Revenge Quitting: Warum plötzliche Kündigungen zum Trend werden

Der Montagmorgen beginnt wie jeder andere: Die Kaffeemaschine läuft, der Posteingang quillt über und der Chef verteilt zusätzliche Aufgaben. Plötzlich legt eine Kollegin ihren Firmenausweis auf den Schreibtisch, packt ihre Sachen und verlässt wortlos das Büro. Ohne Erklärung und ohne Einhaltung der Kündigungsfrist ist sie einfach weg: So oder ähnlich sieht Revenge Quitting aus.

Was bedeutet Revenge Quitting?

Wörtlich übersetzt bedeutet Revenge Quitting so viel wie <strong>Rache-Kündigung</strong>. Der Begriff beschreibt die spontane und oft emotionale Kündigung eines Mitarbeiters aus Frust oder als Racheakt gegenüber dem Arbeitgeber. Meist sind es eine lang angestaute Unzufriedenheit, toxische Arbeitsumfelder oder mangelnde Wertschätzung, die zum plötzlichen Ausstieg führen. Während klassische Kündigungen gut überlegt sind, kommt Revenge Quitting unerwartet – für Vorgesetzte, Kollegen und nicht selten sogar für die Betroffenen selbst.

Revenge Quitting: ein radikaler Trend aus den USA

Nachdem Quiet Quitting, also das bewusste Begrenzen der Arbeitsleistung auf das Nötigste, in den letzten Jahren für Gesprächsstoff sorgte, zeigt sich nun eine radikalere Entwicklung: Revenge Quitting. Vor allem in den USA nimmt dieses Phänomen zu. Junge Arbeitnehmer, insbesondere aus der Generation Z, sehen Loyalität gegenüber Unternehmen längst nicht mehr als selbstverständlich an. Ihre Erwartungen an den Arbeitgeber sind zudem hoch: So legt die Gen Z Wert auf Work-Life-Balance, eine sinnvolle Arbeit und eine respektvolle Unternehmenskultur. Wird das ignoriert oder fühlt man sich ungerecht oder schlecht behandelt, kann sich Unzufriedenheit in einer spontanen Kündigungen entladen – und das oft ohne Plan B.

Gut ausgebildete Fachkräfte haben heute zudem oft mehrere Optionen und müssen sich nicht mehr alles gefallen lassen. Statt jahrelang auf Verbesserungen zu hoffen, setzen sie mit einer plötzlichen Kündigung lieber ein Zeichen und suchen sich den nächstbesten Arbeitgeber.

Dramatische Abgänge: Wenn der Stuhl leer bleibt

Revenge Quitting sorgt im Büro garantiert tagelang für Gesprächsstoff und hinterlässt bei Kollegen und Vorgesetzten einen bleibenden Eindruck: Da ist beispielsweise der IT-Spezialist, der mitten im Meeting aufsteht, seinen Laptop zuklappt und kommentarlos den Raum verlässt. Ein anschauliches Beispiel wäre auch die langjährige Mitarbeiterin, die per E-Mail mit den Worten „Ich bin dann mal weg“ kündigt und nie wiederkommt. Vielleicht macht der Sales Manager seinem Ärger auch lautstark Luft, fegt sämtliche Unterlagen vom Schreibtisch und stürmt dann mit hochrotem Kopf aus dem Büro. Andere Angestellte wiederrum hinterlassen kreative Abschiedsnotizen auf Whiteboards oder verabschieden sich mit einer Playlist voller versteckter Botschaften.

Welche Folgen hat dieser Trend für Unternehmen?

Revenge Quitting ist nicht nur ein Zeichen für eine unzufriedene Belegschaft, sondern auch eine Herausforderung für Arbeitgeber. Plötzliche Kündigungen reißen Lücken ins Team, Projekte verzögern sich und das Vertrauen in die Firma leidet. Besonders problematisch wird es, wenn Fachkräfte von heute auf morgen fehlen und wertvolles Wissen mit ihnen verschwindet.

Doch das Problem liegt oft tiefer: Wer seine Mitarbeiter so weit treibt, dass sie fluchtartig den Arbeitsplatz verlassen, sollte sich dringend mit der Unternehmenskultur beschäftigen. Wertschätzung, faire Arbeitsbedingungen und offene Kommunikation sind entscheidende Faktoren, um Mitarbeiter langfristig zu halten.

Wie Unternehmen gegensteuern können

Revenge Quitting ist nicht nur ein Trend, sondern ein <strong>Alarmsignal</strong>. Es zeigt, dass Mitarbeitende nicht mehr bereit sind, unfaire Bedingungen hinzunehmen. Unternehmen, die langfristig erfolgreich sein wollen, hören lieber genau hin, bevor sich der nächste Kollege wortlos verabschiedet. Wer Talente halten will, muss mehr bieten als nur einen Obstkorb in der Teeküche und sollte nicht allein auf die Loyalität der Mitarbeitenden vertrauen.

Vielmehr lohnt es sich, mit einigen Maßnahmen präventiv gegenzusteuern, zum Beispiel:

Ehrliche Kommunikation: Arbeitgeber suchen regelmäßig das Gespräch und bieten Mitarbeitenden eine Plattform, offen über ihre Belastungen sprechen zu können.

