Work-Life-Integration

Die Work-Life-Balance hat eine starke Konkurrenz. Gegen sie tritt eine andere, verwandte Wortkreation an, die genau auf das Gegenteil abzielt. Anstatt das Berufs- vom Privatleben streng zu trennen, werden die beiden Lebensbereiche bei der Work-Life-Integration miteinander verbunden. Dieses Konzept entspricht den immer flexibleren Arbeitsmodellen, hat aber auch seine Tücken.

Work-Life-Integration versus Work-Life-Balance: Das sind die Unterschiede

Der wesentliche Unterschied der zwei Konzepte ergibt sich bereits aus den jeweiligen Wortbedeutungen:

  • Balance: Die beiden streng voneinander getrennten Bereiche Arbeit und Freizeit sind sowohl im Hinblick auf die Qualität als auch die Quantität ausgeglichen – es besteht ein Gleichgewicht.
  • Integration: Arbeit und Leben sind nicht länger zwei voneinander getrennte Bereiche. Dabei gibt nicht nur einzelne Berührungspunkte, sondern sie gehen vielmehr fließend ineinander über.

In einer Zeit, in der Homeoffice, Remote Work, Digitalisierung und andere flexible Arbeitsmodelle längst die Arbeitswelt erobert haben, wirkt die strikte „Arbeit-Leben-Trennung“ fast schon etwas veraltet. Denn wer die Möglichkeit hat, überall und zu jeder Zeit flexibel zu arbeiten, dürfte Probleme bekommen, immer klare Grenzen zu ziehen. Anstatt etwas erreichen zu wollen, was gar nicht umsetzbar ist, geht es bei der Work-Life-Integration vielmehr darum, das Beste aus beiden Bereichen harmonisch zu einer Einheit zusammenzufügen, und Familie und Beruf miteinander zu vereinen.

Gut zu wissen:Auch der Begriff Work-Life-Blending beschreibt einen verschwimmenden Übergang zwischen Arbeit und Alltag. Im Gegensatz zur Work-Life-Integration sind hierbei aufgrund fehlender klarer Rahmenbedingungen die Übergänge eher unklar und nicht definiert.

So sieht die Integration in der Realität aus

Wie die Grenzen zwischen Beruf und Privat gelungen ineinandergreifen können, veranschaulichen folgende Beispiele:

  • Die Arbeit startet erst nach dem Arztbesuch mit dem Kind und das entgegen der eigentlichen Planung im Homeoffice.
  • Die Mittagspause wird ausgedehnt, um eine Sporteinheit im Gym einzulegen.
  • Dank des frühen Feierabends genießt man die Sonne am Nachmittag im Park oder auf der Terrasse und holt die versäumte Zeit einfach in den Abendstunden nach.
  • Am Samstagnachmittag ist es endlich mal ruhig und man hat entspannt Zeit, um an einem Konzept für das große Projekt zu arbeiten.
  • Der Kunde aus den USA ist aufgrund der Zeitverschiebung nur abends erreichbar. Das Telefonat wird daher auf die Zeit nach dem Abendessen vertagt.
  • Während des Urlaubs bleibt der Angestellte weiterhin auf dem Handy erreichbar.
  • Für den 80. Geburtstag einer nahen Verwandten oder auch für den Kindergeburtstag nimmt man sich nicht extra einen halben Tag Urlaub. Stattdessen wird die verpasste Zeit einfach am Abend oder am Wochenende nachgeholt.
  • Für das private Telefonat gibt es im Büro während der Arbeitszeit – und ohne schlechtes Gewissen – eine gute Gelegenheit.

Das sind die Vorteile des Konzepts

Ein großer Pluspunkt der Work-Life-Integration ist die hohe Flexibilität. Es heißt nicht mehr länger, das eine ODER das andere zu tun, sondern vielmehr ist beides möglich. Man kann den Ansprüchen im Job gerecht werden und sogar Karriere machen, gleichzeitig aber auch der Familie und der Freizeit einen hohen Stellenwert zuschreiben.

Die Work-Life-Integration fördert zudem die Selbstständigkeit und die Produktivität. Die Arbeitszeiten lassen sich beispielsweise dem eigenen Biorhythmus und Gewohnheiten anpassen. Wer effizient und konzentriert arbeitet, bringt bessere Ergebnisse. Diese tragen wiederum zu einer höheren Leistung und letztlich zu mehr Zufriedenheit bei. Gelingt es, Familie und Beruf harmonisch miteinander zu vereinbaren, sinkt zudem das Stresslevel, was sich positiv auf die eigene Gesundheit auswirken mag.

Hier ist Vorsicht geboten: die Nachteile

So gut sich die Work-Life-Integration auch anhört, nicht für jeden ist sie die optimale Lösung. Wem die eigene Freizeit ohne Wenn und Aber über alles geht, dürfte beispielsweise Probleme mit diesem Konzept haben. Der Leistungsdruck steigt zudem, wenn Angestellte das Gefühl haben, immer und jederzeit für Vorgesetzte und Kunden erreichbar zu sein. Nicht weit entfernt dürfte dann zudem eine Überarbeitung sein: Wer immer die Arbeit im Kopf hat und sich direkt um alle Anliegen kümmert, dem fällt es nicht selten schwer, auch mal abzuschalten.

Nicht zuletzt erfordert die Work-Life-Integration auch ein gutes Zeitmanagement. Dazu gehört neben einem gewissen Organisationstalent auch eine gute Portion Disziplin. Es gibt aber Menschen, die viel besser und effektiver arbeiten, wenn sie feste Strukturen haben – die ihnen bestenfalls vorgegeben werden.

Die Voraussetzungen, damit das Konzept aufgeht

Die Integration gelingt natürlich nicht einfach mal so und ohne Vorbereitung. Damit sie „erfolgreich“ ist, bedarf es einiger wichtiger Maßnahmen. Dazu gehören:

  • Die wichtigste Voraussetzung ist ein Arbeitgeber, der das Konzept unterstützt und fördert.
  • Es gibt flexible Arbeitszeiten und keinen Nine-to-five-Job.
  • Homeoffice und Remote Work sind in dem Unternehmen gewollt und gewünscht.
  • Im Büro gibt es Rückzugsmöglichkeiten und sogar spezielle Gesundheitsangebote.
  • Das Unternehmen bietet Coachings und Weiterbildungen zum Thema Zeitmanagement an.
  • Pausen, kleine Auszeiten und natürlich Urlaub sind ebenfalls ein wichtiger Bestandteil der Work-Life-Integration. Sie sollten sich zwischendurch und in regelmäßigen Abständen bewusst Freizeit nehmen.

Inwieweit sich das Modell auch künftig weiter durchsetzen wird, bleibt abzuwarten. Die Arbeitswelt unterliegt einem ständigen Wandel und wird nicht zuletzt von den Menschen bestimmt, die mitten im Berufsleben stehen. Während die Generation Y das Integrationskonzept verinnerlicht, könnte es bei der Generation Z vielleicht wieder anders aussehen, indem sie eine striktere Trennung von Arbeit und Privatleben fordern.

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