist nur den Zeitpunkt des Ausrasters. Wer sich zu viel Disziplin abverlangt, belastet zudem die eigene Psyche und den Körper. Ein gesundes Maß an Selbstbeherrschung bedeutet daher auch, zu wissen, wann man bestimmte Emotionen rauslässt.
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