Flache Witze vor den Kunden, fehlende Tischmanieren beim Geschäftsessen oder zu laute Telefonate – Situationen, wie diese, können ganz schön peinlich sein. Wenn sich die Kollegen am Arbeitsplatz danebenbenehmen und sich selbst und andere in unangenehme Situationen bringen, dann kann das schnell ein Gefühl des Fremdschämens auslösen. Was hat es mit dem Fremdschämen auf sich und wie gehen wir am besten damit um? Dieser Ratgeber hat Antworten.
Fremdschämen: Was ist das eigentlich?
Auch wenn es das Gefühl schon deutlich länger gibt, einen Platz im Duden als umgangssprachliche Bezeichnung hat das „Fremdschämen“ erst im Jahr 2009 erhalten. Darin wird der Begriff mit „sich stellvertretend für andere, für deren als peinlich empfundenes Auftreten schämen“ erklärt. Dieses Gefühl tritt vor allem bei empathischen Menschen auf. Sie empfinden ein starkes Gefühl von Scham stellvertretend für eine andere Person, die gegen bestehende Normen und Werte verstößt, dies aber selbst gar nicht wahrnimmt. Das Gefühl, dass uns andere peinlich sind, tritt häufiger bei Menschen auf, zu denen wir eine „Beziehung“ haben (zum Beispiel Partner oder Kollegen) als bei uns unbekannten Personen.
Das ist so peinlich! Typische Situationen zum Fremdschämen
Jeder wird mit Sicherheit schon einmal eine Situation des Fremdschämens erlebt haben. Und auch wenn wir selbst im Grunde Außenstehende sind, empfinden wir die Situation mindestens genauso peinlich, als wenn sie uns selbst passiert wäre. Vielleicht war sogar einer der folgenden „beliebtesten“ Fremdschäm-Klassiker aus dem Berufsleben dabei?
- Ein Kollege schmatzt beim Essen in der Kantine laut und isst mit offenem Mund.
- Nach dem Essen bleibt der Kollegin die Hälfte des grünen Salats zwischen den Zähnen hängen.
- Jemand erzählt einen Witz, über den niemand lachen kann.
- Der Büropartner führt ein Gespräch mit Kunden und bringt Fachvokabular an, das an dieser Stelle völlig fehl am Platz ist.
- Die Kollegin fährt im Meeting anderen Menschen permanent über den Mund und drängt sich in den Vordergrund.
- Andersherum kann auch der Kollege, der keinen vollständigen Satz herausbringt, ohne dabei zu stottern und rot zu werden, in der Außenwirkung für uns selbst peinlich sein.
- Die Person kommt nach dem Toilettengang mit Klopapier am Bund zurück. Noch schlimmer ist es, wenn der Rock in der Strumpfhose hängenbleibt.
- Der Kollege niest in seine Hand und reicht danach anderen Personen die Hand.
- Unangenehm kann es auch werden, wenn die Kollegin einen neuen Vorgesetzten oder wichtigen Kunden mit einer rangniederen Person verwechselt.
- Während der Bürokollege lautstark über andere Mitarbeitende lästert, erscheinen diese genau in dem Moment im Büro.
Wie gehe ich mit peinlichen Kollegen um? Tipps gegen das Fremdschämen
Das Gefühl des Fremdschämens kann ganz schön unangenehm sein, zumal wir in dem Moment keinen Einfluss auf eine peinliche Situation haben und sie schlichtweg „ertragen“ müssen. Handelt es sich dabei um einen einmaligen Ausrutscher des Kollegen, dann sieht man bestenfalls darüber hinweg und tut ihn mit einem Schulterzucken oder einem Schmunzeln ab. Je nach Situation kann es auch angebracht sein, die Person dezent darauf hinzuweisen (zum Beispiel auf die Essensreste zwischen den Zähnen).
Anders sieht es aus, wenn es regelmäßig zu Fremdschäm-Momenten kommt, die mehrere Mitarbeiter in eine unangenehme Situation bringen oder sogar dem Ruf des Unternehmens schaden können. Ein No-Go ist es jetzt jedoch, die betreffende Person vor versammelter Mannschaft lautstark auf den Fauxpas aufmerksam zu machen und sich womöglich sogar über sie lustig zu machen – das sorgt höchstens für eine weitere Situation zum Fremdschämen.
Vielmehr ist jetzt Fingerspitzengefühl angesagt. Führen Sie sich zunächst vor Augen, dass dem Kollegen die Peinlichkeit der Situation gar nicht bewusst ist und er wahrscheinlich aus allen Wolken fällt, wenn er damit konfrontiert wird. Ein Gespräch unter vier Augen, bei dem man die Person vorsichtig, höflich und direkt auf sein Verhalten anspricht, kann jetzt eine gute Möglichkeit sein, dass Momente des Fremdschämens künftig gar nicht mehr entstehen. Wichtig ist, dabei nicht den erhobenen Zeigefinger herauszuholen und von oben herab zu agieren. Ein guter Einstieg könnte sein, von sich selbst eine peinliche Geschichte zu erzählen. Im Idealfall schmunzeln am Ende dann beide über das Geschehene.
Urheber des Titelbildes: halfbottle/ 123RF Standard-Bild