Rechte Chef

Dass der Arbeitsbeginn bereits um 7 Uhr morgens ist, der Mitarbeiter auch mal Kopierarbeiten erledigt oder einen bestimmten Dresscode beachtet, sind typische Regelungen, die unter das Direktionsrecht fallen. Was der Chef seinen Angestellten vorschreiben darf und wo seine Grenzen sind, erklärt dieser Ratgeber.

Was besagt das Direktionsrecht?

Chef bestimmt, Mitarbeiter führt aus – vereinfacht gesagt lässt sich das Direktionsrecht, auch als Weisungsrecht bezeichnet, mit diesen wenigen Worten zusammenfassen. Festgehalten ist es in § 106 GewO (Gewerbeordnung) sowie in § 315 des BGB (Bürgerliches Gesetzbuch). Der Arbeitgeber hat demnach das Recht, auf Grundlage des Arbeitsvertrags, gesetzlicher und tarifrechtlicher Regelungen sowie von Betriebsvereinbarungen bestimmte (darin nicht bereits eindeutige geregelte) Anweisungen beziehungsweise Aufgaben zu erteilen.

In welchen Bereichen darf der Arbeitgeber Weisungen erteilen?

Es gibt mehrere Bereiche, in denen das Weisungsrecht zum Tragen kommt. Hier einige konkrete Beispiele für zulässige Regelungen:

Die Arbeitszeit

  • Aus dem Servicegedanken für den Kunden heraus möchte der Chef den Betrieb bereits um 7 Uhr öffnen. Der Angestellte Tim M. soll seinen Dienst daher bereits eine Stunde früher als bisher antreten, hat dafür aber auch eine Stunde eher Feierabend.
  • Damit in der Mittagspause immer ein Mitarbeiter erreichbar ist, legt der Vorgesetzte feste Essenszeiten für die einzelnen Angestellten fest. So muss Ida W. von 11.45 Uhr bis 12.30 Uhr pausieren, während ihre Bürokollegin erst um 12.30 für 45 Minuten in die Pause darf.
  • Ein Geschäft soll künftig auch am Samstag geöffnet sein. Die wöchentliche Arbeitszeit ändert sich für den Angestellten Sven K. auf Anweisung des Chefs von bisher Montag bis Freitag auf nun Dienstag bis Samstag.

Der Arbeitsort

  • Verkäuferin Carola C. vertritt auf Wunsch ihres Vorgesetzten künftig an zwei Tagen in der Woche eine Kollegin in einer nahegelegenen Filiale.
  • Handwerker Timo F. übernimmt ein größeres Einzugsgebiet, um bei Kunden zu Hause Möbel einzubauen.

Der Arbeitsinhalt

  • Felix F. betreut die Kreditoren in der Buchhaltung eines Unternehmens und ist ab sofort und mit entsprechender Einarbeitung auch für die Debitoren in der Firma zuständig.
  • Hat Birgit M. bislang am Empfang des Hotels lediglich die eingehenden Anrufe angenommen und Gäste willkommen geheißen, ist sie nun auch für die E-Mail-Anfragen zuständig.

Das Verhalten

  • Der Filialleiter einer Bank erwartet von seinen Angestellten, dass sie täglich im Anzug beziehungsweise im Business-Dress bei der Arbeit erscheinen.
  • Zum Fasching möchte der Bäcker, dass seine Mitarbeitenden im Verkaufsraum ein buntes Hütchen aufsetzen und sich Luftschlangen um den Hals hängen.

Der Arbeitgeber verbietet den Konsum von Alkohol während der Arbeitszeit.

