Das Medienecho war gewaltig: Vor einigen Tagen hat die VW-Tochter MOIA mit einer Pressekonferenz ihren gleichnamigen Fahrdienst in Hamburg gestartet – zunächst mit 100 MOIA-Shuttles. Das Unternehmen bezeichnet seinen Service als Ridesharing.
An 10.000 Haltepunkten können Kunden künftig in die Elektro-Kleinbusse einsteigen. Im Vergleich zu Taxifahrten kostet der Service knapp die Hälfte. VW verspricht sich von diesem Konzept viele Fahrgäste und will zugleich die Umwelt entlasten.
Wird dieses Konzept betriebswirtschaftlich und ökologisch aufgehen?
So funktioniert das MOIA-Konzept
MOIA basiert auf der nicht ganz neuen Idee von Sammeltaxis, hat das Prinzip jedoch sehr smart in das digitale Zeitalter transformiert. Mittels App melden Kunden im ersten Schritt ihren Fahrwunsch an. Die App informiert anschließend, an welcher Haltestelle man abgeholt wird.
Haltepunkte sind u.a. Parkbuchten und Kreuzungen. Die Bezahlung erfolgt bargeldlos per Kreditkarte. Anhand der aktuellen Anfragen berechnet ein Algorithmus die idealen Fahrrouten der Kleinbusse. Ein Navigationsgerät leitet die Fahrer zu den entsprechenden Standorten. Der E-VW-Bus nimmt während der Fahrt weitere Kunden auf, entsprechend gelangen die Gäste mit Zwischenhalten zu ihrem Ziel.
Im Vergleich zum Taxi gibt es drei Einschränkungen:
- Der Start- und Zielort ist bis zu 250 Meter vom aktuellen Standort sowie vom gewünschten Ziel entfernt.
- Andere Fahrgäste steigen zu. Das reduziert die Privatsphäre und verlängert die Fahrzeit.
- Kunden können nur bargeldlos per App bezahlen. Andere Zahlungsmittel akzeptiert MOIA nicht.
Dem stehen zwei erhebliche Vorteile gegenüber:
- Bei MOIA sparen Kunden ca. die Hälfte der Taxipreise. Bei vielen Fahrten bedeutet das eine Ersparnis in zweistelliger Höhe.
- Das Unternehmen garantiert zudem den Fahrpreis vor der Abfahrt. Böse Überraschungen sind ausgeschlossen.
Elektroantrieb und geräumige Fahrzeuge
Viele Journalisten durften im Vorfeld des offiziellen Starts Testfahrten absolvieren. Beim Fahrkomfort zeigten sich die meisten positiv überrascht. Der Elektroantrieb der Kleinbusse fördert nicht nur den Klimaschutz. Zugleich sind die Fahrzeuge leise und fahren ruhig.
Als weiteren Pluspunkt erwähnen die Probefahrer den geräumigen Zuschnitt der Fahrzeuge, in die bis zu sechs Personen passen. Alle Gäste können bequem ein- und aussteigen. Im Sitz verfügen sie über ausreichend Bewegungsfreiheit. Die Ausstattung mit WLAN und Ladestationen für das Smartphone rufen ebenfalls Lob hervor.
Wie werden die Kunden den Dienst annehmen?
Eine schwierige Frage, aber offenbar ist das Unternehmen mit der bisherigen Resonanz zufrieden. Seit 2017 testet MOIA den Fahrdienst in Hannover und würde ihn bei größeren Problemen sicherlich nicht auf Hamburg erweitern. In Hannover setzte MOIA bisher aber wenige Fahrzeuge ein.
Beim größer angelegten Projekt in Hamburg plant MOIA, bis Jahresende 500 und später 1.000 Fahrzeuge einzusetzen. Es bleibt abzuwarten, wie die Kunden das Ridesharing annehmen werden. Mit fundierten Ergebnissen kann man erst in einigen Wochen rechnen.
Eventuelle Stolpersteine für MOIA
Grundsätzlich sprechen die niedrigen Preise für MOIA. Taxifahrerverbände befürchten daher, dass Taxifirmen an den Konkurrenten Kunden verlieren werden. Unzufriedene Taxifahrer könnten zu „Stolpersteinen“ werden, insbesondere wenn sie Ansatzpunkte für rechtliche Schritte finden.
Das MOIA-Konzept beschränkt den eigenen Kundenkreis – das aber durchaus bewusst. Es setzt ein Smartphone, die Nutzung der App und eine Kreditkarte voraus. Nicht jeder verfügt über diese Voraussetzungen. Der eine oder andere könnte auch aus Datenschutzgründen vor der komplett virtuellen Abwicklung zurückschrecken.
Die Frage ist auch, ob jeder den Weg bis zum nächsten Standort auf sich nehmen und mit Fremden fahren will.
MOIA-Fahrservice: ein Beitrag zum Klimaschutz?
Kfz-Besitzer sollen ihr Auto dank der günstigen und bequemen MOIA-Shuttles stehen lassen, andere dank des neuen Service komplett auf ein eigenes Fahrzeug verzichten: Das ist der ökologische Grundgedanke dieses Mobilitätskonzepts. Inwieweit er sich erfüllt, lässt VW in einer zweijährigen Studie zum Ridesharing von zwei Universitäten untersuchen.
Kritiker bezweifeln ein positives Ergebnis für den Klimaschutz. Sie befürchten, dass viele ÖPNV-Fahrer von den öffentlichen Nahverkehrsmitteln auf MOIA und andere, vergleichbare Fahrdienste wie die Bahn-Tochter Clevershuttle umsteigen werden.
Experten meinen, dass – ab einem gewissen Ausmaß – der Wechsel von ÖPNV zu Fahrdiensten die Ökobilanz nicht verbessert, sondern verschlechtert.
Insbesondere in Großstädten müssen neue Mobilitätslösungen her, damit das Leben dort auf langes Sicht lebenswert bleibt. Was halten Sie vom MOIA-Konzept? Konnten Sie das Ridesharing sogar schon selbst testen? Wir freuen uns auf Ihren Kommentar!
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