Wer bei der Jobsuche mehrere Eisen im Feuer hat, dem kann es passieren, mehr als eine Zusage zu erhalten. Das ist eigentlich ein Grund zur Freude, schließlich scheint man bei den Unternehmen gut anzukommen: Dumm nur, wenn man bereits einen Arbeitsvertrag unterschrieben hat, ein anderes Angebot aber viel attraktiver ist. Was tun? Kann ich vor dem ersten Arbeitstag bereits wieder kündigen? Welche Konsequenzen drohen?
Die Fristen im Blick haben: die rechtliche Lage
Mit der Unterschrift auf dem Arbeitsvertrag besteht ein beidseitiges rechtsgültiges Arbeitsverhältnis, das zwar nicht widerrufbar, jedoch aber kündbar ist. Bei der Kündigung sind die vertraglich festgelegten Kündigungsfristen relevant. Diese entsprechen meist denen der Probezeit und betragen damit zwei Wochen bis zum Ende des Kalendermonats. Bei Verträgen ohne Probezeit kann die Kündigungsfrist auch deutlich länger sein und erst nach drei Monaten enden. Ein Kündigungsgrund muss jedoch in keinem der Fälle genannt werden, da zu diesem Zeitpunkt der gesetzliche Kündigungsschutz noch nicht greift. Dieser beginnt erst nach sechs Monaten.
Wer „rechtzeitig“ vor dem ersten Arbeitstags kündigt, der muss gar nicht erst an seinem neuen Arbeitsplatz erscheinen. Geht die Kündigung dagegen erst kurz vor knapp ein, dann kann der Arbeitgeber durchaus darauf bestehen, dass der Mitarbeiter bis zum Ablauf der Kündigungsfrist am Arbeitsplatz erscheint. Sieht das Unternehmen jedoch keinen Mehrwert darin, dass der Mitarbeitende überhaupt kommt, dann ist ein Aufhebungsvertrag eine sinnvolle Option. Dieser ist für das Unternehmen wichtig, damit es kein Gehalt für den nicht angetretenen Dienst zahlen muss.
Gut zu wissen ist darüber hinaus, dass Arbeitsverträge auch Vereinbarungen enthalten können, die eine Kündigung vor Arbeitsantritt von vornherein ausschließen. Gängige Klauseln sind:
- eine Kündigungsbeschränkung: Mit dieser Klausel wird eine vorzeitige Kündigung von beiden Seiten vertraglich ausgeschlossen.
- eine Vertragsstrafe: Wer trotz dieser Beschränkung kündigt und auch nicht bei der Arbeit erscheint, dem droht eine Vertragsstrafe. Diese darf sogar einem Brutto-Monatsgehalt entsprechen.
Mit Konsequenzen muss man zudem rechnen, wenn man ohne Kündigung einfach nicht am neuen Arbeitsplatz erscheint. In dem Fall darf der Arbeitgeber nicht nur eine fristlose Kündigung aussprechen, sondern gegebenenfalls auch Schadensersatz geltend machen. Als Beispiel: Eine bestimmte Arbeit, für die der Mitarbeiter explizit vorgesehen war, kann nun nicht erledigt werden. Dem Unternehmen entstehen dadurch finanzielle Einbußen.
Schlechtes Gewissen? Die moralische Seite
Auch wenn eine Kündigung vor dem ersten Arbeitstag rechtlich häufig möglich ist, gibt es da immer noch die moralische Seite. Denn jeder Angestellte wird sich darüber im Klaren sein, dass es nicht unbedingt die „feine englische Art“ ist, ein Unternehmen einfach im Regen stehen zu lassen. Vor allem für kleine und mittelständische Betriebe ist es oft bitter, wenn bereits Zeit und Geld in den Bewerbungsprozess investiert wurden und dieser nach der Absage wieder komplett von vorn beginnen muss.
Bevor man vorschnell ein Kündigungsschreiben verfasst, lohnt es sich deshalb, nochmal kurz zu reflektieren: Schließlich wird man es sich mit großer Wahrscheinlichkeit mit dem Betrieb für alle Zeit verscherzen. Eine erneute Bewerbung dürfte (auch wenn diese vielleicht erst Jahre später erfolgt) eher nicht zum Erfolg führen. Zu bedenken ist auch, dass sich Unternehmen innerhalb einer Branche oder einer Region auch kennen und sich das eigene Fehlverhalten schnell rumsprechen könnte.
Wie also richtig handeln? Wägen Sie zunächst das Für und Wider genau ab. Vielleicht ist die Stelle ja doch die Richtige? Sinnvoll ist es auch, bereits im Bewerbungsprozess mit offenen Karten zu spielen und zu kommunizieren, dass man mehrere Gespräche und womöglich Angebote hat. Und sollte man letztlich doch zu dem Schluss kommen, dass eine Kündigung die beste Lösung ist, dann beweist eine persönliche Absage am Telefon auf jeden Fall eine Menge Mut. Wer jetzt gute Argumente auf den Tisch legt, der hat zumindest die Chance, etwas Verständnis zu erhalten.
Und andersrum: Was tun, wenn der Arbeitgeber mir vorzeitig kündigt?
Eine vorzeitige Kündigung kann andersherum natürlich auch vom Arbeitgeber ausgesprochen werden. Mögliche Gründe dafür können sein, dass ein anderer, besser geeigneter Bewerber zwischenzeitlich zugesagt hat oder sich die allgemeine betriebliche Lage schlechter entwickelt als angenommen.
Es gelten die gleichen Kündigungsfristen wie auf der Arbeitnehmerseite. Zu berücksichtigen ist allerdings die Tatsache, dass die Probezeit dazu dient, dem neuen Arbeitnehmer die Chance zu geben, sich in einem Unternehmen zu beweisen. Mit einer vorzeitigen Kündigung wird ihm diese Möglichkeit vorenthalten. Im Zweifel und vor Gericht könnte es für das Unternehmen daher schwierig werden, die Kündigung zu rechtfertigen.
Und der Bewerber? Nach der Kündigung dürfte der Schock erstmal groß sein, schließlich hat man mit großer Wahrscheinlichkeit seinen vorherigen Job bereits gekündigt und ist innerhalb weniger Tage direkt arbeitslos. In diesem Fall gilt es, einen kühlen Kopf zu bewahren und die Jobsuche wieder neu zu aktivieren. Sie haben jetzt zudem einen Anspruch auf Arbeitslosengeld, das im besten Fall direkt beantragt wird. Und auch wenn es vielleicht schwerfallen dürfte, auch beim alten Arbeitgeber kann sich durchaus die Nachfrage lohnen, ob man nicht doch bleiben kann – schließlich hat man nichts zu verlieren.
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