Eine älterer Mann zeigt einer Frau etwas auf dem Tablet

Das Rentenalter wird seit 2012 schrittweise von 65 auf 67 Jahre angehoben. Das bedeutet jedoch nicht, dass jeder Arbeitnehmer bis zum „letzten Tag“ arbeitet. Im Jahr 2019 lag das tatsächliche Renteneintrittsalter bei 62,3 Jahren – und damit über 2 Jahre höher als zur Jahrtausendwende.

Die Gründe für diesen Anstieg sind vielfältig. Viele Menschen MÜSSEN länger arbeiten, um finanziellen Sorgen im Ruhestand vorzubeugen. Andere WOLLEN ihre berufliche Karriere noch nicht beenden, weil ihre Erfahrung im Unternehmen wertgeschätzt wird oder/und ihnen der Beruf weiterhin Spaß macht.

Generell kann man feststellen, dass der durchschnittliche Rentner heutzutage deutlich fitter, gesünder, wissbegieriger, flexibler und vernetzter als vorherige Generationen. Ausschlaggebend dafür sind vorwiegend die Entwicklungen in der Medizin, die Möglichkeiten sich ausgewogener zu ernähren und nicht zuletzt der bewusstere Umgang mit der eigenen Gesundheit.

Damit man in den ersten Wochen und Monaten des beruflichen Ruhestands nicht in ein Loch fällt, sollte man rechtzeitig einige wichtige Fragen klären. Wir hoffen, dass wir mit unserem Artikel Denkanstöße liefern können.

Wann ist der richtige Zeitpunkt für den Ruhestand?

Der Gesetzgeber gibt das Rentenalter zwar vor, dennoch kann jeder Arbeitnehmer individuell entscheiden, wann es an der Zeit ist, sich von der bisherigen Berufslaufbahn zu verabschieden.

  1. Finanzielle Aspekte

Es gilt (leider): Je größer das finanzielle Polster, desto mehr Entscheidungsfreiheit.“Die Rente ist sicher“ gehört sicherlich zu den bekanntesten Statements in der Geschichte der deutschen Politik. Norbert Blüm musste für diesen Satz sehr viel Kritik einstecken. Der demographische Wandel sorgt dafür, dass immer weniger junge Menschen für die Rentenbezüge der Senioren bezahlen müssen. Dieses fortschreitende Ungleichgewicht führt dazu, dass die gesetzliche Rente zwar noch „sicher“ ist, weil jeder der eingezahlt hat, auch eine Rente bekommt, deren Höhe in den meisten Fällen allein aber nicht ausreicht, um den gewohnten Lebensstandard zu halten. Wer in der Lage war, parallel eine private Altersvorsorge aufzubauen, kann diesen „Rentenschock“ abmildern.

Dementsprechend sollte während seiner aktiven Berufslaufbahn immer ein Auge darauf haben, wie sich das eigene Rentenniveau entwickelt. Nur so erkennt man, ob man sich einen früheren Ruhestand überhaupt leisten kann. Natürlich sollte man schon ungefähr wissen, wieviel Geld man als Rentner benötigt. Hier spielt es u.a. eine Rolle, ob man dann zur Miete wohnt oder in einem bereits abbezahlten Eigenheim. Wer regelmäßig verreisen oder ein kostspieliges Hobby beginnen möchte, sollte auch diese Kosten unbedingt einkalkulieren. Bei den Überlegungen rund um den Ruhestand, sollte man unbedingt die Hilfe eines Finanzberaters in Anspruch nehmen. Wie gesagt: Nur wer schon ausreichend vorgesorgt hat, kann beruhigt in Rente gegen … und das ggf. sogar (weit) vor dem gesetzlichen Rentenalter.

  1. Gesundheitliche Aspekte

Die Antwort auf die Frage nach dem richtigen Zeitpunkt für den Beginn des Ruhestands hängt auch von der Gesundheit ab. Es ist ratsam, regelmäßig den Hausarzt zu Rate zu ziehen. Gemeinsam lässt sich leichter klären, ob es z.B. förderlich ist, weiterhin einen stressigen Job auszuüben. Schließlich möchte niemand auf der Zielgeraden der Karriere noch einen Burn-Out erleiden.

Wer zeitlebens auf seine Gesundheit achtet, genießt auch im hohen Alter eine höhere Lebensqualität. Und man kann mehr für Körper und Geist tun als viele Menschen denken.

  1. Berufsbezogene Aspekte

Eigentlich sollte man sowieso regelmäßig hinterfragen, ob der Beruf noch Spaß macht, ob er nur Mittel zum Zweck ist oder ob es immer schwerer fällt, die Arbeit zu erledigen. Stimmt eine der letzten beiden Annahmen, könnte das ein Zeichen dafür sein, sich in den Ruhestand zu begeben (sofern das unter finanziellen Gesichtspunkten möglich ist).

Wann und wie sollte man sich auf den Ruhestand vorbereiten?

Der Übergang von einem herausfordernden Arbeitsleben mit unzähligen Belastungen und Routinen zu einem Dasein, in dem man nahezu alles selbst bestimmen kann, ist nicht leicht. Vielen wird erst bei diesem Schritt bewusst, wie sehr das eigene Leben auf den Job fixiert war. Wenn die Gespräche mit den Kollegen wegfallen und die Beschäftigung mit einem lebensbestimmenden Thema von heute auf morgen nicht mehr notwendig ist, fallen viele Ruheständler in ein Loch. Da hilft auch der längste Urlaub nicht.

