Quiet Firing

Die feine, englische Art ist definitiv etwas anderes: Auf subtile Art und Weise verleiden Arbeitgeber einem Mitarbeiter den Job so sehr, dass dieser irgendwann von alleine kündigt. Das bekannte Phänomen hat einen neuen Namen: Quiet Firing

Der stille Rauswurf – was steckt hinter dem Trendbegriff?

Mit „Quiet Firing“ macht ein neuer Begriff vor allem in den sozialen Medien von sich reden: Das „leise Feuern“ ist dabei als Pendant zum „Quiet Quitting“ zu sehen. Während bei letzterem der Mitarbeitende in seinem Job nur noch das Nötigste tut und innerlich kündigt, handelt es sich beim Quiet Firing um eine bewusste und gezielte Rauswurf-Strategie des Arbeitgebers.

Mit dem Ziel, dass der Mitarbeitende irgendwann von alleine kündigt, macht der Chef ihm das Leben bei der Arbeit auf verschiedene Arten und Weisen mehr und mehr schwer. Dabei geht er jedoch subtil vor: Gezieltes Mobbing gibt es nicht. Es wird auch nicht offen kommuniziert, dass die betreffende Person eigentlich gar nicht mehr erwünscht ist.

Woran erkenne ich das Quiet Firing?

Der schiefe Blick des Chefs? Das fehlende Lächeln, die Abfuhr für ein gemeinsames Mittagessen oder doch die direkte Kritik vor den Kollegen? Was fällt unter die Rubrik „normales“ Verhalten und was ist bereits ein Warnsignal? Die Unsicherheit bei Angestellten kann groß sein. Da die Vorgesetzten beim Quiet Firing in eine passive Rolle schlüpfen und den Druck nicht offensichtlich, sondern indirekt ausüben, ist es gar nicht so einfach, die Anzeichen sofort zu erkennen und auch richtig zu deuten.

Hellhörig werden sollte man vor allem dann, wenn kritische Situationen in verschiedenen Bereichen gehäuft beziehungsweise regelmäßig auftreten. Das sind mögliche Beispiele.

  • Langeweile: Die eigenen Aufgaben werden sukzessive weniger, da Kollegen sie übernehmen oder sie schlichtweg keine Relevanz mehr haben. Der Arbeitstag geht nur noch schleichend vorbei, da über eine längere Zeit Däumchen drehen angesagt ist.
  • Beschäftigung ohne Mehrwert: Wenn nicht die fehlenden Aufgaben, dann können es auch die sinnlosen Beschäftigungen sein, die Mitarbeiter vergraulen. Das Ziel hierbei ist es, dass sich der Angestellte nicht mehr gebraucht fühlt.
  • Ausschluss: Dieses Vorgehen ist besonders schmerzhaft: Wenn die eigenen Ideen und Vorschläge komplett ignoriert werden, man plötzlich nicht mehr beim Teammeeting dabei ist und auch beim Mittagessen außen vor gelassen wird, dann ist der Wink mit dem Zaunpfahl sehr deutlich.
  • Kritik: Hören Sie immer häufiger kritische Bemerkungen, äußert der Chef vielleicht sogar vor den Kollegen, dass Sie etwas falsch gemacht haben oder gibt er einer anderen Person (und nicht Ihnen) in einem Konflikt Recht, dann muss dies nichts heißen, die Antennen dürfen aber durchaus ausgefahren werden.
  • fehlende Wertschätzung: Es muss gar nicht immer die direkte Kritik sein, auch mangelnde Wertschätzung, scheinbares Desinteresse und emotionale Distanz sind Warnhinweise. In diesem Zusammenhang sollte man sich jedoch die Frage stellen, ob es eine Veränderung im Verhalten des Vorgesetzten gibt oder ob er eigentlich schon immer so war.
  • geringes Gehalt: Liegt die letzte Gehaltserhöhung gefühlt Lichtjahre zurück, gibt es auch keine Aussicht auf einer Verbesserung des eigenen Kontostands und fühlt man sich insgesamt deutlich zu gering entlohnt, dann könnte dies ein weiterer Indikator für Quiet Firing sein.