Wichtig zu wissen:
In den meisten Arbeitsverträgen gibt es bereits konkrete schriftliche Vereinbarungen zu den genannten Bereichen. Diese darf der Chef nicht einfach aushebeln. So wäre es beispielsweise nicht zulässig, eine Arbeitswoche von 40 Stunden auf eine 30-Stunden-Woche zu reduzieren oder auf Samstagsarbeit zu bestehen, wenn im Vertrag von einer Vollzeitstelle beziehungsweise von einer Arbeitswoche von Montag bis Freitag die Rede ist. Ähnlich sieht es aus, wenn der Angestellte gemäß Vertrag als Verkäufer angestellt ist: In dem Fall kann niemand von ihm verlangen, die Buchhaltung zu übernehmen.

Die Grenzen des Direktionsrechts: Das sind die Rechte der Arbeitnehmer

Abgesehen von vertraglichen, tariflichen und gesetzlichen Regelungen darf der Chef darüber hinaus auch nicht einfach willkürlich von einem Weisungsrecht Gebrauch machen. Hier gilt der Grundsatz des billigen Ermessens. Dies bedeutet mit anderen Worten, dass die Interessen des Arbeitnehmers sowie die individuellen Umstände immer ausreichend berücksichtigt werden müssen. Das sind Beispiele für die Grenzen des Direktionsrechts:

  • Definitiv nicht erlaubt sind Aufgaben, die gesetzlich verboten oder sittenwidrig sind. Das kann zum Beispiel eine Anweisung sein, im Straßenverkehr die geltende Geschwindigkeitsbegrenzung zu überschreiten.
  • Sofern es keine Überstundenklausel gibt, darf der Arbeitgeber seine Angestellten nicht zu Überstunden verpflichten. Eine Ausnahme stellt Mehrarbeit im Notfall dar. Diese ist temporär zu rechtfertigen und fällt unter die Treuepflicht des Angestellten.
  • Die Weisung ist für den Arbeitnehmer nicht zumutbar. Das wäre beispielsweise der Fall, wenn er zu einem neuen Arbeitsort nicht mehr länger 30 Minuten täglich unterwegs ist, sondern drei Stunden.
  • Die Persönlichkeitsrechte und die Religionsfreiheit dürfen von den Weisungen nicht berührt werden: Ein Arbeitgeber kann beispielsweise nicht verlangen, dass eine Angestellte ihr Kopftuch abnimmt (sofern sie es aus religiösen Gründen trägt), auch wenn dieses nicht der Kleiderordnung im Betrieb entspricht.
  • Der Vorgesetzte kommt seiner Fürsorgepflicht nicht nach: Dieser Fall würde eintreten, wenn durch die Übertragung einer neuen Aufgabe das Tragen von Schutzkleidung erforderlich wäre, diese in der passenden Größe jedoch nicht verfügbar ist.

Was passiert, wenn ich die Anweisungen nicht beachte?

Sofern sich der Arbeitgeber an die genannten Rahmenbedingungen hält, spielt es keine Rolle, ob dem Mitarbeitenden die Anweisungen gefallen oder nicht. Vielmehr hat er diesen mit seiner Pflicht zur Loyalität Folge zu leisten. Seine explizite Zustimmung ist daher nicht erforderlich. Auch der Betriebsrat hat in dem Fall kein Wörtchen mitzureden. Wer sich als Arbeitnehmer nicht an die neuen Regeln hält, der riskiert eine Abmahnung und sogar die Kündigung.

Anders sieht es aus, wenn die Weisung nicht gültig beziehungsweise nicht rechtmäßig ist. In dem Fall steht es Ihnen zu, diese nicht zu befolgen. Wichtig: Wer nur davon ausgeht, dass die Anweisung nicht zulässig ist, der ist gut damit beraten, sich vorher abzusichern und zur Sicherheit der Weisung unter Vorbehalt zunächst nachzukommen – ansonsten kann bei einem Irrtum von Ihrer Seite ebenfalls die Kündigung drohen. Eine Möglichkeit besteht nun darin, sich beim nächsthöheren Vorgesetzten oder bei einem Betriebsrat zu beschweren. Abhängig von der Art und dem Ausmaß der Weisung sollten Sie sich zudem juristischen Rat einholen, um die eigenen Erfolgsaussichten einschätzen zu können.

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