Bei Überstunden ist der Fall meist klar: Wir können sie abbummeln oder der Arbeitgeber zahlt uns die geleistete Mehrarbeit sogar aus. Was aber passiert, wenn wir weniger arbeiten, als wir eigentlich sollten? Wann spricht man von Minusstunden? Und kann der Arbeitgeber jetzt das Gehalt kürzen? Antworten hat dieser Ratgeber.
Das Gegenteil der Mehrarbeit: Das sind Minusstunden
Von Minusstunden ist immer dann die Rede, wenn ein Arbeitnehmer weniger gearbeitet hat, als vertraglich vereinbart wurde. Diese können täglich, wöchentlich oder auch monatlich anfallen. Eine Anrechnung zu wenig geleisteter Stunden ist jedoch nur dann möglich, wenn der Beschäftigte selbst verantwortlich für die Minderarbeit ist und in der Lage gewesen wäre, seine volle Stundenzahl zu erbringen. Dabei entstehen die Minusstunden, auch als Sollstunden bezeichnet, ohne einen entsprechenden Ausgleich zum Beispiel durch:
- unpünktliches Erscheinen am Arbeitsplatz
- zu lange oder zu viele Pausen
- Erledigungen während der Arbeitszeit
- zu früher Feierabend
- einem freien Tag ohne Krankheit oder Urlaub
Jetzt geht’s nicht ins Negative: Das sind keine Minusstunden
Nicht jede Stunde, die zu wenig gearbeitet wurde, ist auch eine Minusstunde. So dürfen Ausfallzeiten aufgrund von Krankheit, Urlaub oder gesetzlichen Feiertagen nicht als Fehlzeiten angerechnet werden. Sie müssen dementsprechend auch nicht nachgeholt werden.
Weiterbildungen, bei denen die eigentliche Arbeit liegen bleibt, verursachen ebenfalls keine Sollstunden, sofern diese vom Arbeitgeber angeordnet wurden. Anders sieht es natürlich aus, wenn man sich auf eigene Faust fortbildet. In dem Fall ist die versäumte Arbeitszeit natürlich hinten dranzuhängen.
Aufatmen können Beschäftigte, die von ihrem Chef früher in den Feierabend geschickt werden, weil zum Beispiel zu wenig Arbeit vorhanden ist. In dem Fall sind Minusstunden betrieblich angeordnet und müssen folglich vom Arbeitgeber in voller Höhe bezahlt werden.
Wann handelt es sich um Sollstunden?
Die wesentliche Voraussetzung, dass man überhaupt Minusstunden aufbauen kann, ist ein Arbeitszeitkonto, auf dem die einzelnen Stunden dokumentiert sind. Dieses geht in der Regel mit einer Gleitzeitregelung mit mehr oder weniger flexiblen Arbeitszeiten einher. Bedeutet: Verlängert man die Mittagspause an Tag A um 30 Minuten, ist es in der Regel kein Problem, an Tag B einfach eine halbe Stunde länger zu arbeiten, um einen Ausgleich zu erzielen.
Gibt es kein Arbeitszeitkonto, ist es streng genommen gar nicht möglich, Minusstunden anzusammeln. Bei einer im Arbeitsvertrag klar festgelegten Arbeitszeit bedeutet das jedoch einen Verstoß gegen eine vertragliche Vereinbarung, wenn man weniger arbeitet (weil man zum Beispiel nicht pünktlich erscheint). Die Folge kann jetzt sogar eine Abmahnung sein.
Weniger Gehalt für weniger Stunden?
Ein Soll darf man auch bei einer Gleitzeitregelung nicht ewig vor sich herschieben und es kann auch nicht unbegrenzt angehäuft werden. Sind die Minusstunden nicht innerhalb eines bestimmten vertraglich vereinbarten Zeitraums (in der Regel einige Monate und maximal ein Jahr) wieder ausgeglichen, dann drohen dem Arbeitgeber Lohnkürzungen.
Der Arbeitgeber hat das Recht, das Gehalt entsprechend zu reduzieren, wenn
- die Minusstunden nicht innerhalb eines vertraglich vereinbarten Zeitraums nachgearbeitet wurden.
- mehr Minusstunden angehäuft wurden als vertraglich erlaubt.
- die Minusstunden bei einer Kündigung noch nicht ausgeglichen sind.
- weniger gearbeitet wurde als vertraglich vereinbart (ohne Gleitzeitregelung).
Manchmal gibt es triftige Gründe, warum man immer weiter ins Minus rutscht und das Nacharbeiten nicht ohne Weiteres möglich ist: Das kann zum Beispiel die Betreuung von Kindern oder die Pflege von Angehörigen sein. In dem Fall lohnt sich das Gespräch mit dem Vorgesetzten. Wer nicht dauerhaft seine Arbeitszeit reduzieren möchte, kann eventuell einen längeren Aufschub vereinbaren. Nachgeholt werden müssen die Stunden aber in jedem Fall. Denn anders als Überstunden können die Sollstunden nicht verfallen.
Minusstunden mit dem eigenen Urlaub auszugleichen, ist übrigens keine gute Idee und auch nicht zulässig. Der Grund: Urlaub darf nicht rückwirkend, sondern immer nur für die Zukunft genommen werden.
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