Ungesunder Stress im Beruf, Hektik und Medienüberflutung im Alltag: Dass das Dasein in dieser Spirale dauerhaft psychisch wie physisch schaden kann, liegt auf der Hand. Doch was tun? Auf den nächsten Urlaub warten, ein Sabbatical Year nehmen?
Oder einfach öfter mal die (Not)Bremse ziehen, ehe Sie ganz ausgebrannt sind? Die Lösung kann ein Schweigewochenende im Kloster sein.
Kontemplation – Schweigen und sich sammeln
Waren es einst noch überwiegend christliche Motive, die Menschen zum Rückzug ins Schweigekloster bewegten, so ist es jetzt die Sehnsucht nach einer Auszeit. Einer Zeit ganz für sich, in der Seele und Körper Gelegenheit haben, sich zu regenerieren.
Dieses Bedürfnis in einer sich immer schneller drehenden Arbeitswelt, einfach mal auszusteigen, wächst seit Jahrzehnten. Die Wichtigkeit dieser geistigen Erholung haben auch einige Frauen- und Männerorden erkannt. Traditionell offen für alle, die Hilfe suchen, bieten sie seit etwa 1980 immer öfter Schweigewochenende an.
Zwei, besser drei Tage werden in der Klostergemeinschaft verbracht. Die Zugehörigkeit zu einem christlichen Glauben ist längst nicht mehr Voraussetzung. Was den Gästen abverlangt wird, ist lediglich, dass sie sich während des Aufenthaltes ans Klosterleben anpassen und den Ablauf nicht stören.
In der Abgeschiedenheit, im Gebet, aber auch in der gemeinsamen Arbeit entsteht die Ruhe, über sich selbst nachzudenken, das Vergangene zu reflektieren und im Hier und Jetzt Kraft für einen Neustart zu finden.
Klösterliches Leben als Auszeit
Wortlos im Klostergarten und in den Gängen zu wandeln, schweigend zu essen ist eine Erfahrung, die nicht unbedingt jedem leicht fällt. Der Verzicht auf Handy, Internet und TV fällt dabei meist schwerer als das Schweigen selbst. Unruhe kann aufkommen, die sich jedoch bei den meisten Teilnehmern wieder von ganz allein legt.
Durch das Schweigen entstehen ungeahnte Möglichkeiten, sich ganz auf die anderen Sinne einzulassen. Das still genossene, einfache Essen schmeckt intensiver, die Blumen und Kräuter im Klostergarten erfreuen nicht nur durch ihre Farben, sondern zunehmend durch ihren Duft.
Wer mag, wählt ein Kloster mit angeschlossenen Seminarräumen und Freizeitmöglichkeiten. Dort gibt es Wellness pur, nur eben mal nicht im gewohnten Trubel, sondern in besänftigender Stille. Alles kann, nichts muss. Inwieweit sich die Gäste im Schweigekloster Gottesdiensten und Gebeten anschließen, bleibt ihnen überlassen.
Die Uhren gehen langsamer im Schweigekloster. Ein Samstagabend ohne Party und ohne Fernseher kann endlos sein. Endlich Zeit und Muße für ein Buch, das man immer schon lesen wollte.
Schweigen als tiefgründiger Trend
Pilgern ohne zu reden und zu Glaubensorten wandern ist seit der Antike bekannt. Bereits einige Jahre, ehe sich Hape Kerkeling 2001 auf den Jakobsweg machte, galt diese Pilgerreise als Geheimtipp, um wieder zu sich selbst zu finden.
„Ich bin dann mal weg“ ist seit dieser Zeit ein Schlagwort, das nicht nur im wörtlichen, sondern auch im übertragenen Sinn den Effekt einer spirituellen Auszeit umfasst. Nicht mehr erreichbar sein für die moderne Welt, auf sich selber beschränkt neue Grenzen auslotend.
Auch wenn die körperliche Anstrengung im Schweigekloster weitaus geringer ist als auf dem Jakobsweg, dem Olavsweg oder der Via Baltica, so ähneln sich Intention und Ergebnis: Abschalten, regenerieren, neue Möglichkeiten finden. Und die große Chance wahrnehmen, die der Aufenthalt in einem der weit verstreuten Schweigeklöster bietet, nämlich das Erfahrene in den Alltag zu integrieren.
Was tun Sie gegen den Alltagsstress? Haben Sie auch schon mal eine Auszeit im Schweigekloster in Erwägung gezogen? Oder wäre das nichts für Sie? Wir freuen uns auf Ihre Meinung!
Urheber des Bildes: tiziano casalta – Italy / 123RF Standard-Bild