Warum dieses Verhalten? Das sind mögliche Motive für das Quiet Firing

Die Gründe, die zum Quiet Firing führen, sind vielfältig. Das können zum Beispiel eine Unzufriedenheit mit der Arbeit des Angestellten selbst sein, eine schwierige wirtschaftliche Lage und auch persönliche Differenzen – gleichzeitig gibt es jedoch keinen triftigen Kündigungsgrund, um den Mitarbeiter vor die Tür zu setzen. Vielleicht stecken auch finanzielle Überlegungen dahinter und man möchte keine Abfindung zahlen.

Unabhängig von den Beweggründen lässt sich Quiet Firing zumindest aus menschlicher Sicht jedoch nicht rechtfertigen. Einen guten Chef zeichnet immer aus, dass er mit offenen Karten spielt, Probleme anspricht, über Lösungen diskutiert und im Zweifel auch das Wort Kündigung auf den Tisch bringt.

Habe ich eine Chance? Diese Möglichkeiten haben Betroffene

Angestellte, die den Verdacht haben, dass man sie am liebsten loswerden möchte, sollten dies nicht einfach so hinnehmen – es sei denn, sie spielen selbst mit dem Gedanken, das Unternehmen zu verlassen. Es gilt: Je früher man aktiv wird, desto besser stehen die Chancen, nicht das Opfer von Quiet Firing zu werden.

Was jetzt zu tun ist:

  • realistische Einschätzung: Um nicht aus einem Impuls heraus die Situation möglicherweise falsch einzuschätzen, gilt zunächst: tief durchatmen und versuchen, das Verhalten des Chefs nicht aus der emotionalen Sichtweise zu betrachten, sondern das Geschehene auf die Sachebene zu bringen und sich die Frage zu stellen: Geht es tatsächlich gegen mich persönlich? Bei diesem Aspekt ist es hilfreich, mit Freunden oder der Familie zu sprechen und sich eine Einschätzung von außen einzuholen.
  • Dokumentation: Wer sich betroffen fühlt, beginnt am besten direkt damit, die Handlungen des Vorgesetzten zu dokumentieren. Gleichzeitig lohnt es sich, die eigene Arbeit und damit verbunden die Leistung schriftlich zu fixieren – für den Fall der Fälle können so „Beweise“ gesammelt werden.
  • Engagement zeigen: Bevor man die Schuld bei anderen sucht, lohnt es sich immer, sich auch an die eigene Nase zu fassen und das eigene Verhalten zu reflektieren: Kann ich selbst im Hinblick auf die Leistungsbereitschaft, die Qualität der Arbeit oder auch im Umgang mit Kollegen etwas ändern beziehungsweise verbessern, indem ich eventuell an meinen eigenen Stellschrauben etwas drehe?
  • Gespräch: Auch wenn es schwerfallen mag, führt an einem persönlichen Gespräch mit dem Vorgesetzten nun kein Weg mehr vorbei. Zeigt sich der Chef grundsätzlich offen dafür, ist dies als gutes Zeichen zu werten. Gibt es dagegen wenig Gesprächsbereitschaft, dann bestehen Betroffene bestenfalls darauf. Die eigentlichen Bedenken trägt man dann möglichst sachlich und nicht wütend oder anklagend vor.
  • höhere Führungsebene: Verändert sich die Situation durch ein Gespräch nicht oder weigert sich der Chef sogar zu reden, dann darf der Angestellte bestenfalls mit vorheriger Ankündigung die nächsthöhere Führungsebene oder auch den Betriebsrat (sofern vorhanden) hinzuziehen – und bei Bedarf auch die eigenen Dokumentationen vorbringen.
  • Entscheidung fällen: Stellt sich insgesamt kein „Erfolg“ ein, dann sollten Sie bestenfalls nochmal in sich gehen und überlegen, ob Sie wirklich für ein Unternehmen arbeiten möchten, das die eigene Leistung nicht wertschätzt und Sie nur wie einen Fußableger behandelt. Die Frage, ob dies vielleicht ein guter Anlass für Veränderung und einen Wechsel des Arbeitgebers ist, sei jetzt durchaus berechtigt.

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