Benjamin Franklin Effekt

Wer bei den Kollegen im Büro, aber auch bei Vorgesetzten gut ankommen und sich beliebt machen möchte, der bittet diese einfach um einen kleinen oder auch etwas größeren Gefallen. Was auf den ersten Blick unlogisch klingt, ist sogar wissenschaftlich erwiesen und hat einen Namen: Benjamin-Franklin-Effekt.

Wie zeigt sich das Phänomen?

Ein wichtiges Meeting zur Projektplanung steht in wenigen Stunden an: Unerwartet kommt ein dringender privater Termin dazwischen. Um das Meeting nicht absagen zu müssen, bittet man einen Kollegen, dass er als unsere Vertretung daran teilnimmt. Der Kollege erklärt sich netterweise dazu bereit …

Dass dieser selbst durch seine hilfsbereite Geste sympathisch wirkt, dürfte nachvollziehbar sein und nicht weiter verwundern. Andersherum sieht das schon anders aus: Dennoch sammelt auch die Person, die Hilfe einfordert, auf der Gegenseite Sympathiepunkte. Das Phänomen, dass wir Menschen sympathisch finden, denen wir einen Gefallen tun, bezeichnet man als Benjamin-Franklin-Effekt.

Der Namensgeber: Woher kommt die Bezeichnung?

Der Effekt geht auf Benjamin Franklin als einer der Gründerväter der USA aus dem 18. Jahrhundert zurück. So erkannte der amerikanische Staatsmann bereits damals: „Derjenige, welcher dir einmal eine Freundlichkeit erwiesen hat, wird eher bereit sein, dir eine weitere zu erweisen als der, dem du selbst einmal gefällig warst.“ Franklin wandte diese „Technik“ selbst an: So besagt die Geschichte, dass er sich von einem großen Rivalen ein seltenes Buch aus dessen Bibliothek auslieh. Nach wenigen Tagen brachte er es ihm zusammen mit einem Dankesbrief persönlich zurück. Das nächste Treffen verlief dann deutlich angenehmer als vorherige Begegnungen. Beide Männer schlossen sogar eine Freundschaft, die bis an ihr Lebensende hielt.

Erstmals wissenschaftlich belegt wurde der Benjamin-Franklin-Effekt von den Wissenschaftlern David Landy und Jon Jecker im Jahr 1969. Es folgten weitere Auswertungen und Tests, zuletzt im Jahr 2015 von der japanischen Forscherin und Professorin Yu Niiya. Sie alle untermauern die Behauptung von Benjamin Franklin.

Wie erklärt sich der Benjamin-Franklin-Effekt?

Wissenschaftlich erklärt wird der Benjamin-Franklin-Effekt vor allem mit der sogenannten <strong>kognitiven Dissonanz</strong>. Hierbei spielt uns unser Gehirn einen kleinen Streich: Denn dieses möchte unser Denken und Handeln in Einklang bringen. Und da wir von unserem Verständnis nur denjenigen Menschen einen Gefallen tun, die wir auch mögen, sendet das Gehirn unbewusst das Signal aus, dass wir die Person sympathisch zu finden. Dieser Effekt tritt sogar dann ein, wenn wir die Person eigentlich gar nicht so gerne mögen.

Darüber hinaus gibt es weitere Erklärungsansätze: So spielt unser emotionales Bedürfnis, von anderen gebraucht zu werden, eine große Rolle. Hierbei fühlt man sich wichtig und in der überlegenden Rolle, wenn man als „Retter in der Not“ auftritt. Darüber hinaus erleben die helfenden Menschen Wertschätzung in Form von Dank und Anerkennung.

Den Benjamin-Franklin-Effekt im Job für sich nutzen

Wer sich bislang im Job scheute, andere um etwas zu bitten, der darf künftig getrost mutiger sein und durchaus auch mal freundlich nach- und anfragen. Das häufig befürchtete Risiko, dass Kollegen oder Geschäftspartner mit dem Kopf schütteln oder uns gar als Faulpelz oder Schmarotzer abstempeln, ist sehr gering. Im Gegenteil: Sie können sich auf diese Weise sogar bei Kollegen, die einen weniger gern mögen, beliebt machen – und ganz nebenbei noch einen praktischen Nutzen aus Ihrer Bitte ziehen. Hier einige konkrete Beispiele für den Gefallen unter Kollegen:

  • Gehst du in die Büroküche? Wäre es möglich, dass du mir einen Kaffee mitbringst?
  • Könntest du mich nach Feierabend bitte ein Stück mit dem Auto mitnehmen? Mein Fahrrad hat einen Platten und die öffentlichen Verkehrsmittel sind momentan immer so voll.
  • Hast du die Projektbeschreibung gelesen, die der Chef herumgeschickt hat? Würdest du mir kurz sagen, was darin steht? Ich schaffe es zeitlich vor dem Meeting nicht mehr. Das wäre echt eine große Hilfe.
  • Ich habe einen kleinen Notfall in der Familie und schaffe es nicht mehr, Kunde XY anzurufen und über den neuen Termin zu informieren. Könnte ich dich bitten, das heute zu übernehmen?
  • Du hast den Ratgeber passend zum Workshop gekauft? Kann ich mir das Buch ausleihen, wenn du es gelesen hast? Das würde mich ja sehr interessieren.

Die Liste an Beispielen lässt sich natürlich beliebig erweitern und dient an dieser Stelle nur zur Inspiration.

Damit die Strategie aufgeht: wichtige Tipps

Damit der Schuss nicht nach hinten losgeht, sollte man jedoch einige Tipps beachten:

  • Übertreiben Sie es nicht und bitten Sie andere nicht inflationär um einen Gefallen.
  • Äußern Sie nur realistische Wünsche, die für andere auch zeitlich und vom Aufwand umsetzbar sind.
  • Bedrängen Sie andere Personen nicht und bringen diese damit in eine unangenehme Situation. Ein Nein sollte sofort akzeptiert werden.
  • Ein aufrichtiges Dankeschön trägt zum Gelingen des Benjamin-Franklin-Effekts unbedingt bei.

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