Holo-Videokonferenzen

Im Verlauf der Corona-Pandemie haben Videokonferenzsysteme verstärkt an Bedeutung gewonnen. Dabei hat sich allerdings auch gezeigt, dass der Kontakt über Video den Austausch von Angesicht zu Angesicht nicht wirklich ersetzen kann.

Googles Projekt Starline soll nun die Videotelefonie besonders realistisch machen – dank Hologrammen. Im Mai 2023 hat Google einen neuen, verkleinerten Prototypen vorgestellt und Tests mit Partnerfirmen angekündigt.

Sind Holo-Videokonferenzen wirklich die Technologie der Zukunft? Hier erfahren Sie mehr.

Projekt Starline – das steckt hinter der Idee

Hologramme kennen die meisten von uns bisher nur aus Science-Fiction-Geschichten wie Star Wars. In George Lucas Film aus dem Jahr 1977 findet der Protagonist Luke Skywalker ein holografisches Video von Prinzessin Leia. Viele weitere Filmschaffende und Autoren ließen sich von der Darstellung des Hologramms inspirieren – und Technologieunternehmen versuchten, sie in die Tat umzusetzen. Möglich wurde dies aber erst, nachdem Fortschritte in der Informatik die Komprimierung und Übertragung riesiger Datenmengen erlaubten.

Mit Projekt Starline hat sich auch Google der Hologramme angenommen. Erstmals vorgestellt wurde das Telepräsenzsystem im Jahr 2021. Der große Unterschied zu Konkurrenzprodukten wie der im selben Jahr präsentierten Microsoft-Plattform Mesh und WebEx von Cisco: Starline funktioniert ohne Augmented-Reality-(AR)-Brillen. Die Teilnehmer sitzen stattdessen in einer Kabine. Ein Monitor und eine räumliche Audio-Übertragung vermitteln den Eindruck, als befände sich der Gesprächspartner direkt vor ihnen.

Holo-Videokonferenzen: Die Technik kurz erklärt

Wie funktioniert die Holo-Videokonferenz ohne AR-Brille? Grundlage bildet ein Display, das auf einer Lichtfeldanzeige basiert und Personen realistisch in 3D darstellen kann. Hochauflösende Kameras und auf die Kundenbedürfnisse abgestimmte Tiefensensoren erfassen die Gesprächspartner aus mehreren Perspektiven. Eine spezielle Software führt diese Daten zusammen und erstellt ein detailliertes 3D-Modell der Personen.

Damit ein realistischer Gesprächseindruck entsteht, muss die Software in Echtzeit enorm große Datenmengen von mehreren Gigabits pro Sekunde verarbeiten. Um diese Datenmengen überhaupt übertragen zu können, hat Google neue Komprimierungs- und Streaming-Algorithmen entwickelt. Diese verkleinern die Datenmengen um den Faktor 100.

Diese Vorteile bieten Holo-Videokonferenzen

Google testet Starline bereits seit Längerem im eigenen Unternehmen und hat zudem Studien durchgeführt, um die Vorteile der Holo-Videokonferenzen zu ermitteln. Dabei haben sich einige Vorzüge gegenüber gewöhnlichen Videokonferenzen herausgestellt:

  • Unterhaltungen per Holo-Videokonferenz weisen in Tests eine höhere Gesprächsdynamik auf als normale Videokonferenzen. Das bedeutet, Teilnehmer wechseln sich mit ihren Gesprächsbeiträgen häufiger ab.
  • In Holo-Videokonferenzen zeigen Teilnehmer ein breiteres Spektrum non-verbalen Verhaltens ans in herkömmlichen Videotelefonaten. Sie gestikulieren mehr und weisen eine lebhaftere Mimik auf. Das macht es einfacher, die Stimmung des Gesprächspartners einzuschätzen und lässt Gespräche zudem lebendiger und lebensechter wirken.
  • Holo-Videokonferenzen erhöhen die Aufmerksamkeit der Teilnehmer. Probanden schauen ihren Gesprächspartnern zum Beispiel wesentlich länger ins Gesicht als bei gewöhnlichen Videokonferenzen – ungefähr so lange wie bei Gesprächen von Angesicht zu Angesicht. Das spricht dafür, dass sie sich auch besser auf den Gesprächsinhalt konzentrieren.
  • Die dreidimensionale Darstellung in Holo-Videokonferenzen erleichtert es, Augenkontakt mit dem Gesprächspartner zu halten, was ebenfalls die Aufmerksamkeit steigert.

Herausforderungen für die neue Technologie

Der erste Prototyp von Googles Projekt Starline füllte noch einen ganzen Raum. Ein derart klobiges und komplexes Gerät findet natürlich nur in wenigen Büros Platz. Neue KI-Technologien machen es möglich, dass für den im Mai 2023 präsentierten, überarbeiteten Prototyp nur noch wenige Standardkameras und Infrarotsensoren verwendet werden müssen. Zusätzlich wird noch das Display benötigt. Damit hat der Prototyp nun in etwa die Größe eines Fernsehers und nimmt nicht mehr Platz in Anspruch als übliche Videokonferenzsysteme. Auch die Datenkomprimierung wurde in den vergangenen Jahren verbessert, sodass tatsächlich Gespräche in Echtzeit möglich sind.

Eine große Herausforderung für viele Unternehmen dürfte allerdings der Preis darstellen. Der aktuelle Starline-Prototyp kostet Schätzungen zufolge immer noch mehrere Zehntausend US-Dollar. Google arbeitet daran, die Technologie weiter zu vereinfachen und erschwinglicher zu machen. Die Technik soll dabei weitestgehend aus dem Sichtfeld der Anwender verschwinden. Keine sichtbare Kamera und kein erkennbares Display sollen den Eindruck eines natürlichen Gesprächs stören.

Ausblick: Gehören Hologramme bald zum Büroalltag?

Wann genau Starline marktreif sein wird, ist noch nicht bekannt. Gerüchten zufolge könnte die Markteinführung aber bereits 2024 erfolgen. In einigen Google-Büros kommt das System für Holo-Videokonferenzen bereits zum Einsatz. Zudem wurden Tests in mehr als 100 Unternehmen durchgeführt, 2023 folgen weitere Testeinsätze mit Google-Partnern wie T-Mobile und WeWork.

Gelingt es Google tatsächlich, die Technik zu verkleinern und zu einem erschwinglichen Preis anzubieten, erscheint ein breiter Einsatz in naher Zukunft gar nicht mal unwahrscheinlich. Insbesondere in international tätigen Unternehmen könnten Holo-Videokonferenzen zum aktiven Austausch der Mitarbeitenden beitragen und die Produktivität fördern.

Urheber des Titelbildes: peshkova/ 123RF Standard-Bild