Mitarbeitermotivation

„Chef ist nicht der, der etwas tut, sondern der das Verlangen weckt, etwas zu tun“ lautet ein Zitat des französischen Politikers Edgar Pisani. Aber wie weckt ein Vorgesetzter dieses Verlangen bei seinen Mitarbeitern? Wie schafft er es, sie zu motivieren? Um Antworten auf diese Fragen zu finden, habe ich mich mit Bettina Rohe unterhalten, die über 20 Jahre als Beraterin für Werbeagenturen tätig war und nun als Arbeitsplatz-Coach für Unternehmen wie die Otto (GmbH & Co KG) tätig ist.

Frau Rohe, sagen Sie mir doch zum Einstieg in zwei oder drei Sätzen, was der Begriff Motivation bedeutet.
Hinter jedem Ziel, das ein Mensch hat, steht immer ein Grund, eben dieses Ziel erreichen zu wollen. Aus diesem Grund – dem Motiv – erwächst die eigentliche Motivation: der Antrieb, ein Ziel zu erreichen.

Kann ein Vorgesetzter herausfinden, ob ein Mitarbeiter motiviert ist?
Ja, an der Stimmung, der Leistung und der gesamten Haltung des Mitarbeiters. Und natürlich, indem er ihn fragt. Wichtige Faktoren der Motivation, die von Arbeitsnehmern immer wieder genannt und gewünscht werden, sind zum Beispiel ein selbstbestimmtes Arbeiten und eine gleichberechtigte Zusammenarbeit, einen Sinn in der eigenen Arbeit zu sehen und die eigenen Talente, Fähigkeiten und Stärken auszuleben.

Was steht für Sie an erster Stelle, um Mitarbeiter zu motivieren?
Die Führungskraft selbst. Eine selbstkritische Bestandsaufnahme der eigenen Persönlichkeit ist unerlässlich, wenn man andere Menschen erfolgreich für etwas gewinnen will. Neben der eigenen Motivation sollte ein Vorgesetzter sich aber auch über seine Einstellungen und Glaubenssätze anderen Menschen gegenüber bewusst sein, daran arbeiten und sich Feedback holen. Denn er benötigt eine positive Einstellung Menschen gegenüber, wenn er diese wirklich motivieren will.

Wertschätzung, Anerkennung, Lob und Belohnung – wie motivationsfördernd sind diese Faktoren?
Ein faires Gehalt, ständiger Austausch, klare Perspektiven und eine Kultur der Wertschätzung führt automatisch zu hoher Motivation. Manche Mitarbeiter werden sicherlich auch durch Incentives, also Prämien, motiviert. Aber wie lange hält die Motivation an?

Die Fragen, die sich eine Führungskraft stellen sollte, sind: Welche Werte hat das Unternehmen und wie werden diese von der Führung gelebt? Wie authentisch leben wir die Werte? Welche Mitarbeiter möchten wir für unser Unternehmen und unsere Ideen gewinnen? Was motiviert mich als Führungskraft? Mein Lieblingsbeispiel für eine gelungene Unternehmenskultur und eine daraus folgende hohe Motivation der Mitarbeiter finden Sie hier.

Sind Mitarbeiter an der „langen Leine“, also mit mehr Freiheit, Kompetenzen und Eigenverantwortung, motivierter?
Für einige ist das Grundvoraussetzung, um überhaupt für ein Unternehmen zu arbeiten. Es gibt aber auch Menschen, die andere Motive haben. Wichtig ist, dass Mitarbeiter ihre Motive im Arbeitsfeld umsetzen können, das führt letztendlich fast automatisch zur Eigenmotivation und Zufriedenheit. Dazu gehören auch Feedbackgespräche, die ehrlich, stärken- und lösungsorientiert, inspirierend und dadurch motivierend sind.

Plädieren Sie für größtmögliche Offenheit gegenüber Mitarbeitern, also Motivation durch Information?
Durch mangelnde Information über Zielsetzungen, Strategien und Pläne des Unternehmens werden wertvolle Motivationsressourcen verschenkt. Zu wissen, was wann und wo passiert, gibt dem Menschen ein Gefühl der Sicherheit, er kann verantwortungsvoll agieren und entscheiden. Fehlen Informationen oder hat man das Gefühl eines allgemeinen Informationsmangels im Unternehmen, sind Frustration und Demotivation die Folge.

Wirkt sich eine positive Erwartungshaltung bzw. eine negative auf die Motivation aus?
Unsere Erwartungshaltungen haben offensichtlich entscheidenden Einfluss auf das Verhalten anderer Menschen. Wenn ich davon überzeugt bin, dass meine Mitarbeiter zu herausragenden Leistungen fähig sind, werden diese unbewusst meine Erwartungshaltung erfüllen. Umgekehrt funktioniert der Effekt natürlich auch: Sind Sie der Meinung, nur von Versagern umgeben zu sein, wird sich Ihre Umwelt tatsächlich in diese Richtung verändern.

Eine positive Erwartungshaltung hat etwas mit der grundsätzlichen Haltung eines Menschen zu tun. Ich kann fragen „Was ist kaputt, wie konnte das passieren und wer war es?“ oder „Was funktioniert, und wie können wir auf diesem Weg weitermachen?“ Das sind grundsätzlich unterschiedliche Ansätze. Bei der zweiten Fragestellung beschäftige ich mich mit Lösungen und nicht mit Problemen.

Was tun, wenn ein Mitarbeiter bereits innerlich gekündigt hat?
Vorgesetzte sollten jetzt schnell reagieren. Suchen Sie nach den Ursachen und bieten Sie individuelle Lösungen an. Sprechen Sie Mängel, Fehler und Auslöser aber auch Lösungswege sowie Konsequenzen offen an.

Haben Sie einen Tipp, wie man sich selbst aus einem kurzfristigen Motivationsloch holen kann?
Fragen Sie sich in solchen Momenten „Was brauche ich, um wieder motiviert zu sein? Wie mache ich das sonst? Was tut mir dann gut?“. Machen Sie einen Spaziergang, verlängern sie Ihre Mittagspause oder gehen Sie zum Sport. Schließen Sie die Augen und achten Sie drei Minuten nur auf Ihren Atem. Das entspannt. Bei jedem funktioniert etwas anderes. Und bei manchen funktioniert auch folgende Frage: „Welchen Nutzen hat mein Ziel für mich persönlich, das Team, die Firma?“ Wer wieder einen Sinn erkennt, hat auch wieder ein Motiv.

Was raten Sie einem Mitarbeiter, der sich nicht ausreichend anerkannt fühlt?
Gut ist es, wenn er zuerst für sich selbst eine Transparenz über das schafft, was er geleistet hat und wofür er sich selbst anerkennt und schätzt. Dann sollte er für sich formulieren, was er sich von seinem Vorgesetzten wünscht. Und danach das Gespräch mit der Führungskraft suchen und diese Wünsche ansprechen.

Vielen Dank für das Gespräch.

Als Coach unterstützt Bettina Rohe Menschen dabei, ihre berufliche Wirksamkeit zu erhöhen und damit ihre Ausgeglichenheit und Zufriedenheit zu stärken und Raum für Kreativität zu schaffen. Wenn Sie sich für Ihre Arbeit interessieren, finden Sie hier weitere Informationen.

Was tun Sie, um sich selbst oder Ihre Mitarbeiter zu motivieren? Ich freue mich auf Ihr Feedback.

 

Urheber des Bildes: © rrrob – Fotolia.com

 

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