Joggingshose

Geliebt, gehasst, verpönt: Die Jogginghose polarisiert. Für eine Schule im nordrhein-westfälischen Wermelskirchen steht jedenfalls fest, dass die bequemen Kleidungsstücke im Klassenzimmer nichts zu suchen haben.

Das Jogginghosen-Verbot der Schule hat eine große Diskussion um individuelle Kleidungsstile ausgelöst. So mancher Arbeitnehmer würde wohl auch gerne in Jogginghose ins Büro kommen. Doch geht das überhaupt?

Die Jogginghose – Lieblingsstück aus Sweatshirt-Stoff

Weich, bequem und meist etwas schlabberig: So kennen und lieben viele Menschen ihre Jogginghose, im Englischen als Sweatpants bezeichnet. Die langen Hosen bestehen in der Regel aus Sweatshirt-Stoff, sind mäßig weit geschnitten und enden im Knöchelbereich oft in einem Bündchen.

Die ersten Jogginghosen wurden in den 1920er-Jahren vom französischen Sportartikelhersteller Émile Camuset auf den Markt gebracht. Sie bestanden aus grauem Jersey und waren an die Ansprüche von Athleten angepasst. Die Vorzüge der bequemen Hosen fielen schnell auch Menschen auf, die sich eher weniger sportlich betätigen. Und so werden die meisten Exemplare heute nicht im Fitnessstudio, sondern beim Entspannen auf der Couch getragen.

Von der Proleten-Hose zur Athleisure Wear

Im Laufe der Jahre entwickelte sich die Jogginghose zum Stereotyp des Proleten-Outfits – und zum Schrecken vieler Modedesigner. Einer ihrer bekanntesten Kritiker war Karl Lagerfeld. „Wer eine Jogginghose trägt, hat die Kontrolle über sein Leben verloren“, befand er im Jahr 2012.

Jüngere Designer wollen sich dieser Ansicht jedoch nicht anschließen. Seit 2010 finden sich in den Geschäften etwa Jeans und Chinos, die sich am klassischen Schnitt der Jogginghose orientieren. In späteren Jahren arbeiteten Modeschöpfer daran, auch die Jogginghose selbst straßentauglich zu machen. 2014 überraschte sogar Lagerfeld die Presse mit Jogginghosen, die er für Chanel entworfen hatte.

Rapper wie Kanye West, aber auch Models wie Pamela Reif griffen den Trend zur Jogginghose auf. Aus dem Proleten-Outfit wurde „Athleisure Wear“, die Verbindung aus Sport- und Freizeitkleidung. Die „neue“ Jogginghose präsentiert sich edel, oft mit geradem Bein und ohne abschließenden Bund am Knöchel. Neu sind auch die Materialien: Statt Sweatshirt-Stoff oder Jersey kommen Seide oder Kaschmir zum Einsatz. Ein derart gutes Stück von bekannten Designern kostet schnell einmal 2.000 Euro oder mehr.

Wird die Jogginghose bürotauglich?

Doch kann man mit den modernen Jogginghosen auch im Büro auflaufen? Geht es nach Modeschöpfer Michael Michalsky, ist die Trainingshose in Kombination mit Seidenbluse und Pumps oder aber einem Sakko durchaus bürotauglich.

Nun schreiben allerdings nicht Fashion-Designer die Kleidungsvorschriften fürs Büro. Ob ein Arbeitgeber seinen Angestellten gestattet, in Jogginghose zur Arbeit zu erscheinen, hängt von verschiedenen Bedingungen ab. In Traditionsunternehmen sind Trainingshosen meist noch verpönt und allerhöchstens zum „Casual Friday“ erlaubt. In Banken und bei Versicherungsunternehmen ist ebenfalls ein sehr seriöses Auftreten gefragt. In jungen und trendigen Start-ups dagegen gehört die Jogginghose nicht mehr unbedingt zum Tabu.

Auch in konservativen Betrieben ändern sich die Standards. Das sieht man etwa bei Tattoos und Piercings, die heute in vielen Branchen kein Problem mehr darstellen. Moderne, edel gestaltete Jogginghosen könnten daher durchaus ihren Siegeszug durch deutsche Büros antreten. Die graue, ausgebeulte Sweatpants bleibt aber doch besser auf der Couch.

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