Daher ist es sinnvoll, sich schon früh mit dem Thema Ruhestand auseinanderzusetzen. Früh bedeutet, mindestens drei bis fünf Jahre vor dem geplanten Renteneintritt. Denn wenn man herausgefunden hat, was man im letzten Lebensabschnitt noch erreichen möchte, kann es sein, dass man dafür in den letzten Berufsjahren schon den Grundstein dafür legen kann.

„Aktiv sein“ sollte nicht nur das Motto für den Un-Ruhestand sein, sondern bereits für die Vorbereitungsphase. Fast jeder Mensch trägt ja diesen Gedanken in sich: „Das wollte ich schon immer mal machen …“ Wenn nicht im Ruhestand, wann dann (sofern es die Gesundheit zulässt)?

Man hat Zeit und Muße, um rechts und links der ausgetretenen Wege zu schauen und für die neuen Ziele Kontakte zu knüpfen. Wer den Ruhestand gleichermaßen als Chance und Herausforderung sieht, wird ihn am ehesten genießen können! Darüber hinaus sollte man bei seinen Planungen unbedingt die Familie einbeziehen.

Wer mit seinen Planungen für den Un-Ruhestand nicht weiterkommt, kann sich dafür auch externe Unterstützung suchen. Mittlerweile gibt es sogar Seminare, die die Vorbereitungen für den Ruhestand zum Thema haben.

Wie kann man seinen Ruhestand gestalten?

Es gibt unendlich viele Aktivitäten, durch die das Leben im Ruhestand garantiert nicht langweilig wird. Wichtig ist, dass man für neue Erfahrungen aufgeschlossen bleibt und sich nicht in den eigenen vier Wänden einschließt. Man ist nie zu alt, um neue Dinge auszuprobieren!

In den folgenden Absätzen listen wir einige Vorschläge auf. Die „Klassiker“ wie in den Urlaub fahren, den Garten auf Vordermann bringen, Sport treiben oder sich um die Enkelkinder kümmern, haben wir bewusst weggelassen.

  1. Senior-Experte werden

Einfach weiterarbeiten? Das klingt paradox, aber wer sein Leben lang in einer Branche gearbeitet hat, kann auf einen riesigen Erfahrungsschatz zurückgreifen. Es wäre schade, wenn dieses weiterhin wertvolle Fachwissen verloren geht. Sofern das „eigene“ Unternehmen noch kein entsprechendes Angebot gemacht hat, kann man dort nachfragen, ob eine Tätigkeit in Teilzeit möglich ist.

Angesichts des weit verbreiteten Fachkräftemangels werden es sich die meisten Firmen gut überlegen, ob sie tatsächlich komplett auf einen Senior-Experten verzichten können. Auch für den Ruheständler hat diese Konstellation viele Vorteile. Er hat eine Herausforderung, bekommt sicherlich Anerkennung und verdient sich etwas dazu. Außerdem kann eine solche Nebentätigkeit den Übergang in den Ruhestand enorm erleichtern. Die wichtigste Voraussetzung ist selbstverständlich, dass man seinen Beruf gern ausgeübt hat!

  1. Patenschaft übernehmen

Als Rentner blickt man nicht nur auf berufliche Erfahrungen zurück, sondern hat reichlich Lebenserfahrung gesammelt. Diese kann man als Pate oder Mentor an Menschen weitergeben, die auf Hilfe angewiesen sind. Das können Flüchtlinge sein, die Unterstützung bei Behördengängen benötigen oder noch Probleme mit der deutschen Sprache haben. Kinder, die in einem schwierigen sozialen Umfeld leben und einen erwachsenen Ansprechpartner brauchen. Oder andere Senioren, die zu vereinsamen drohen.

Mit einer Patenschaft trägt man seinen Teil dazu bei, dass das Zusammengehörigkeitsgefühl in der Gesellschaft steigt. Ein wichtiger Punkt, da sich der Egoismus heutzutage immer weiter zu verbreiten scheint. Das Bundesfamilienministerium unterstützt Patenschaften mit dem Programm „Menschen stärken Menschen“. Hier findet man weiterführende Informationen.

  1. Studieren bzw. Volkshochschulkurse besuchen

Wer jeden Tag etwas Neues lernt, trainiert sein Gehirn und bleibt geistig länger fit. Auch oder gerade im Un-Ruhestand sollte man seine grauen Zellen trainieren. Das funktioniert mit Lesen, Kreuzworträtseln oder Sudoku schon ganz gut. Wer sich aber detailliert in neue Themen einarbeiten möchte, kann dafür Seminare und Kurse an der Universität oder der Volkshochschule belegen. Senior-Studenten sind an vielen Universitäten keine Seltenheit mehr und bereichern die Diskussion mit einem anderen Blickwinkel. Das Angebot ist überwältigend. Sprachen, Kunst, Geschichte und Computer (Internet) sind sicherlich die Themen, die am häufigsten gewählt werden. Das Lernen macht noch mehr Spaß, wenn man Kontakte zu Gleichgesinnten knüpft, mit denen man die Themen vertiefen kann.

Urheber des Titelbildes: thodonal/ 123RF Standard-Bild