Wiedereingliederung

Von 0 auf 100 ist keine gute Idee, wenn Mitarbeitende nach einer längeren Erkrankung oder nach einem schweren Unfall erst nach Monaten wieder zurück an ihren Arbeitsplatz kommen. Der Wiedereinstieg ist jetzt oft eine große Herausforderung und kann weitere Zeit in Anspruch nehmen. Damit die Rückkehr in den Job gelingt, gibt es verschiedene Möglichkeiten.

Betriebliches Eingliederungsmanagement: der rechtliche Anspruch

Damit Arbeitgeber die Chance haben, sich in ihrem Job wieder einzufinden, gibt es das Betriebliche Eingliederungsmanagement, kurz BEM. Dieses hat seine gesetzliche Grundlage im Sozialgesetzbuch und ist daher rechtlich für jedes Unternehmen bindend, das Mitarbeitende beschäftigt. Andersherum besteht die Pflicht übrigens nicht: Angestellte haben das Recht, eine angebotene BEM abzulehnen.

Die Möglichkeit einer individuellen Wiedereingliederung steht dabei allen Beschäftigten zu, die innerhalb von zwölf Monaten länger als sechs Wochen erkrankt waren. Dabei spielt es keine Rolle, ob es sich um eine ununterbrochene oder um eine wiederholt auftretende krankheitsbedingte Abwesenheit handelt. Der Arbeitgeber steht jetzt in der Pflicht, den Rückkehrern entsprechende Maßnahmen anzubieten und diese mit ihnen zu besprechen.

Welche Maßnahmen gibt es für eine erfolgreiche Rückkehr?

Für einen gelungenen Wiedereinstieg gilt es zunächst, die individuelle Situation des Arbeitgebers zu betrachten. Folgende Überlegungen sind dabei hilfreich:

  • Ist die Person wieder zu 100 Prozent fit oder dauert der Genesungsprozess noch an?
  • Haben sich die Anforderungen an den Arbeitsplatz geändert?
  • Ist der Beschäftigte überhaupt in der Lage, den bisherigen Job noch auszuführen?
  • Bedarf es Anpassungen an die Arbeitsumgebung?
  • Hat die angestellte Person Nachholbedarf in bestimmten Fach- und Wissensbereichen?

Abhängig von den Voraussetzungen umfasst das BEM dann eine oder mehrere der folgenden Maßnahmen:

  • die stufenweise Wiedereingliederung („Hamburger Modell“)
  • Weiterbildungs- und Qualifizierungsmaßnahmen
  • eine organisatorische oder technische Anpassung des Arbeitsplatzes
  • Versetzung an einen anderen Arbeitsplatz
  • Veränderung der Arbeitsorganisation
  • gesundheitsfördernde Maßnahmen und unterstützende Angebote

Das Hamburger Modell: die typische Herangehensweise

Eine bewährte Eingliederungsmethode stellt das sogenannte „Hamburger Modell“ dar. Hierbei handelt es sich um eine stufenweise Wiedereingliederung. Schritt für Schritt soll der Angestellte in den Job zurückfinden, ohne dabei gesundheitlich überfordert zu werden. In einem Zeitraum zwischen sechs Wochen und sechs Monaten (abhängig von der Schwere und Dauer der Erkrankung) steigert sich die Arbeitszeit sukzessive. Während man in der ersten Woche beispielsweise nur an zwei Tagen für vier Stunden arbeitet, sind es in Woche zwei bereits vier Tage. Ab Woche drei erhöht sich die tägliche Arbeitszeit auf sechs Stunden. Nach sechs Wochen ist der Beschäftigte wieder komplett einsatzbereit.

Der Wiedereingliederungsplan wird bestenfalls vom behandelnden Arzt ausgestellt und berücksichtigt die individuellen Voraussetzungen des Patienten. Eine Anpassung des Plans ist jederzeit abhängig vom Gesundheitszustand möglich. Läuft es rund, ist auch ein schnellerer Einstieg möglich. Ist das Gegenteil der Fall, darf die Handbremse angezogen werden. Unter Umständen wird während der Wiedereingliederung auch deutlich, dass der Gesundheitszustand die Aufnahme der Arbeit noch nicht zulässt.

Während der kompletten Zeit der Wiedereingliederung gilt die beschäftigte Person als arbeitsunfähig. Dementsprechend erhält sie auch keinen Verdienst vom Arbeitgeber. Ihr Entgelt zahlt der Träger der Rehabilitationsmaßnahme. Das ist entweder die Kranken- oder die Rentenversicherung.

Die Wiedereingliederung: Auch der Arbeitgeber profitiert

Die Vorteile von maßgeschneiderten Wiedereingliederungsmaßnahmen für Arbeitnehmer liegen auf der Hand. Aber auch der Arbeitgeber kann daraus einen Nutzen ziehen. Das sind seine Pluspunkte:

  • Die Chancen stehen gut, dass die Mitarbeitenden langfristig wieder voll arbeitsfähig sind.
  • Individuelle Maßnahmen sorgen für eine höhere Zufriedenheit bei den Angestellten und stärken eine langfristige Bindung an den Arbeitgeber.
  • Das Image des Unternehmens wird positiv gefördert.
  • Krankheitsbedingte Fehlzeiten lassen sich langfristig signifikant senken.

Urheber des Titelbildes: faizalramli/ 123RF Standard-Bild