In den vergangenen Jahren haben auf Künstlicher Intelligenz (KI) basierende Systeme große Fortschritte gemacht. Auf Grundlage komplexer Algorithmen können sie Daten analysieren, Muster erkennen, Entscheidungen treffen und natürliche Sprache verarbeiten.
In KI werden große Hoffnungen gesteckt. So sollen uns die Maschinen etwa unliebsame Arbeiten abnehmen. Die Realität sieht jedoch oft anders aus. Aktuell häuft sich die Kritik, das Internet sei mit „AI Slop“ überschwemmt.
Was verbirgt sich hinter dem Begriff? Ruiniert KI tatsächlich das Internet? Und welche Auswirkungen hat das auf die Arbeitswelt? Der folgende Artikel gibt Antworten.
Was versteht man unter AI Slop?
In den sozialen Medien ist derzeit häufig von „AI Slop“ die Rede. AI, kurz für Artificial Intelligence, ist der englische Begriff für KI, Slop bedeutet übersetzt so viel wie Abwasser.
Bei AI Slop handelt es sich also um KI-Abwasser oder KI-Abfall – nicht im wörtlichen, sondern im metaphorischen Sinne. Genutzt wird der Begriff für Bilder, Videos und Texte, die von KI in Masse erstellt werden. Für das geübte Auge sind sie in der Regel schnell als KI-generiert zu erkennen, für Laien dagegen nicht unbedingt.
AI Slop erscheint nicht von ungefähr: Dahinter steckt die Strategie, möglichst schnell Aufmerksamkeit zu erregen. Hohes Engagement in den sozialen Medien ermöglicht es den Erstellern, mit wenig Aufwand hohe Werbeeinnahmen zu generieren.
Ein „Amen“ für die „Beautiful Cabin Crew“: Wie AI Slop Aufmerksamkeit generiert
Prominente Beispiele für derartigen AI Slop finden sich vor allem auf Facebook: Dort machen etwa Bilder von netten Omis die Runde, die ganz allein einen Geburtstagskuchen gebacken haben, oder von „Beautiful Cabin Crews“, Flugpersonal, das mit der Hilfe von Jesus allerlei Katastrophen überlebt. Die Begleittexte fordern Nutzer zum Beispiel dazu auf, einen Kommentar wie „Amen“ zu hinterlassen – einer Bitte, der zahlreiche Menschen nachkommen.
AI Slop macht sich aber nicht nur in den sozialen Medien breit. Auch in den Suchergebnissen der großen Suchmaschinen finden sich mittlerweile viele KI-generierte Texte. Reddit-Foren werden mit von ChatGPT geschriebenen Beiträgen überschwemmt.
Das Problem mit dem AI Slop: Es wird schwieriger, Informationen zu vertrauen
Noch lassen sich KI-generierte Bilder und Videos anhand einiger spezifischer Merkmale identifizieren. Ungeübte und unerfahrene Internetnutzer haben jedoch schon heute Probleme damit zu unterscheiden, welche Texte von ChatGPT erstellt und welche von Menschenhand verfasst wurden. Zudem werden KI-Systeme immer besser.
Damit wird es zunehmend schwieriger, vertrauenswürdige Informationen von Falschinformationen zu trennen. Auf den Websites der etablierten Medien unterliegen Informationen einer redaktionellen Prüfung. Formulierung und Platzierung sind ebenfalls klar geregelt.
Bei KI-generierten Inhalten verhält sich das anders, insbesondere in den sozialen Medien. Falschmeldungen und bearbeitete Fotos wurden zwar schon zuvor gepostet, KI kann diese jedoch in viel größerer Masse produzieren.
Zu politischen Wahlen machen sich zum Beispiel ganze Armeen von Bots daran, die öffentliche Meinung zu beeinflussen. KI-erstellte Texte übernehmen Fehler, Verzerrungen und Vorurteile. Hinzu kommen maschinelle Übersetzungen, die nicht auf Fehler überprüft wurden.
