„Erstens kommt es anders, und zweitens als man denkt.“
Dieser eigentlich scherzhaft gemeinte Kommentar (vermutlich von Wilhelm Busch) passt haargenau auf Familien mit kleinen Kindern. Selten verläuft ein Tag so, wie man es eigentlich geplant hat. Problematisch kann es für berufstätige Eltern werden, wenn ein Kind kurzfristig erkrankt.
Viele Arbeitnehmer sind sich unsicher, ob sie in einem solchen Fall den Arbeitsplatz verlassen bzw. zuhause bleiben dürfen. Auch herrscht vielerorts Unklarheit darüber, ob man für diese Zeit Urlaub nehmen muss, ob das Gehalt weiterhin gezahlt wird oder welche sonstigen Regularien beachtet werden müssen. Mit diesem Artikel beantworten wir Ihnen die wichtigsten Fragen.
Dürfen Arbeitnehmer den Arbeitsplatz verlassen, wenn das Kind krank ist?
Die typische Situation: Der Kindergarten ruft die Mutter oder den Vater an und bittet darum, das kranke Kind abzuholen.
Nach § 616 BGB dürfen Arbeitnehmer ihren Arbeitsplatz aus unvermeidbaren und unverschuldeten Gründen spontan verlassen. Die plötzliche Erkrankung des eigenen Kindes ist definitiv ein triftiger Grund für eine vorübergehende Arbeitsverhinderung. Voraussetzung ist, dass keine andere Person, die im Haushalt lebt, die Betreuung übernehmen kann. Der Arbeitnehmer muss i.d.R. nicht mit Gehaltseinbußen rechnen. Sofern beide Elternteile arbeiten, dürfen sie selbst entscheiden, wer die Betreuung übernimmt.
Beruft sich der Arbeitnehmer auf § 616 BGB, darf er auch die darauffolgenden Tage der Arbeit fernbleiben – insbesondere dann, wenn der Kinderarzt für notwendig hält und sich keine anderweitigen Lösungen finden lassen. Die Freistellung darf jedoch nur für eine „verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit“ gelten. Zwar ist das recht schwammig, aber in der Praxis kann man von maximal fünf Arbeitstagen am Stück ausgehen.
In manchen Fällen wird diese Form des Sonderurlaubs individuell in Tarifverträgen oder Arbeitsverträgen geregelt. Neben einer abweichenden Regelung kann der Arbeitgeber sogar ausschließen, dass er das Gehalt bei vorübergehender Verhinderung weiterzahlt. Wird dieser Vertragsbestandteil jedoch undeutlich formuliert, kann er unwirksam sein.
Was tun, wenn das Kind länger krank ist?
Wird aus der vorübergehenden Arbeitsverhinderung eine längerfristige – und das Kind hat das 12 Lebensjahr noch nicht vollendet – hat der Arbeitnehmer die Möglichkeit, seine Rechte nach § 45 SGB V in Anspruch zu nehmen, d.h er kann sich freistellen lassen. Auch hier wird vorausgesetzt, dass das kranke Kind nicht anderweitig betreut werden kann und eine ärztliche Bescheinigung vorliegt.
Pro Kind und Jahr darf ein Arbeitnehmer höchstens 10 Arbeitstage verpassen, insgesamt maximal 25 Arbeitstage (bei Alleinerziehenden gilt 20 Tage pro Kind und insgesamt maximal 50 Tage). Während der Freistellung erhält ein gesetzlich versicherter Arbeitnehmer sein Geld nicht vom Arbeitgeber, sondern als Kinderkrankengeld von seiner Krankenkasse. Die Höhe des Kinderkrankengeldes beträgt i.d.R. 70 Prozent des Brutto-Einkommens. Um das Kinderkrankengeld zu beziehen, muss ein ärztliches Attest vorgelegt werden. Privat Versicherte haben übrigens keinen gesetzlichen Anspruch auf diese Variante des Krankengeldes. Im Idealfall sorgen sie mit entsprechenden Zusatzversicherungen vor.
Wenn auch die 25 bzw. 50 Tage nicht ausreichen, müssen sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer auf andere Lösungen verständigen. Vielleicht macht das Arbeiten im Home-Office Sinn !? Finden beide Parteien keine zufriedenstellende Lösung, bleibt noch die Option Urlaubstage zu nehmen. Auf jeden Fall ist „krank feiern“ keine gute Idee …
Wie und wann sollte der Arbeitgeber informiert werden?
Am besten so früh wie möglich. Der Arbeitgeber hat ein Recht darauf zu erfahren, warum das Weiterarbeiten bzw. das Erscheinen zur Arbeit nicht möglich ist. Das wichtigste Dokument ist dabei die Krankschreibung durch den Kinderarzt. Die Krankschreibung für das Kind muss dem Arbeitgeber bereits am ersten Tag vorgelegt werden, an dem der Arbeitnehmer nicht zur Arbeit erscheint.
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