Die Situation kennen viele: Das Wartezimmer beim Arzt ist proppenvoll, man ist zu stundenlangem untätigen Warten verdammt, obwohl man selbst noch wichtige berufliche Termine wahrnehmen muss. Die Fähigkeit, das Warten jetzt auch emotional zu ertragen, heißt Geduld. Diese Eigenschaft besitzt nicht jeder, sie kann aber trainiert werden – und nebenbei sogar die Karriere beflügeln.
Nicht warten können: Was bedeutet es eigentlich, Geduld haben zu können?
Liest man im Duden nach, dann lautet die allgemeine Definition von Geduld: „Ausdauer im ruhigen, beherrschten, nachsichtigen Ertragen oder Abwarten von etwas“. Mit anderen Worten kann Geduld auch als „Kunst des Wartens“ bezeichnet werden. Dabei geht es weniger um das Überbrücken der Zeitspanne selbst (meist gibt es überhaupt keine Wahl), sondern vielmehr darum, diese gelassen und ruhig zu überstehen, ohne dabei von den eigenen negativen Emotionen beherrscht zu werden. Geduldige Menschen schaffen es, innere Anspannungen bewusst wahrzunehmen und diese zu akzeptieren.
Beim Thema Geduld unterscheidet man dabei grundsätzlich zwischen zwei verschiedenen Arten:
- die spontane, kurzfristige Geduld: eine konkrete Situation bei tatsächlichem oder gefühltem Zeitdruck zu meistern
- die anhaltende, langfristige Geduld: auf ein Ziel und eine weit entfernte Belohnung hinzuarbeiten
Reißt der Geduldsfaden? Das sind typische Anzeichen für Ungeduld
Das Wartezimmer-Beispiel ist nur eines von vielen, in denen ungeduldige Menschen auf die harte Geduldsprobe gestellt werden. Nicht jeder Mensch reagiert jedoch in jeder Situation gleich und zeigt sich ungeduldig. Dennoch gibt es einige typische Verhaltensweisen, die (vor allem in geballter Form) ein Indikator für Ungeduld sind – und sich natürlich auch im Arbeitsalltag negativ offenbaren:
- Entscheidungen werden spontan und ohne lange Überlegungen getroffen.
- Ein kilometerlanger Stau auf der Autobahn, das Warten an der Supermarktkasse oder lange Warteschleifen am Telefon sind Trigger, die Gefühle wie Wut, Verzweiflung und Ohnmacht hervorrufen, unter Umständen sogar zu aggressivem Verhalten führen.
- Das Warten auf eine andere Person fällt schwer und sorgt für Ärger – vor allem dann, wenn diese nicht zur verabredeten Zeit erscheint. Stilles Sitzen oder ruhiges Stehen sind für Ungeduldige jetzt fast nicht möglich. Ist die Zeitspanne der Verspätung größer, dann fällt die eigene Reaktion ungehalten und vorwurfsvoll aus.
- Möchte man Dinge haben, werden diese am liebsten sofort angeschafft, Vorsätze direkt in die Tat umgesetzt.
- Sich auf eine Sache länger zu konzentrieren, fällt manchmal schwer, da man in den Gedanken schon mehrere Schritte vorausplant.
- Das lange Hinarbeiten auf ein Ziel führt zu Frustration und unter Umständen sogar zum Abbruch einer angefangenen Aufgabe.
Warum es geduldige Menschen im Job einfacher haben
Von der Eigenschaft Geduld können auch Kollegen und Chefs profitieren, es ist aber vor allem die eigene Person, die die größten Vorteile daraus zieht: Während die kurzfristige Geduld für weniger Stress und einen geringeren inneren Zeitdruck sorgt, trägt vor allem die langfristige Geduld zu privatem wie auch beruflichem Erfolg bei. Dabei gibt es gute Gründe, warum es geduldige Menschen im Job einfacher haben:
- Entscheidungen werden objektiver und nicht aus einem Impuls heraus getroffen.
- Sie wirken auf andere Personen ausgeglichen und gewinnen Sympathiepunkte.
- Lösungsorientiertes Denken fällt leichter.
- Rückschläge und stressige Situationen werfen Sie nicht aus der Bahn.
- Das langfristige Ziel wird nicht aus den Augen verloren.
- Es gibt keinen inneren Druck, etwas erreichen zu wollen. Man ist und wirkt weniger angespannt.
Auf die Geduldsprobe stellen: geduldiges Verhalten lernen
Ungeduld ist ein Persönlichkeitsmerkmal, das teilweise angeboren, teilweise aber auch durch Erfahrungen und Prägungen in der Kindheit entstanden ist. Meist ist diese Eigenschaft tief in uns verwurzelt, dennoch gibt es Wege und Möglichkeiten, die zu mehr Gelassenheit führen.
Hier einige praktische Tipps, um Geduld zu trainieren:
- Machen Sie sich bewusst, dass Sie mit Ihrer Ungeduld eine Situation nicht verändern oder beschleunigen können. Die einzige Konsequenz ist der eigene Frust, der Sie jedoch nicht weiterbringt.
- Löst eine Situation Ungeduld und damit innerlichen Stress aus, dann kann auch Ablenkung hilfreich sein: Bestenfalls lässt sich die „gewonnene“ Zeit sogar sinnvoll nutzen. Nehmen Sie für die Zeit im Wartezimmer doch einfach einen Laptop mit und arbeiten hier weiter. Und was spricht dagegen, im Stau über das Projekt mit dem Kollegen am Telefon zu sprechen?
- Es lohnt sich, auch kleine Fortschritte zu sehen und zu erkennen. Am Beispiel des Wartezimmers bedeutet dies, dass jeder aufgerufene Patient einen selbst näher zum eigenen Termin mit dem Arzt bringt. Im beruflichen Kontext sind es die kleinen Erfolge, die letztlich dazu führen, dass man die Karriereleiter weiter emporsteigt.
- Planen Sie Verzögerungen und auch Rückschläge bereits im Vorwege ein. Wer sich innerlich darauf einstellt, dass es beim Arzt länger dauern mag, der meistert die tatsächlich eingetretene Situation besser.
- Geduld wird belohnt: Personen, die sich vor Augen führen, dass sich das Warten am Ende auszahlt und es vielleicht sogar eine Belohnung gibt, meistern stressige Situationen besser und souveräner.
- Da Ungeduld auch immer etwas mit Stress zu tun hat, ist regelmäßige körperliche Betätigung eine wichtige präventive Maßnahme – wer sportlich aktiv ist, baut Stress ab. Gleichzeitig tragen Atem- und Entspannungsübungen zu mehr Ausgeglichenheit und Gelassenheit bei.
Für Ungeduldige ist es wahrscheinlich leichter gesagt als getan, die Tipps umzusetzen. Zwar wird sich nicht von heute auf morgen die große Wesensveränderung einstellen, selbst kleine Schritte dürfen aber als Erfolg gewertet werden. Machen Sie sich bewusst: Auf dem Weg zu mehr Geduld ist immer eine Menge Geduld gefragt.
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