Anwesenheitsprämie

Wer Tag für Tag am Schreibtisch im Büro sitzt und ohne einen einzigen Krankheitstag fleißig arbeitet, der hat sich eine Belohnung verdient – das meinen zumindest Unternehmen, die ihren kerngesunden Mitarbeitenden eine Anwesenheitsprämie zukommen lassen. Wer hingegen häufiger krank ist, geht leer aus. Wir erklären, was es damit auf sich hat, wenn fehlende Fehlzeiten im Job belohnt werden.

Was ist eine Anwesenheitsprämie?

Die Bezeichnung ist im Grunde selbsterklärend: Angestellte erhalten für die reine Anwesenheit an ihrem Arbeitsplatz (unabhängig von ihrer Leistung) eine Prämie. Konkret handelt es sich dabei um eine Sonderzahlung, die der Arbeitgeber den Angestellten zusätzlich zum Arbeitsentgelt zukommen lässt. Gezahlt wird diese auch als Gesundheitsprämie bezeichnete Leistung an Mitarbeitende, die gar keine, zumindest aber sehr wenige Fehlzeiten haben. Urlaub und Mutterschutz werden dabei nicht mitgezählt.

Sinn und Zweck der Anwesenheitsprämie ist es, diese Personen für ihren Dauereinsatz zu belohnen. Gleichzeitig kann es Menschen, die gerne mal blaumachen (und nicht tatsächlich krank sind) motivieren, häufiger am Arbeitsplatz zu erscheinen.

Für die rechtliche Gültigkeit muss die Anwesenheitsprämie entweder im Arbeitsvertrag, in einer Betriebsvereinbarung oder im Tarifvertrag geregelt sein. Eine spontane Belohnung ist dagegen rechtlich nicht zulässig. Die Sonderzahlung ist sozialversicherungs- und steuerpflichtig.

Wie sieht es in der Praxis aus? Die Möglichkeiten der Auszahlung

Ob es sich bei der Anwesenheitsprämie um eine einmalige (meist zum Ende des Jahres) oder doch um eine laufende Zahlung (zum Beispiel eine monatliche oder quartalsweise) handelt, kann der Arbeitgeber frei entscheiden. Auch im Hinblick auf die Höhe gibt es keine Grenzen.

Rechtlich eingeschränkt ist er jedoch, wenn es um die Höhe der Reduzierung beziehungsweise die Kürzung im Falle von Fehlzeiten geht. Hier gibt das Gesetz (Entgeltfortzahlungsgesetz §4a) eine klare Grenze vor: Demnach darf die Kürzung für jeden einzelnen Krankheitstag nicht höher ausfallen als 25 Prozent des durchschnittlichen täglichen Verdienstes.

Um es einfacher zu machen, setzen Unternehmen häufig auf verständlichere Formulierungen (unter Einhaltung des Gesetzes). So wird die Prämie zum Beispiel bei weniger als drei Fehltagen im Jahr in voller Höhe ausgezahlt, bei bis zu sieben oder zehn Fehltagen sind es noch 50 Prozent. Wer mehr als zehn Tage fehlt, geht abhängig von der Höhe der Prämie hingegen leer aus.

Motivationsschub oder Stimmungskiller? Die Vor- und Nachteile der Prämie

Dass die Anwesenheitsprämie umstritten ist, hat gute Gründe: Denn neben überzeugenden Argumenten, die dafür sprechen, gibt es auch Schattenseiten. Dies sind die wesentlichen Vor- und Nachteile:

die Vorteile

  • Durch die finanzielle Spritze on top fühlen sich Mitarbeitende motiviert, bei der Arbeit zu erscheinen.
  • Die Chance ist vorhanden, dass die Fehlzeitenquote sinkt. Die Hemmschwelle, einfach blauzumachen, wird höher.
  • Es gibt einen Anreiz für das eigene gesundheitsbewusste Verhalten und für präventive Maßnahmen.
  • Angestellte, die die Vertretung für erkrankte Kollegen übernehmen, werden für ihren Mehraufwand entschädigt.

Gegenüber diesen offensichtlichen Pro-Argumenten stehen auch einige wichtige Contras wie folgt:

die Nachteile

  • Trotz ihrer Erkrankung fühlen sich Mitarbeitende verpflichtet, bei der Arbeit zu erscheinen: Hier können sie Kollegen anstecken. Außerdem erbringen sie meist nicht die volle Leistung oder es schleichen sich Fehler ein.
  • Das Konkurrenzdenken wird geschürt. In der Folge leidet die Stimmung unter den Kollegen.
  • Der Arbeitgeber baut durch die Prämie einen gewissen Druck auf, mit dem nicht alle Personen gut umgehen können.
  • Mit der Prämie signalisieren Chefs unbewusst ein gewisses Misstrauen gegenüber ihren Angestellten – dies kann zulasten des Betriebsklimas gehen.
  • Die eigene Leistung und die Produktivität der Mitarbeitenden spielen bei der Bewertung keine Rolle. So könnten High-Performer aufgrund mehrere Krankentage leer ausgehen.
  • Da chronisch Kranke, Eltern und ältere Personen rein statistisch häufiger fehlen, stehen ihre Chancen, eine Prämie zu erhalten, von vornherein nicht sehr gut. Aus ihrer Sicht gilt die Anwesenheitsprämie als ungerecht.
  • Der Ansatz kann auch missverstanden werden: So besteht das Risiko, dass sich die Fehlzeiten sogar erhöhen, wenn die Mitarbeitenden durch das System der Belohnung ihre Abwesenheit als „normales“ und akzeptiertes Verhalten betrachten.

Welche Alternativen gibt es für die Anwesenheitsprämie?

Wem die Risiken und Nachteile der Anwesenheitsprämie zu groß sind, hat als Arbeitgeber andere Möglichkeiten, die Mitarbeitenden zu belohnen. Das kann beispielsweise eine Erfolgsprämie sein. Diese wird an alle Angestellten ausgezahlt, die vorab definierte Ziele erreicht haben. Auch ein individueller Bonus könnte eine Option sein. Hierbei steht die Einzelleistung im Fokus. Ein gutes Beispiel: Ein Mitarbeiter übernimmt die Krankheitsvertretung für einen Kollegen, der regelmäßig längere Zeit ausfällt.

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