Nach Quiet Quitting ist Quiet Hiring der neue Trend in der Arbeitswelt. Und auch wenn der Begriff bislang eher unbekannt war, ist die Praxis, die sich hinter der Wortschöpfung verbirgt, keine neue: Beim Quiet Hiring erhalten Angestellte neue Aufgaben.
Was verbirgt sich hinter dem Arbeitsmarkttrend?
Wörtlich übersetzen lässt sich der Begriff mit „stilles Einstellen“. Im Gegensatz zum Quiet Quitting, wenn Arbeitnehmer nur noch so viel arbeiten, wie unbedingt nötig ist, übernehmen sie beim Quiet Hiring zusätzliche Aufgaben. Mit anderen Worten: Unternehmen verzichten auf eine öffentliche Ausschreibung von neuen Jobs und auf Neueinstellungen. Sie teilen dem bereits vorhandenen Personal neue Aufgaben, Rollen und Kompetenzen zu. Der Fokus beim Quiet Hiring liegt daher auf der internen Mitarbeiterförderung, auf Fort- und Weiterbildungen sowie auf innerbetrieblichen Rotationen.
Warum liegt Quiet Hiring im Trend?
Aus unternehmerischer Sicht gibt es mehrere Argumente, die für die „stille Einstellung“ sprechen. Dabei sind es vor allem die Personalnot und die angespannte Situation am Arbeitsmarkt, die Arbeitgeber dazu veranlassen, eine Stelle lieber intern zu besetzen. Vor allem in Branchen, in denen händeringend nach qualifiziertem Fachpersonal gesucht wird, können die (Um-)Besetzung einer Stelle und die Förderung des bereits vorhandenen Personals eine gute Option sein.
Gleichzeitig ist das Quiet Hiring in der Regel die vergleichsweise kostengünstigere Lösung für das Unternehmen, das sich in Zeiten steigender Kosten neuen finanziellen Herausforderungen stellen muss. Die Praxis der internen Nachbesetzung ist nicht zuletzt eine schnelle und unbürokratische Möglichkeit, dringliche Aufgaben schnell und effektiv erledigen zu lassen – ein langwieriger Einstellungs- und Einarbeitungsprozess entfällt schließlich. Manchmal ist Quiet Hiring auch eine Folge von betriebsbedingten Entlassungen von Mitarbeitern: Unter den verbleibenden Angestellten werden die Aufgaben dann aufgeteilt.
Die Chancen und Risiken für die Mitarbeitenden
Ob das Quiet Hiring von den Angestellten beziehungsweise „Betroffenen“ positiv oder negativ aufgenommen wird, hängt im Wesentlichen von den damit verbundenen Rahmenbedingungen ab. Grundsätzlich kann die Übertragung von weiteren Aufgaben, zusätzlichen Kompetenzen und neuen Herausforderungen eine gute Chance für die Mitarbeitenden sein: Schließlich könnte die Arbeit abwechslungsreicher werden, die Karriere weiter Fahrt aufnehmen und auch der Verdienst steigen.
Tatsächlich muss die Realität aber nicht immer so rosig aussehen: Kritikpunkte mögen sein, dass das Quiet Hiring ohne vorherige Kommunikation und Abstimmung mit den Angestellten erfolgt, dass der Arbeitsaufwand deutlich ohne einen angemessenen Gehaltsausgleich steigt und/oder die neuen Aufgaben nicht den eigenen Interessen und Fähigkeiten entsprechen.
Quiet Hiring als Erfolgsfaktor: Das sind die Voraussetzungen
Damit sowohl Unternehmen als auch Mitarbeitende von der inoffiziellen Beförderung profitieren, ist es wichtig, dass einige Voraussetzungen erfüllt sind. Dazu gehören:
vorhandene Kompetenzen:
Ein Unternehmen wird definitiv nur dann einen Vorteil aus dem Quiet Hiring ziehen, wenn die Angestellten die neuen, ihnen übertragenden Aufgaben auch erfüllen können. Hier spielt der Faktor Zeit eine Rolle. Wichtig ist zudem der Kompetenzerwerb. Sofern der Angestellte bestimmte Fähigkeiten oder notwendiges Fachwissen noch nicht besitzt, hat der Arbeitgeber dafür zu sorgen, dass er diese (zum Beispiel durch Fortbildungen) erlangt.
realistische Ziele:
Quiet Hiring ist natürlich nicht so zu verstehen, dass zusätzliche Aufgaben einfach wahllos unter der Belegschaft verteilt werden. Vielmehr muss die jeweilige Arbeit grundsätzlich zu den Fähigkeiten und Kompetenzen der betreffenden Person passen. So kann ein Buchhalter nicht einfach die Marketingabteilung leiten und ein Lagermitarbeiter ist nicht unbedingt im Vertrieb richtig aufgehoben.
offene Kommunikation:
Offen und ehrlich sollten Vorgesetzte auf ihre Mitarbeitenden zugehen, wenn es um die Übertragung von Aufgaben geht. Eine klare Kommunikation ist jetzt das A und O. Welche Aufgaben kommen auf mich zu? Welche Erwartungen sind daran geknüpft, was verändert sich und bietet die Veränderung tatsächlich Chancen für einen beruflichen Aufstieg? All das sind Fragen, die vorab geklärt werden müssen.
gerechte Entlohnung:
Wer seinen Angestellten neue Aufgaben gibt, ohne dies entsprechend zu würdigen, muss nicht mit Freude und Dankbarkeit auf der anderen Seiten rechnen. Mehrarbeit sollte sich dementsprechend auch immer auf dem Konto der Mitarbeitenden bemerkbar machen.
gemeinsame Entscheidung:
Wer sich engagierte und erfolgreiche Mitarbeitende wünscht, der bezieht diese bestenfalls in die Entscheidung mit ein und stellt sie nicht vor vollendete Tatsachen.
schriftliche Vereinbarung:
Selbst kleinere Veränderungen im Aufgabenbereich sollten immer schriftlich festgehalten werden. Für beide Seiten besteht so Planungssicherheit, mögliche Konflikte lassen sich von vornherein vermeiden.
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