Klare Entwicklungsperspektiven: Wer seinen Angestellten Weiterbildungsmöglichkeiten und Karrierewege aufzeigt, hat gute Chancen, dass sie bleiben.

Wertschätzung leben: Nicht nur in Gehaltserhöhungen zeigt sich Anerkennung, sondern auch im Lob, Respekt und in der Wertschätzung im Alltag.

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Gruppe von sieben Geschäftsleuten, die selbstbewusst in die Kamera schauen.

Wer fliegt zuerst und wer darf bleiben? Die Kriterien der Sozialauswahl

25 Jahre Betriebszugehörigkeit, drei Kinder unter 18 und noch dazu noch ein Alter jenseits der 50 sind perfekte Voraussetzungen, um bei einer betriebsbedingten Kündigung zu den Glücklichen zu gehören, die bleiben dürfen. Eine wichtige Rolle spielt jetzt die Sozialauswahl.

Die Ausgangssituation: Wann greift überhaupt eine Sozialauswahl?

„Es tut uns sehr leid! Die Inflation und die hohen Energiepreise haben dafür gesorgt, dass wir nicht mehr wirtschaftlich und gewinnbringend arbeiten können. Es lässt sich daher leider nicht vermeiden, dass wir 25 Prozent der Belegschaft entlassen müssen.“ So oder ähnlich hört es sich an, wenn Firmenchefs und Führungskräfte ihren Beschäftigten eine betriebsbedingte Kündigung überbringen.

Bei dieser speziellen Form einer Kündigung geht es nicht etwa um eine schlechte Leistung und um unkollegiales Verhalten eines Angestellten oder um einen Verstoß gegen vertragliche und betriebliche Vereinbarungen. Eine betriebsbedingte Kündigung hängt immer von den äußeren Umständen und Rahmenbedingungen ab (zum Beispiel eine schlechte Auftragslage, der Verkauf oder die Übernahme des Unternehmens, zu hohe Kosten etc.). Der Kündigungsgrund liegt dabei immer beim Arbeitgeber.

Wann kommt es zur Sozialauswahl?

Muss nicht die gesamte, sondern nur ein Teil der Belegschaft das Unternehmen verlassen, greift automatisch die Sozialauswahl, sofern folgende Kriterien zutreffen:

  • Es arbeiten mehr als zehn Personen in einer Festanstellung für das Unternehmen.
  • Betroffen sind Angestellte mit gleichwertigen Aufgaben (für die Sozialauswahl werden jeweils „Teams“ mit jeweils austauschbaren Jobs gebildet).
  • Die Anzahl der Beschäftigten ist jeweils höher als die Anzahl der auszusprechenden Kündigungen.
  • Die Mitarbeitenden arbeiten länger als sechs Monate für das Unternehmen und fallen daher unter das Kündigungsschutzgesetz.

Was genau bedeutet Sozialauswahl?

Dürfte der Arbeitgeber entscheiden, welche Mitarbeitenden er behält und welche nicht, dann würde die Wahl mit großer Wahrscheinlichkeit auf die Leistungsbringer und die High Potentials fallen. Das Kündigungsschutzgesetz sieht jedoch mit der sogenannten Sozialauswahl eine etwas andere Präferenz vor. Bedeutet: Im Unternehmen bleiben die Arbeitnehmer, die eine Kündigung wirtschaftlich am wenigsten gut verkraften könnten.

Welche Kriterien schützen vor einer Kündigung?

Bei der Sozialauswahl beeinflussen vier Kriterien die Entscheidung jeweils im Vergleich zu den anderen Mitarbeitenden der Vergleichsgruppe wie folgt:

  • die Dauer der Betriebszugehörigkeit: Je länger man für das Unternehmen arbeitet, desto besser stehen die Chancen, zu bleiben.
  • das Alter: Ältere Arbeitnehmende haben bei der Sozialauswahl deutliche Vorteile gegenüber der jüngeren Generation.
  • die unterhaltspflichtigen Kinder: Angestellte mit Kindern, für die sie unterhaltspflichtig sind, stehen in der Sozialauswahl weit oben. Hier gilt: je mehr Kinder, desto sicherer ist der Job.
  • eine Schwerbehinderung: Wer einen Grad der Schwerbehinderung nachweisen kann, profitiert bei der Sozialauswahl gegenüber den Kollegen.

Eine Rangfolge, welcher dieser Aspekte die höchste Gewichtung hat, gibt es nur dann, wenn ein Tarifvertrag oder eine Betriebsvereinbarung diese festlegt. Ansonsten haben Unternehmen einen gewissen Ermessensspielraum und können individuell entscheiden, welche Kriterien sie höher bewerten als andere.

Darüber hinaus gibt es keine grundsätzliche Richtlinie, ab wie vielen Jahren eine Betriebszugehörigkeit lang ist oder wie viele Kinder notwendig sind, um bleiben zu können. Hier entscheidet immer der direkte Vergleich: Während man in dem einen Betrieb beispielsweise mit zwei Kindern im Sozialvergleich bereits weit vorn liegt, ist man in einem anderen Unternehmen mit drei Kindern noch unterer Durchschnitt.

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