Meist ist es ein besonders hohes Arbeitsaufkommen, das Angestellte daran hindert, ihren Urlaub komplett bis zum Ende des Jahres genommen zu haben. Dank einer Gesetzesänderung müssen sie nun aber nicht mehr befürchten, dass ihnen die freien Tage ersatzlos gestrichen werden. Denn: Resturlaub verfällt jetzt nicht mehr automatisch.
Die Ausgangslage: Das galt bisher
Die Regelung im Arbeitsrecht war bislang eindeutig: Angestellte, die bis zum Stichtag 31.12. ihren Urlaub nicht genommen hatten, verloren ihren Anspruch darauf. Mit anderen Worten: Die wertvollen freien Tage entfielen einfach – eine Auszahlung war (und ist) zudem nicht erlaubt. Eine Fristverlängerung bis Ende März des Folgejahres durfte lediglich bei besonderen Gründen, zum Beispiel einer Erkrankung oder Personalengpässen, eingeräumt werden.
Eine Ausnahme galt und gilt für Arbeitnehmende, die sich im Mutterschutz oder in der Elternzeit befinden. Der noch nicht genommene Urlaub kann variabel nach der Rückkehr an den Arbeitsplatz genommen werden.
Die Änderung: das BAG-Urteil
Nach einem Urteil des Bundesarbeitsgerichts darf der Urlaub (in Anlehnung an ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs) ab dem Jahr 2023 nicht mehr automatisch verfallen. Für Arbeitnehmende bedeutet das eine deutlich höhere Flexibilität: Sie können sich Ihren Urlaub aufsparen und sogar Jahre später noch in Anspruch nehmen. Es gibt jedoch ein ABER beziehungsweise eine wichtige Voraussetzung: Denn möglich ist das nur, wenn die Angestellten vom Chef nicht explizit darauf hingewiesen wurden, dass sie ihren Urlaub zum Ende des Jahres nehmen müssen und er anderenfalls ersatzlos gestrichen wird. Der Arbeitgeber steht dabei in der Beweispflicht: Im Zweifel muss er nachweisen können, dass er den Mitarbeiter rechtzeitig aufgeklärt hat.
Das Besondere: ein rückwirkender Anspruch
Interessant für viele Arbeitnehmer dürfte vor allem der rückwirkende Anspruch sein. Denn wer in der Vergangenheit seinen Urlaub nicht vollständig genommen hat, zum Beispiel aufgrund einer hohen Arbeitsbelastung oder schlichtweg eines Versäumnisses, kann die freien Tage nun auch Jahre, sogar Jahrzehnte später noch einfordern. Selbst dann, wenn man gar nicht mehr in dem Unternehmen arbeitet, erlischt das Recht daran nicht.
Gut zu wissen: Der Anspruch bleibt selbst im Todesfall eines Angestellten bestehen. So können die Erben eines Verstorbenen von dessen ehemaligem Arbeitgeber eine Ausgleichszahlung für nicht genommenen Urlaub einfordern.
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