Sitzt man heute von 9 bis 17 Uhr im Büro, sind es morgen nur vier Stunden und übermorgen vielleicht fünf. Und während nächste Woche an allen Werktagen voll gearbeitet wird, geht in der Woche drauf nur an zwei Tagen an den Arbeitsplatz. So oder ähnlich sieht der Arbeitsalltag bei Angestellten mit einer Arbeit auf Abruf aus. Wer sich dafür entscheidet, sollte eine gute Portion Flexibilität mitbringen.
Was bedeutet Arbeit auf Abruf?
Wer in Abrufarbeit arbeitet, hat keine festen Arbeitszeiten und ist weit entfernt von einem geregelten Nine-to-five-Job. Es handelt sich vielmehr um ein flexibles Arbeitszeitmodell. Dieses geht mit einer festen Anstellung meist in Teilzeit einher. Eingesetzt werden die Mitarbeitenden immer dann, wenn ihre Arbeitsleistung benötigt wird. Die gesetzliche Grundlage zu dieser Arbeitsform ist im Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) unter Paragraf 12 „Arbeit auf Abruf“ zu finden.
Welche Rahmenbedingungen gibt das Gesetz vor?
Wenn der Chef ruft, dann hat der Angestellte zu springen – und das auch noch für zwölf Stunden am Stück über mehrere Tage? Ganz so einfach ist es natürlich nicht. Das Gesetz gilt vielmehr klare Rahmenbedingungen vor. Hier die Antworten auf die häufigsten Fragen:
Muss ich immer einsatzbereit sein?
Von jetzt auf gleich funktioniert es nicht. Die Ankündigungsfrist für den Arbeitgeber beträgt vier Tage. Nicht mitgerechnet wird der Tag der Bekanntmachung. Eine Unterschreitung der Frist ist nicht zulässig, wird in der Praxis aber regelmäßig so gehandhabt – hier ist das Einverständnis des Arbeitnehmers jedoch eine wesentliche Voraussetzung.
Grundsätzlich sollten sich Mitarbeitende darauf einstellen, dass sie bei den Arbeitszeiten kein Wörtchen mitzureden haben. Sie müssen demnach genau dann zur Verfügung stehen, wenn ihre Arbeitskraft benötigt wird.
Was ist, wenn gar keine Arbeit anfällt?
Die Sorge, dass gar keine Beschäftigung erfolgt, wenn keine Arbeit anfällt, ist unbegründet. Eine verbindliche Zahlungsverpflichtung besteht dabei immer für die im Arbeitsvertrag festgehaltene tägliche oder wöchentliche Arbeitszeit. Gibt es hier keine entsprechende Regelung, dann gelten 20 Stunden pro Woche oder mindestens drei aufeinanderfolgende Stunden pro Tag als vereinbart.
Aus der fiktiven Arbeitszeit leitet sich der tatsächliche Entgeltanspruch des Arbeitnehmers ab. Dieser „Phantomlohn“ muss auch dann in voller Höhe gezahlt werden, wenn tatsächlich weniger Stunden gearbeitet wurden. Er bildet zudem die Grundlage für die Berechnung der Sozialversicherungsabgaben.
Kann ich auch mehr oder weniger arbeiten als vereinbart?
Flexibilität ist auch bei den vertraglichen Arbeitszeiten angesagt. Hier gibt es aber gewisse Rahmenbedingungen wie folgt:
- Höchstarbeitszeit: Bei einer entsprechenden Regelung ist ein Unterschreiten um maximal 20 Prozent zulässig. Als Beispiel: Bei einer Höchstarbeitszeit von 20 Stunden darf der Arbeitgeber die Mitarbeitenden nicht weniger als 16 Stunden beschäftigen.
- Mindestarbeitszeit: Gibt es eine Vereinbarung zur Mindestarbeitszeit, kann die vereinbarte Stundenanzahl bei Bedarf maximal um 25 Prozent überschritten werden. Zum Beispiel: Wenn die Mindestarbeitszeit 20 Stunden beträgt, hat der Angestellte die Verpflichtung / das Recht bis zu 25 Stunden zu arbeiten.
Welche Zahlung erhalte ich im Krankheitsfall?
Die Höhe der Lohnfortzahlung im Krankheitsfall bezieht sich immer auf die tatsächliche Entlohnung beziehungsweise die faktische Arbeitszeit der letzten drei Monate und nicht auf die im Arbeitsvertrag geregelte Arbeitszeit.
Kann mich mein Chef zu Abrufarbeit zwingen?
Grundsätzlich kann kein Beschäftigter zu Arbeit auf Abruf gezwungen werden. Hier bedarf es immer der Zustimmung des Angestellten beziehungsweise einer entsprechenden vertraglichen Vereinbarung.
Wie viel darf ich bei der Arbeit auf Abruf verdienen?
Grundsätzlich gibt es bei der Arbeit auf Abruf keine Verdienstgrenzen. Die Höhe der Entlohnung hängt neben der Anzahl der Stunden auch von der Art der Tätigkeit, der Branche und dem Unternehmen ab.
Da man Abrufarbeit sehr häufig bei den Minijobs findet, ist hier jedoch Vorsicht geboten und genau auf die vertraglich vereinbarten Wochenstunden zu achten. Der Lohn darf schließlich nicht die monatliche Verdienstgrenze von 538 Euro (Stand: 2024) überschreiten.
Arbeit auf Abruf: Das sind die Vor- und Nachteile
Von den Vorteilen der Arbeit auf Abruf profitieren vor allem die Arbeitgeber. Mit einem entsprechenden Vertrag haben sie die Möglichkeit, ihr eigenes Wirtschafts- und Betriebsrisiko zumindest teilweise an die Beschäftigten abzugeben. Besonders bei stark schwankendem Arbeitsanfall und in Branchen mit einem regelmäßigen Wechsel von ruhigen Phasen und arbeitsintensiven Stoßzeiten (zum Beispiel im Einzelhandel und in der Gastronomie) lassen sich auf diese Weise Personalkosten sparen. Gleichzeitig sind die Unternehmen dank der Arbeit auf Abruf sehr flexibel, können kurzfristig auf einen höheren Arbeitsaufwand reagieren und bei Bedarf auf Personal zurückgreifen.
Für Arbeitnehmende hingegen bietet die Abrufarbeit in der Regel nur wenige Pluspunkte, da sie äußerste Flexibilität beweisen müssen. Private Angelegenheiten oder andere berufliche Belange sind für sie dagegen nur schwer bis gar nicht planbar. Interessant kann diese Form einer Anstellung jedoch sein, um einen Fuß in die Tür eines Unternehmens zu bekommen und sich als zuverlässiger Mitarbeiter mit einer hohen Bereitschaft zur Flexibilität zu beweisen.
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