Wenn die Arbeit keinen Spaß macht, die täglichen Aufgaben zu körperlicher Überanstrengung führen oder sich der Wunsch nach mehr Freiheit breit macht, sehnen viele Arbeitnehmer die Rente förmlich herbei. Während diese Sehnsucht bei den meisten nicht über ein Lippenbekenntnis hinausgeht, informieren sich andere ernsthaft darüber, wie es mit dem vorzeitigen Ruhestand klappen könnte. 2018 haben immerhin knapp 100.000 Personen bei der Deutschen Rentenversicherung nachgefragt, ob und wie eine frühere Rente zu realisieren wäre – am besten natürlich ohne große finanzielle Einbußen.
INHALT DIESER SEITE
1. Das reguläre Renteneintrittsalter
2. Früheres Rentenalter für langjährig und besonders langjährig Versicherte
3. Mut zur Rentenlücke? Besser nicht!
4. Optionen: Freiwillige Einzahlungen, Altersteilzeit oder Lebensarbeitszeitkonto
5. Experten fragen: Beratung bei der Deutschen Rentenversicherung
6. Schlüsselfaktor private Altersvorsorge
7. Frugalismus – Vorruhestand extrem!
1. Das reguläre Renteneintrittsalter
Jeder, der früher in Rente gehen möchte, sollte zunächst sein reguläres Renteneintrittsalter in Erfahrung bringen. Dieses geht aus der Renteninformation hervor, einem Schreiben, das Rentenversicherte jährlich per Post bekommen. Wer dieses Dokument nicht zur Hand hat, kann sein reguläres Rentenalter schnell und einfach mit dem Rentenbeginn- und Rentenhöhenrechner der Deutschen Rentenversicherung berechnen.
Für Angestellte ab Jahrgang 1964 und jünger gilt ein Renteneintrittsalter von 67 Jahren. Für ältere Arbeitnehmer reduziert es sich sukzessive um ein bis zwei Monate. Berufstätige des Jahrgangs 1961 dürfen demnach mit 66 Jahren und 6 Monaten ohne Abzüge in den verdienten Ruhestand gehen.
2. Früheres Rentenalter für langjährig und besonders langjährig Versicherte
In die Kategorie „langjährig Versicherte“ fallen Angestellte, wenn sie mindestens 35 Jahre in die gesetzliche Rentenversicherung eingezahlt haben. Wer das sogar über 45 Jahre getan hat, wird als „besonders langjährig Versicherter“eingestuft.
Langjährig Versicherte dürfen z.B. mit 63 Jahren in Rente gehen, müssen jedoch Abschläge in Kauf nehmen. Die Einbußen betragen 0,3 Prozent pro Monat, gerechnet auf die Zeit zwischen dem regulären und dem tatsächlichen Renteneintrittsalter. Versicherte des Jahrgangs 1961 müssen entsprechend der folgenden Beispielrechnung mit 12,6 Prozent weniger Rentenzahlungen rechnen:
66 Jahre 6 Monate (Reguläres Rentenalter) – 63 Jahre (Tatsächliches Rentenalter) = 42 Monate x 0,3 Prozent = 12,6 Prozent
Da dieser Prozentsatz bis zum Lebensende abgezogen wird, sollte man sich diesen Schritt sehr gut überlegen. Die Einbußen kann man getrost als recht happig bezeichnen.
Besonders langjährig Versicherte können ungefähr zwei Jahre vor dem eigentlich festgelegten Rentenalter in den Vorruhestand. Und das ohne Abschläge. Um beim Beispiel zu bleiben: Für Arbeitnehmer des Jahrgangs 1961 reduziert sich das reguläre Renteneintrittsalter auf 64 Jahre und 6 Monate. Wer also im Januar 1961 geboren wurde, darf den Rentenstart mit seinen Kollegen im Juli 2025 feiern.
3. Mut zur Rentenlücke? Besser nicht!
„Zum Mitschreiben: Die Rente ist sicher“ … Mit diesem Satz ging Dr. Norbert Blüm, damaliger Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung, im Jahr 1997 in die Geschichte ein. Am 10. Oktober debattierten Politiker im Bundestag die umstrittene Rentenreform, die eine Absenkung des Rentenniveaus von 70 auf 64 Prozent zur Folge hatte.
Heutzutage würden sich Rentner über ein solches Niveau sehr freuen. Schaut man sich den „Standardrentner“ an, beträgt es aktuell um die 48 Prozent und dürfte bis zum Jahr 2030 auf ca. 43 Prozent fallen. Aus diesen Zahlen wird deutlich, dass es auch ohne das Ziel eines früheren Ruhestandes schwer ist, mit weniger als der Hälfte des Gehalts auszukommen.
Zwar sinken die monatlichen Fixkosten bei vielen Senioren, weil die Kinder aus dem Haus sind, das Zweitauto nicht mehr benötigt wird oder die Immobilie abgezahlt ist. Dennoch ist bei der Mehrheit der Rentner die finanzielle Lücke so groß, dass sie dringend geschlossen werden sollte. Schließlich möchte man sich ja im höheren Alter nicht mit Geldsorgen herumplagen, sondern die neu gewonnene Freiheit entspannt genießen. Um die Lebensqualität auf demselben Level zu halten, empfehlen Experten, ein Rentenniveau von ca. 70 Prozent anzupeilen.
Je früher man also in Rente gehen möchte, desto größer ist die finanzielle Lücke, die es zu schließen gilt. Es machen sich im Endeffekt nicht nur die Abzüge bemerkbar, sondern vor allem auch die Jahre, in denen man keine Zahlungen mehr an die gesetzliche Rentenversicherung leistet.