Konkurrenzkampf gegen KI-generierte Texte
AI Slop wirkt sich auch auf die Arbeitswelt aus. Unternehmen sehen sich online einer Vielzahl an KI-generierten Inhalten gegenüber. KI kann Texte nicht komplett selbst verfassen, sondern nur aus bereits bestehenden Texten generieren. Die Ausgangstexte dafür stammen von genau den Websites, denen die KI-generierten Seiten Konkurrenz machen.
So machte es zum Beispiel das Unternehmen Byword: Es kopierte die Sitemap der Konkurrenz und ließ mithilfe von generativer KI eigene, suchmaschinenoptimierte Versionen der Artikel erstellen. Laut Byword verzeichnet die so erstellte Website seitdem 490.000 Seitenaufrufe und rankt für 13.000 Keywords auf Platz 1 bei Google.
Google selbst prüft nicht, ob Artikel von Menschen oder KI-Systemen verfasst werden. Es zähle allein die Qualität der Inhalte.
KI-Zusammenfassungen: Google gewinnt, Unternehmen verlieren
Zusätzliche Konkurrenz kommt von Google selbst. Die KI-Zusammenfassungen verleiten viele Nutzer dazu, die weiteren Suchergebnisse gar nicht mehr zu beachten. Für Google geht diese Strategie auf: Seit der Einführung der KI-Zusammenfassungen sind die Google-Besuche in den USA um neun Prozent gestiegen. Die Zahl der Klicks auf andere Websites ist dagegen um rund ein Drittel gesunken. Zu diesem Schluss kommt eine Studie von Ryan Law.
Die KI-Zusammenfassungen gehen damit zulasten von Unternehmen, Medienhäusern und Kulturanbietern. Google bedient sich zwar ihrer Inhalte, aus denen die hauseigene KI Gemini ihre Zusammenfassungen generiert, leitet aber keine Besucher mehr zu ihren Websites weiter. Im Fachjargon wird dies als „Zero Click Web“ bezeichnet.
AI Slop und der Teufelskreis der Qualitätsverschlechterung
Ironischerweise hat die Verbreitung von AI Slop auch negative Auswirkungen auf die KI-Systeme selbst. KI-Modelle benötigen stets frische Trainingsdaten, um sich weiterzuentwickeln. Bislang stammten diese Daten aus von Menschen erstellten Medien.
Nun aber gelangen massenhaft „minderwertige“, KI-generierte Inhalte ins Netz. KI-Systeme greifen diese Daten auf und duplizieren die enthaltenen Fehler. So entsteht ein Teufelskreis der Qualitätsverschlechterung.
Dead Internet Theory: Ist das Internet tot?
Seit 2021 verbreitet sich online die sogenannte Dead Internet Theory. Sie besagt, dass die Kommunikation im Internet verstärkt aus KI-generierten Interaktionen besteht: Bots unterhalten sich mit Bots, während menschliche Inhalte in den Hintergrund geraten.
Die Dead Internet Theory verortete den „Tod“ des Internets bereits in den Jahren 2016 bis 2017. Lange Zeit als Verschwörungstheorie betrachtet, scheint die Theorie mit der Verbreitung von AI Slop an Realität zu gewinnen.
Das Unternehmen Ahrefs stellt zum Beispiel in einer Analyse von 900.000 Webseiten fest, dass rund 74 Prozent neu aufgesetzter Webseiten zumindest einen Teil maschinell erstellter Inhalte enthalten. 47 Prozent nutzen einen substanziellen Anteil KI-generierter Inhalte, knapp 2,5 Prozent sollen komplett auf KI setzen.
Die US-Firma Imperva kommt zu ähnlichen Schlüssen. Das Unternehmen analysiert jährlich den automatisierten Internetverkehr, mit Schwerpunkt auf Bot-Angriffen. Laut des jüngsten Berichts von 2024 sind etwa 49,6 Prozent des Internetverkehrs nicht menschlich.
Als Fazit lässt sich sagen: Das Internet ist zwar nicht tot, wir befinden uns aber in einer Zeit des Wandels, in der KI-generierte Inhalte von Menschen geschaffene Informationen verdrängen. Informationen zu bewerten, wird schwieriger. Für Unternehmen kann das aber auch bedeuten, dass sie sich mit authentischen, menschengemachten Inhalten von der Masse abheben können.
Urheber des Titelbildes: markisius/ 123RF Standard-Bild
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