Ob Café, Bowlingbahn oder Arztpraxis: Ein offenes WLAN-Netz ist für Kunden und Gäste überaus attraktiv. Logisch, dass viele Unternehmen und Gewerbetreibende liebend gern Hotspots aufstellen würden. Doch der WLAN-Service verspricht nicht nur mehr Kundschaft und Umsatz, sondern auch einige rechtliche Stolperfallen. Der neueste Gesetzentwurf zur WLAN-Störerhaftung will das endlich ändern – und erntet dennoch heftige Kritik. Was genau ist da los?
Die ganze Debatte dreht sich um diese Fragen: Wer haftet, wenn der Nutzer eines WLAN-Hotspots in einem Café beim Surfen eine Rechtsverletzung begeht? Wie aufwendig müssen Hotspot-Betreiber ihre offenen WLAN-Netze schützen, um mögliche Rechtsverstöße zu verhindern?
Seit rund fünf Jahren schon warten Betreiber von Hotspots auf Rechtssicherheit – und müssen noch immer erhebliche Risiken in Kauf nehmen. Denn damals entschied der Bundesgerichtshof: Kann bei einem Rechtsverstoß in einem freien WLAN der Täter nicht ermittelt werden, haftet der Betreiber des Internetzugangs.
Im neuesten Gesetzentwurf zur Störerhaftung werden gewerbliche WLAN-Anbieter wie Cafés nun einerseits entlastet: Für sie soll es künftig ausreichen, ihre Nutzer darauf hinzuweisen, dass beim Surfen geltendes Recht einzuhalten ist. Der Nutzer muss vorab die Erklärung kurz bestätigen – und sich dabei nicht einmal mit seinem Namen registrieren. Wer als Betreiber diese Nutzererklärungen eingeholt hat, soll demnach im Fall einer Rechtsverletzung nicht belangt werden können.
Andererseits stoßen gewerbliche wie private Hotspot-Betreiber auch im neuen Entwurf auf einige rechtliche und technische Hürden – und deshalb erntet das Papier des Bundeswirtschaftsministeriums derzeit deutliche Kritik bei IT-Juristen und Verbraucherschützern.
Ein Diskussionspunkt: Die offenen WLANs sollen künftig gar nicht mehr offen sein, sondern verschlüsselt werden.
Verbraucherzentrale: Aufwand für Hotspot-Betreiber „unzumutbar“
Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) bemängelt in dieser zehnseitigen Stellungnahme vor allem folgende Punkte:
- Betreiber sollen Hotspots verschlüsseln
Laut Gesetzentwurf müssten gewerbliche Anbieter künftig „anerkannte Verschlüsselungsverfahren“ einsetzen – doch ein verschlüsselter Zugang würde dem vzbv zufolge den Anmeldevorgang deutlich erschweren und biete den Anbietern zudem „kaum eine Möglichkeit, den Nutzern einen Zugang zu eröffnen, da sie ihnen den Schlüssel für das WLAN nur außerhalb der elektronischen Kommunikation über dieses Netz zugänglich machen könnten.“ Zudem sei eine Verschlüsselung dann sinnvoll, wenn die eigene Kommunikation geschützt werden soll, nicht aber um einen Internetzugang einer Öffentlichkeit bereitzustellen.
- Betreiber sollen nutzlose Nutzererklärungen einholen
Laut Gesetzentwurf sollen Hotspot-Betreiber von ihren Nutzern eine Erklärung einholen, keine Rechtsverstöße zu begehen – doch diese Maßnahme ist dem vzbv zufolge sinnfrei, da sie nur greifen würde, wenn alle Nutzer sich vorab namentlich registrieren würden (was ja gerade nicht vorgesehen ist) und der Hotspot-Betreiber ihre Kommunikationsdaten allesamt speichern würde. Abgesehen vom immensen technischen Aufwand, der dadurch auf die Betreiber zukommen würde, verstoße eine derartige Datensammelei jedoch gegen geltende Datenschutzgesetze, so der vzbv.
Insgesamt sind die im Entwurf enthaltenen Vorschläge zum Schutz vor Rechtsverletzungen laut der Verbraucherschützer für gewerbliche Hotspot-Betreiber „unzumutbar, da die Grenze der Zumutbarkeit überschritten ist, wenn das Geschäftsmodell erheblich beeinträchtigt wird.“
Und dennoch gibt es für aktuelle und künftige Hotspot-Anbieter durchaus Grund für Optimismus, denn es handelt sich ja „nur“ um einen Gesetzentwurf. Wahrscheinlich wird er in den kommenden Monaten weiter überarbeitet – damit hoffentlich ein Gesetz verabschiedet wird, das Nutzern und Betreibern endlich Rechtssicherheit unter zumutbaren Bedingungen verschafft.
Dem Digitalstandort Deutschland wäre es zu wünschen. Länder wie Estland, Lettland und Russland sind da viel weiter als wir – und haben freies WLAN längst großflächig realisiert.
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