4. Optionen: freiwillige Einzahlungen, Altersteilzeit oder Lebensarbeitszeitkonto
Wer früher in Rente gehen möchte, sollte sich über diese Themen eingehender informieren. An dieser Stelle folgen kurze, einführende Beschreibungen.
- Freiwillige Einzahlungen: Wer mit 63 Jahren in Rente gehen möchte und die Abschläge von 0,3 Prozent pro Monat ausgleichen möchte, kann freiwillige Ausgleichszahlungen vornehmen. Ein Ausgleich der fehlenden Einzahlungen ist jedoch nicht möglich.
- Altersteilzeit: Im Rahmen der Altersteilzeit können Arbeitnehmer ab ihrem 55. Lebensjahr unter bestimmten Bedingungen nur noch 50 Prozent arbeiten. Für alle, die früher in den Ruhestand möchten, ist das Blockmodell interessant. Hier werden die verbleibenden Jahre in zwei Phasen eingeteilt. In der ersten Phase wird weiterhin zu 100 Prozent gearbeitet. In der zweiten Phase gar nicht mehr, sodass das tatsächliche Renteneintrittsalter früher erreicht wird.
- Lebenszeitarbeitskonto: Das auch als Zeitwertkonto bekannte Modell baut während seiner Berufslaufbahn ein Rentenguthaben auf. Gehaltsbestandteile, Überstunden, Urlaubstage, Weihnachtsgeld oder Zuschüsse können „eingezahlt“ werden und sorgen dafür, dass man vorzeitig in den Ruhestand kann. In der Zeit zwischen der Einlösung des Guthabens und dem regulären Rentenalter ist man weiterhin angestellt, d.h. auch die Sozialversicherungsbeiträge werden weiterhin bezahlt.
5. Experten fragen: Beratung bei der Deutschen Rentenversicherung
Das Thema Rente ist äußerst komplex. Gerade wenn es um den Vorruhestand und die damit verbundenen finanziellen Auswirkungen geht, ist ein Beratungstermin bei der Deutschen Rentenversicherung unumgänglich. Die Frage, die das gesamte Vorhaben überlagert, lautet:
Kann man sich die vorzeitige Rente überhaupt leisten?
Die Zahlen der jährlichen Renteninformation geben wertvolle Hinweise darauf, wie hoch die Rente ungefähr ausfallen wird. Auf dieser Basis leiten sich weitere wichtige Fragen ab:
- Wann möchte man aus dem Berufsleben ausscheiden?
- Welche monatliche Summe benötigt man im Ruhestand?
- Welchen Anteil hat die gesetzliche Rente an dieser Summe?
- Wie schließt man die Lücke zwischen gesetzlicher Rente und benötigter Summe?
Geht man aus dem Beratungsgespräch mit Antworten auf diese Fragen, ist schon viel gewonnen. Man weiß ungefähr, wie groß die finanzielle Lücke ist, die es zu schließen gilt und hat erfahren, welche Schritte nötig sind, um früher in Rente zu gehen.
6. Schlüsselfaktor private Altersvorsorge
Die gesetzliche Rente führt unvermeidlich zu einer finanziellen Lücke. Und diese Lücke ist noch größer, wenn man vorzeitig aus dem Berufsleben ausscheiden möchte. Dementsprechend gilt: Je effektiver man privat für den Ruhestand vorsorgt, desto eher kann man „die Füße hochlegen“. Aus dieser Erkenntnis folgt, dass die Chancen auf ein vorzeitiges Rentnerdasein steigen, je früher man auf dem Gebiet der privaten Altersvorsorge aktiv wird.
Wer also schon im Alter von dreißig oder vierzig Jahren vom Vorruhestand „träumt“ sollte nicht warten und sich umfassend informieren. Um für das Alter vorzusorgen, gibt es unzählige Möglichkeiten, z.B. private Rentenversicherungen, Kapital-Lebensversicherungen oder Fonds. Riester-Verträge werden sogar vom Staat bezuschusst. Weitere Erklärungen würden den Rahmen dieses Artikels sprengen. Es ist auf jeden Fall empfehlenswert, auch beim Thema private Altersvorsorge professionelle Beratung in Anspruch zu nehmen.
7. Frugalismus – Vorruhestand extrem!
Frugalisten streben danach, bereits rund um das 40. Lebensjahr in Rente zu gehen und freier bzw. unabhängiger zu leben. Auf den ersten Blick klingt dieses Vorhaben utopisch. Auf den zweiten erkennt man, dass dahinter nicht nur der Wunsch nach einem frühen Ruhestand steckt, sondern ein ganzes Lebensmodell, das auf Sparsamkeit beruht. Nur wer sparsam ist, kann die finanziellen Reserven aufbauen, um in der Zeit nach dem Berufsleben angemessen zu leben.
Um die Rente vorzuziehen, benötigen Frugalisten schätzungsweise 25 mal mehr Geld als sie im Jahr ausgeben. Wer für seinen individuellen Lebenswandel jährlich 30.000 Euro ausgibt, muss daher bis zu seinem 40. Lebensjahr 750.000 Euro ansparen. Das ist nur mit sehr viel Verzicht (und cleveren Anlagestrategien) zu schaffen. Außerdem dürfen idealerweise keine unvorhergesehenen Dinge geschehen, die das Sparmodell beeinträchtigen.
Frugalismus ist definitiv nichts für die Masse, durfte beim Thema „Früher in Rente“ aus unserer Sicht aber nicht fehlen.
Urheber des Titelbildes: rh2010/ 123RF Standard-Bild