Jedesmal, wenn den Entwicklern und Entwicklerinnen Künstlicher Intelligenz, kurz KI, ein weiteres Meisterwerk gelungen ist, schlagen die Wellen hoch: Computer nehmen uns die Arbeitsplätze weg, die Automatisierung greift um sich. Tolle Schlagzeilen in den Medien, Panik in der Bevölkerung. Aber was ist wirklich dran?
Immerhin gibt es nicht erst seit gestern Computer. Und wenn man mal ein wenig Sozialforschung betreibt, stößt man recht schnell auf typische Muster: Mit jedem neuen Werkzeug, mit jeder Erfindung gab es einen Aufschrei der Massen, weil sie sich in Kürze arbeitslos wähnten.
Das war bei der zunehmenden Verbreitung des Buchdrucks (Anfang 16. Jahrhundert) nicht anders als bei den mechanischen Webstühlen (erster Durchbruch im 15. Jahrhundert, Verbreitung erst im 18. Jahrhundert). Niemand bestreitet, dass die zunehmende Automatisierung von Arbeitsprozessen immer wieder zu sozialen Spannungen und Veränderungen im Arbeitsleben führt. Das hat schon Karl Marx treffend festgestellt.
Seit 2016 keine Finanzbeamten und Redakteure mehr?
Schon vor einigen Jahren titelten die Zeitungen, dass die Künstliche Intelligenz Jobs kostet. Algorithmen sollten Arbeitsplätze übernehmen. Als Beispiel mussten die USA herhalten: Dort waren die Berufe Finanzbeamter, Juwelier und Redakteur vom Aussterben bedroht.
Jetzt, einige Jahre später, gibt es diese Berufe in Deutschland noch. Was machen wir anders als die Amerikaner? Zuerst einmal wird auch in den USA nichts so heiß gegessen wie gekocht. Es gibt auch dort noch Finanzbeamte, es gibt dort noch Journalisten und Redakteure, und sogar die Juweliere haben es überlebt. Warum?
Es ist richtig, dass ein Teil der Arbeit der Finanzbeamten inzwischen von Software übernommen wird. Auch in Deutschland ist das der Fall. Aber irgendjemand muss immer noch Daten erfassen, die Software damit füttern, Ergebnisse übermitteln, alles überprüfen und zusehen, dass die Computer weiterhin rund laufen.
Ähnlich sieht es bei den Redakteuren aus. Die werden für Recherchen und zielgruppengerechte Formulierungen immer noch gebraucht. Ein Beispiel: Dieser Text hier könnte allein aufgrund der im Internet frei verfügbaren Informationen zusammengebastelt werden. Das bekommt ein Algorithmus hin. Trotzdem wurde er von einem Menschen geschrieben, Korrektur gelesen, lektoriert und überarbeitet. Die Rede war ohnehin nur vom Printredakteur. Die meisten der Printredakteure dürften keine Probleme haben, eine Anstellung als Online-Redakteur zu finden …
Und die Juweliere?
Der Begriff „Juweliere“ ist eigentlich ein Ausdrucksfehler. Denn den Beruf Juwelier als solchen gibt es gar nicht. Es gibt ausgebildete Gold- und Silberschmiede, es gibt Spezialisten für die Edelsteinbearbeitung, und es gibt die Fachangestellten im Verkauf für Schmuckwaren. Letztere sollen dank der vielen Warenbestellungen im Internet ebenfalls bedroht sein.
Diese drei Berufe sind am meisten gefährdet!
Fast alle Medienorgane berufen sich derzeit auf eine Studie, die 2015 / 2016 in den USA gemacht wurde und die oben bereits genannten Berufsbilder als „gefährdet“ identifizierte. Noch bedrohter sind anscheinend folgende drei Berufe:
Platz 3: Der Landwirt. Die großen agrarwirtschaftlichen Betriebe gewinnen immer mehr an Macht, so dass kleinere Betriebe und einzelne Landwirte kaum noch eine Chance haben. 19 % weniger sollen es bis 2022 werden.
Platz 2: Die Zählerableser. Zählerableser werden normalerweise von den Stadtwerken bezahlt, und ihre Arbeit lässt sich recht leicht automatisieren. Neue Geräte sollen die Daten direkt digital übertragen. Auch hier wurden 19 % weniger Bedarf bis zum Jahr 2022 errechnet.
Platz 1: Der Briefträger. Alles kann heute digital verschickt werden, sogar eine Kündigung kann per E-Mail gültig sein. Bis 2022 soll der Bedarf an Briefträgern um 28 % einbrechen.
Interessanterweise kommen Fernfahrer, Taxifahrer und – seit Neuestem – Uber-Fahrer in der Studie nicht vor. Und das, obwohl das automatisierte Fahren in den letzten Jahren beeindruckende Fortschritte gemacht hat!?
Zur Beruhigung: In den überwiegenden Fällen passiert der Umschwung nicht von heute auf morgen. Es bleibt also i.d.R. Zeit, um sich rechtzeitig über seine weitere berufliche Zukunft Gedanken zu machen. Flexibilität ist übrigens auch ein Stichwort, das häufig mit der modernen Art zu arbeiten genannte wird …
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