Die dringende E-Mail bleibt mehrere Tage unbeantwortet, die Anrufe laufen ins Leere und persönlich zu Gesicht bekommt man ihn sowieso nicht mehr. Dass der Chef nicht erreichbar ist, kann natürlich mal vorkommen, wird seine Abwesenheit jedoch zur Regel, dann ist von Ghosting am Arbeitsplatz die Rede. Was Betroffene tun können, wenn sie vom Vorgesetzten ignoriert werden, erklärt dieser Blog-Beitrag.
Was bedeutet Ghosting am Arbeitsplatz?
Den Begriff Ghosting kennen wir aus der Welt des Datings, wenn die andere Person plötzlich den Kontakt abbricht und verschwindet, als hätte sie nie existiert. Dieses Phänomen kann sich auch am Arbeitsplatz zeigen, wenn Vorgesetzte (teilweise auch Kollegen) plötzlich und gefühlt ohne konkreten Anlass und Auslöser weder auf Nachrichten, Anrufe noch Anfragen reagieren. Einer direkten Konfrontation gehen sie aus dem Weg. Es scheint tatsächlich, als hätten sie sich wie ein Geist in Luft aufgelöst.
Warum ignoriert er mich? Die Gründe für Ghosting
Eine pauschale Antwort gibt es nicht: Die Gründe für Ghosting am Arbeitsplatz sind meist individuell und daher unterschiedlich. Ein mögliches Motiv ist eine mangelnde Konfliktlösungsfähigkeit. Der Vorgesetzte versucht vielleicht, unangenehmen Gesprächen oder Konfrontationen aus dem Weg zu gehen, indem er seine Angestellten einfach ignoriert. Manchmal spielen auch eine unzureichende Kommunikationsfähigkeit, Desinteresse an der Arbeit der Angestellten und fehlende Wertschätzung eine Rolle. Nicht zuletzt kann das Ghosting auch als Mittel verwendet werden, um unliebsame Mitarbeiter loszuwerden. Durch die Ignoranz soll der Angestellte so weit gebracht werden, dass er aufgibt und von selbst die Kündigung einreicht.
Kein vorschnelles Urteil: Ist es wirklich Ghosting?
Selbst wenn alle Alarmglocken klingeln, steckt nicht jedes Mal Ghosting hinter dem seltsamen Verhalten beziehungsweise der Nichtreaktion des Chefs. Manchmal sind Menschen längere Zeit im Stress, überlastet oder haben vielleicht auch persönliche Probleme, die sie davon abhalten, auf Nachrichten zu antworten. Es lohnt sich daher, vorher sämtliche Erklärungen in Betracht zu ziehen, bevor man die Ignoranz auf sich selbst bezieht.
Handeln statt Zurück-Ghosten: Möglichkeiten, um mit Ignoranz am Arbeitsplatz umzugehen
Für die Betroffenen ist das Gefühl, vom Chef ignoriert zu werden, nicht nur frustrierend, sondern auch verletzend. Während einerseits die eigenen Aufgaben aufgrund einer fehlenden Reaktion des Vorgesetzten nicht zu Ende gebracht werden können und man entsprechend eine geringere Leistung erbringt, leidet andererseits das eigene Selbstwertgefühl. Dauerhaft kann dieses Verhalten sogar die eigene berufliche Entwicklung behindern.
Um diese negativen Konsequenzen zu verhindern, sollten Arbeitnehmer nicht selbst zum Ghoster werden und das unfaire Verhalten ihrerseits ignorieren, sondern es besser machen und aktiv werden. Hier einige Strategien:
- Selbstreflexion: In einem ersten Schritt darf man gerne bei sich schauen und überlegen, ob man eventuell selbst ein Fehlverhalten an den Tag gelegt hat oder die eigene Arbeitsleistung nicht den Erwartungen des Vorgesetzten entspricht. Ist dies der Fall, dann gilt es, einen Kurswechsel einzuschlagen und erstmal an sich selbst zu arbeiten.
- Kommunikation: An einem klärenden Gespräch führt kein Weg vorbei. Und auch dann, wenn der Chef Sie mehr oder weniger ignoriert, gilt es hartnäckig zu bleiben und einen Termin zu vereinbaren. Schuldzuweisungen und emotionale Ausbrüche sind hierbei dann wenig hilfreich. Bestenfalls schildern betroffene Mitarbeitende die Situation aus Ihrer Sicht und fragen nach den Gründen und vor allem einer möglichen Lösung.
- Austausch: Erleben die Kollegen ein ähnliches Verhalten? Leiden sie genauso unter der Ignoranz des Chefs? Nach dem Motto „Geteiltes Leid ist halbes Leid“ lohnt es sich, andere Mitarbeitende mit ins Boot zu holen und sie nach ihren Erfahrungen zu fragen. Sind weitere Angestellte betroffen, geht es weniger darum, den Vorgesetzten mit Lästereien zu verteufeln, als vielmehr um Teamwork: Denn gemeinsam fällt es mit Sicherheit deutlich leichter, den Chef auf sein Verhalten hinzuweisen.
- Konsequenzen: Zeigt sich der Vorgesetzte nicht gesprächsbereit, ändert er sein Verhalten nicht und liefert auch keine Begründung für sein Verhalten, dann dürfen Sie sich tatsächlich die Frage stellen, ob der Job unter diesen Voraussetzungen wirklich der richtige ist. Wer dauerhaft unter Ghosting leidet, wird langfristig keine Freude in seinem Job haben. Überlegen Sie jetzt, ob ein Jobwechsel nicht vielleicht die bessere Option ist – unter Umständen besteht ja auch die Möglichkeit, intern die Abteilung zu wechseln.
Ghosting vermeiden: Diese Vereinbarungen können helfen
Damit sich Mitarbeitende gar nicht erst (zu Recht oder auch nicht) geghostet fühlen, können klare und präventive Absprachen und Vereinbarungen mit dem Vorgesetzten helfen, zum Beispiel:
- Ist der Chef unzufrieden mit der Arbeitsleistung, dann kommuniziert er dies sofort, direkt und klar.
- Es finden regelmäßig Treffen zum gegenseitigen Austausch statt. Hierbei werden wichtige Aufgaben besprochen, Fragen beantwortet und mögliche Kritik geäußert.
- Konkrete allgemeine Absprachen erleichtern den Arbeitsalltag, zum Beispiel: Wichtige E-Mails werden mit einer Priorität gekennzeichnet und müssen schnellstmöglich beantwortet werden. Unter Umständen ist es auch hilfreich, dem Vorgesetzten eine Deadline vorzugeben. Antwortet er nicht, darf der Angestellte selbst entscheiden.
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