Rollentausch

Kostenloses Obst, Remote Work, Zuzahlungen zu Sportkursen und Dienstwagen – Unternehmen müssen sich heute einiges einfallen lassen, um gutes Personal zu finden und motivierte Mitarbeitende zu halten. Hatten sie bis vor einigen Jahren noch die Qual der Wahl bei der Besetzung eines Jobs, hat sich das Blatt nun gewendet: Viele Unternehmen bewerben sich heute bei den Fachkräften und nicht andersherum.

Der Status quo am Arbeitsmarkt

Fachkräftemangel – nicht ohne Grund wurde dieser Begriff schon vor einigen Jahren zum „Unwort des Jahres“ gekürt. Die Situation hat sich seit 2015 jedoch keineswegs entspannt oder gar verändert. Im Gegenteil: Vor allen in den Bereichen Medizin und Pflege, IT, Gastronomie, Logistik und Transport wird händeringend nach qualifiziertem Personal gesucht. Nicht besser sieht es in vielen handwerklichen und sozialen Berufen aus. Da das Angebot größer ist als die Nachfrage, spricht man von einem Fachkräftemangel. Längst nicht jede freie Stelle wird besetzt, auch wenn ein deutlicher Bedarf vorhanden ist.

Die Gründe für die veränderte Situation

Dass die Chefs heute um die Gunst der Bewerber buhlen müssen und sich die Machtverhältnisse fast schon verschoben haben, ist nicht nur auf einen Grund zurückzuführen. Vielmehr sind es mehrere Faktoren, die diese Entwicklung begünstigt haben:

Eine wesentliche Rolle spielt der Generationenwechsel. Während sich die „Babyboomer“ als geburtenstarke Generation jetzt in den Ruhestand verabschieden, rücken mit den Generationen Y und Z deutlich weniger Menschen nach. Die stetig abnehmenden Geburtenraten machen sich nun deutlich bemerkbar. Hinzu kommt hier die veränderte Einstellung der jüngeren Generation zum eigenen Beruf: Während bei den Babyboomern die Arbeit noch ihr Leben bestimmte und sie häufig ihr gesamtes Berufsleben bei einem Unternehmen verbracht haben, sieht es bei der Generation Z ganz anders aus. Sie zeigen sich bei der Wahl des Arbeitgebers sehr anspruchsvoll. Gleichzeitig haben sie eine hohe Bereitschaft, auch schnell wieder zu wechseln, wenn ein Job nicht mehr gefällt oder sich ein besseres Angebot ergibt.

Darüber hinaus ist der Fachkräftemangel auch auf die zunehmende Spezialisierung in einigen Bereichen zurückzuführen: So wird heute mehr Personal mit besonderen Kenntnissen benötigt als noch vor einigen Jahrzehnten. Auch die in einigen Branchen äußerst geringe Entlohnung und die teils schlechten Arbeitszeiten machen viele Jobs für Berufseinsteiger wenig attraktiv, sodass sie von vornherein nach einer Alternative bei der Berufswahl suchen. Nicht zuletzt sind es auch mangelnde oder kostenintensive Ausbildungsmöglichkeiten, die Menschen vor einem bestimmten Beruf zurückschrecken lassen.

Jetzt sind die Unternehmen gefragt: Mitarbeiter finden und halten

Viele Unternehmen haben sich auf die veränderten Rahmenbedingungen mittlerweile eingestellt und tun einiges dafür, um

  • Bewerbern eine Stelle schmackhaft zu machen
  • gewonnene Mitarbeiter zu halten

Die Buhlerei um die besten Mitarbeitenden beginnt bereits bei den Stellenausschreibungen, die sich mittlerweile schon fast wie eine Werbeanzeige lesen. Die Rubrik „Das bieten wir“ ist heute mindestens genauso lang wie das Anforderungsprofil, das an den Bewerber gestellt wird. Zu bieten haben die Betriebe dabei so einiges, zum Beispiel:

  • eine Work-Life-Balance
  • verschiedene Möglichkeiten zum flexiblen Arbeiten (zum Beispiel Homeoffice oder Remote Work)
  • flache Hierarchien
  • gerechte beziehungsweise gute Entlohnung, ggf. Urlaubs- und Weihnachtsgeld
  • Weiterbildungen
  • Fringe Benefits, wie Mitarbeiterrabatte, Sportangebote, kostenlose Bereitstellung von Wasser, Kaffee und Obst im Büro, gesundheitsfördernde Angebote, Betreuungsangebote für Kinder, Dienstwagen oder zusätzliche Urlaubstage

Um Mitarbeitende langfristig an ein Unternehmen zu binden, bedarf es meist aber noch mehr: Eine angenehmes Betriebsklima und eine gute Führungskraft können viel dazu beitragen, dass sich Menschen bei ihrem Arbeitgeber wohlfühlen. Empathie, Lob und Wertschätzung tragen einen wesentlichen Teil dazu bei, Fachkräfte auch emotional zu binden. Auch ein Mitspracherecht, die Übertragung von Verantwortung sowie eine individuelle Förderung sind weitere Aspekte, die optimale Arbeitsbedingungen schaffen. Regelmäßige Mitarbeiter- und Feedbackgespräche sollten dabei ein wesentlicher Bestandteil der Unternehmenskultur sein. Wer nicht nur weiß, welchen hohen Wert jeder einzelne Mitarbeitende hat, sondern diesen auch zu schätzen weiß und entsprechend handelt, hat eine gute Chance, nicht nach kurzer Zeit erneut auf Bewerbersuche zu gehen.

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