Was früher eher die Ausnahme war, ist heute für viele Menschen Realität. Multijobbing boomt – teils aus finanzieller Notwendigkeit, teils aber auch zur eigenen Selbstverwirklichung und zur beruflichen Abwechslung. Doch was bedeutet es eigentlich, mehrere Jobs gleichzeitig zu haben?
Multijobbing in Deutschland: längst kein Nischenthema mehr
In Deutschland hatten laut Statistischem Bundesamt im Jahr 2023 rund 1,9 Millionen Menschen mehr als einen Job. Das entspricht 4,5 Prozent aller Erwerbstätigen. Besonders verbreitet ist Multijobbing bei Menschen in Teilzeitbeschäftigung, in Minijobs und bei Hilfskräften. Aber auch unter Akademikern, Kreativen oder Selbstständigen wird es zunehmend normal, mehrere berufliche Standbeine zu haben.
Die Gründe dafür sind so vielfältig wie die Lebensentwürfe:
- finanzielle Notwendigkeit angesichts steigender Lebenshaltungskosten
- der Wunsch nach beruflicher Abwechslung
- die Idee, ein Herzensprojekt neben dem Brotjob zu verfolgen
- der strategische Aufbau einer Selbstständigkeit
- die Schaffung eines zweiten beruflichen Standbeins
Mehr als einen Job zu haben, ist daher längst nicht mehr nur ein Phänomen von Menschen, die nicht „genug“ verdienen. Multijobbing spiegelt einen grundlegenden Wandel der Arbeitswelt wider: weg vom starren 9-to-5-Modell und hin zu flexibleren, individuelleren Modellen.
Typische Beispiele für Multijobbing
Multijobbing ist nicht gleich Multijobbing – je nach Branche, Qualifikation und persönlicher Motivation gibt es ganz unterschiedliche Konstellationen. Einige der beliebtesten Modelle im Überblick sind:
- Bürojob und Abendjob im Einzelhandel: Dies ist ein klassisches Beispiel für Menschen, die tagsüber einer Teilzeitbeschäftigung nachgehen und abends zusätzlich im Verkauf oder an der Supermarktkasse arbeiten.
- Hauptjob und kreative Selbstständigkeit: Viele nutzen ihre Freizeit, um zum Beispiel als Fotograf, Texter, Designer oder Musiker nebenbei Geld zu verdienen oder ein kreatives Projekt voranzutreiben.
- Job und Plattformarbeit: Ob Fahrdienstleister, Lieferdienst oder Online-Tutoring – mithilfe von digitalen Plattformen bauen sich einige Angestellte flexibel einen Nebenverdienst auf.
- Angestelltenverhältnis und nebenberufliche Gründung: Wer langfristig in die Selbstständigkeit möchte, startet oft mit einem kleinen Nebengewerbe, etwa im Bereich Coaching, Handwerk oder Onlinehandel.
- Teilzeitjob und Minijob: Besonders bei Alleinerziehenden oder Studierenden ist diese Variante beliebt, um bei begrenzter Zeit dennoch finanziell über die Runden zu kommen.
Diese Beispiele zeigen: Multijobbing ist weder auf bestimmte Berufsgruppen noch auf eine Altersklasse beschränkt.
Alltag im Spagat: zwischen Freiheit und Erschöpfung
Zwei oder sogar drei Jobs können finanziell entlasten und neue Impulse geben. Wer tagsüber in einem Büro arbeitet und abends als Musiker oder Yogalehrer unterwegs ist, lebt eine Art Arbeitsmodell, das für viele reizvoll klingt. Allerdings bringt diese Lebensweise auch erhebliche Herausforderungen mit sich.
Die größte ist der Faktor Zeit. Multijobber müssen schließlich mehrere Aufgaben unter einen Hut bringen. Nicht selten gibt es im Hintergrund mit Familie und Co. zudem noch weitere Verpflichtungen. Die Folge sind schrumpfende Ruhezeiten und fehlende Freizeit. Auf Dauer kann der ständige hohe Aktivitätslevel zermürbend wirken und die eigene Gesundheit gefährden. Burnout, Schlafmangel und Konzentrationsprobleme sind jetzt keine Seltenheit. Zudem leiden soziale Beziehungen. Wer abends arbeitet, hat weniger Raum für Freundschaften und die Familie.
Damit Multijobbing nachhaltig funktioniert, darf und sollte die eigene Belastbarkeit nicht dauerhaft überschritten werden. Wer mehrere berufliche Rollen ausfüllt, braucht unbedingt eine gute Organisation, klare Grenzen, ein gesundes Gespür für die eigenen Ressourcen und nicht zuletzt die innere Kraft, auch mal Nein zu sagen.
Was Multijobber beachten müssen: der rechtliche Rahmen
Wer mehr als einen Job hat, bewegt sich in einem rechtlich sensiblen Feld. Denn das deutsche Arbeitsrecht setzt zum Schutz der Arbeitnehmer klare Grenzen, die unter anderem über das Arbeitszeitgesetz (ArbZG) geregelt sind:
- Maximal erlaubt sind 48 Stunden Arbeit pro Woche, verteilt auf sechs Tage.
- Die Ruhezeit zwischen den täglichen Arbeitszeiten beträgt mindestens elf Stunden.
Diese Regelungen gelten auch für die Kombination mehrerer Jobs. Wer also vormittags im Büro sitzt und abends eine Schicht im Einzelhandel übernimmt, muss penibel darauf achten, gesetzliche Grenzen nicht zu überschreiten. Sonst drohen sowohl für Arbeitnehmer als auch für Arbeitgeber Bußgelder.
Hinzu kommt die Informationspflicht: Informieren Sie Ihre Hauptarbeitgeber über Nebenjobs, sofern diese Einfluss auf die Leistungsfähigkeit haben oder in Konkurrenz zum Unternehmen stehen könnten. Gut zu wissen: Ein generelles Verbot von Nebentätigkeiten ist nicht zulässig, solange sie die Haupttätigkeit nicht beeinträchtigen.
Auch in puncto Sozialversicherung und Steuern wird es schnell kompliziert. Minijobs sind in der Regel pauschal versteuert, weitere Anstellungen müssen individuell abgerechnet werden. Wer nebenbei selbstständig arbeitet, kommt zudem nicht darum herum, sich mit Themen wie Scheinselbstständigkeit, Umsatzsteuerpflicht oder Rentenversicherungspflicht auseinanderzusetzen.
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