Wenn sich zwei Menschen begegnen, reichen sie sich die Hand. Über viele Jahrhunderte war der Handschlag das wichtigste Ritual zur Begrüßung. Seit Corona hat sich das geändert. Aus hygienischen Gründen bleiben wir auch im Job lieber auf Abstand und sind dabei nach wie vor auf der Suche nach guten Alternativen zum Händeschütteln.
Wenn aus einem festen Ritual etwas Unangenehmes wird
Ursprünglich war der Handschlag nicht nur eine Form des Grußes. Man wollte der anderen Person damit vor allem signalisieren, dass man unbewaffnet war und sich in friedlicher Absicht traf. Auch wenn das Kriegsbeil heute in der Regel keine Rolle mehr spielt, ist das Ritual des Händeschüttelns geblieben. Bereits Kindern wurde beigebracht, wie wichtig es ist, andere Menschen mit der Hand zu begrüßen. Beinahe schon reflexartig haben wir daher viele Jahre unsere rechte Hand ausgestreckt, wenn wir Menschen begegnet sind. Vor allem im beruflichen Kontext wäre eine Begrüßung ohne diese Form des Körperkontakts undenkbar gewesen. Was sich über viele Jahre in unseren Köpfen (und Händen) manifestiert hat, lässt sich nun nicht innerhalb kürzester Zeit durch ein gleichwertiges Ersatzritual einfach austauschen. Hygienischere Alternativen gibt es dabei einige, doch nicht alle sind für das Berufs- und Geschäftsleben geeignet.
Die angemessene Begrüßung in Zeiten der Pandemie
Als im März 2020 von einem Tag auf den anderen der Handschlag passé war, dauerte es nicht lange, bis die ersten Alternativen aufkamen. Nicht wirklich durchsetzen konnte sich die Begrüßung per Fußschlag. Die Ghetto-Faust oder auch den Ellenbogen-Kick sind mittlerweile dagegen durchaus gesellschaftsfähig, auch wenn sie im beruflichen Bereich manchmal zu locker, teilweise auch übertrieben, aggressiv und schlichtweg deplatziert wirken.
Um sich auch komplett kontaktlos verbindlich zu begrüßen, kann auch ein längerer Blickkontakt in Verbindung mit einer mündlichen Begrüßung eine Alternative sein. Auch eine angedeutete Verbeugung oder die rechte Hand auf die Herzseite gelegt sind Gesten, die sich als neues Ritual etablieren könnten.
Peinlich, peinlich: So lassen sich unangenehme Situationen retten
Die peinliche Situation, dass die bereits ausgestreckte Hand in der Luft hängen bleibt, ohne dass sie zum Gruß ergriffen wird, hatte noch vor der Pandemie einen absoluten Seltenheitswert. Heute kann das durchaus häufiger mal vorkommen: Während die eine Person per Handschlag grüßen will, zögert die andere und verweigert lieber diesen Gruß. Unangenehm kann es zudem werden, wenn unklar ist, welche Form der Begrüßung denn nun angesagt ist und in der Folge die Hand auf dem Herz mit dem Faustschlag kollidiert.
Um genau diese peinlichen Situationen vor allem in förmlichen Momenten zu vermeiden, sorgt man im Idealfall bereits im Vorwege für klare Verhältnisse. Eine gute Möglichkeit mag ein Schild am Eingang sein, das darauf hinweist, dass man sich anstelle des Handschlags lieber einmal tief in die Augen schaut und dabei herzlich anlächelt. Auch in der Korrespondenz, zum Beispiel bei einer Einladung zum Vorstellungsgespräch, kann in einem freundlichen Satz die gewünschte Form der Begrüßung bereits angekündigt werden. Wer einer Person bereits gegenübersteht, rettet eine womöglich unangenehme Situation mit einem lockeren Umgang, à la „Diese unklaren Begrüßungsformen, wer soll die noch verstehen? Wenn ich darf, dann lächele ich Sie jetzt einfach freundlich an.“ Auch ein „Ich mach das jetzt mal so“, bevor der andere agiert, kann eine gute Idee sein und Peinlichkeiten vermeiden.
Das Comeback des Handschlags – kommt es?
Die Antwort auf die Frage, ob das Händeschütteln in einer virenärmeren Zeit wieder sein großes Comeback feiert, ist fast so etwas wie der Blick in die Glaskugel. Zwar haben wir bis heute keine Begrüßung gefunden, die dem Handschlag das Wasser reichen kann, das kontaktlose „Guten Tag“ hat aber durchaus auch seine Vorteile. So müssen wir keine klebrigen und verschwitzten Hände anfassen und können uns auf diesem Wege auch nicht mit Krankheiten anstecken.
Ganz gleich, wie die Standardbegrüßung dann künftig aussehen mag, wir können uns jetzt schon darauf einstellen, dass es ein langer Weg werden wird, bis das Begrüßungsritual wieder ein intuitives wird.
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