Das Stellenangebot liest sich so gut, dass die Bewerbung schnell verfasst ist. Die Einladung zum Gespräch lässt nicht lange auf sich warten, die Zusage ist nur noch eine Formalität genauso wie die Unterschrift auf dem Arbeitsvertrag. Erst zu spät stellt man fest, dass dies eine Fehlentscheidung war. Das Phänomen, voreilig eine Stelle anzunehmen, wird als Blind Signing bezeichnet.
Blinde Unterschrift: Woher kommt der Begriff?
Mit „blindem Unterschreiben“ lässt sich das Kunstwort bezeichnen, das von Karrierecoach Dr. Bernd Slaghuis geprägt wurde. Er bezieht sich damit auf das Phänomen, dass immer mehr Menschen vorschnell und unüberlegt (wie blind) einen Arbeitsvertrag unterschreiben, ohne sich vorab ausführlich über den neuen Arbeitgeber und die Jobinhalte zu informieren. Gründe dafür sieht Slaghuis in einer zunehmenden Wechselbereitschaft, der Unzufriedenheit mit dem aktuellen Job und der Hoffnung, bessere berufliche Chancen am neuen Arbeitsplatz zu bekommen.
Blind Signing „funktioniert“ übrigens auch andersherum: Denn sind Arbeitnehmer verzweifelt auf der Suche nach Personal, dann besteht die Gefahr, dass sie bei der Auswahl gar nicht mehr so genau hinschauen und dem erstbesten Kandidaten direkt einen Arbeitsvertrag anbieten.
Wie läuft Blind Signing ab?
Meist sind es mehrere Faktoren, die Blind Signing begünstigen: Während die Babyboomer-Generation noch gerne ihr gesamtes Berufsleben bei einem Arbeitgeber blieb, ist es für die Generation Z ganz normal, möglichst viele berufliche Stationen im Lebenslauf zu präsentieren. Spätestens nach einigen Jahren muss etwas Neues her. Die Hemmschwelle für den Jobwechsel ist deutlich geringer, als sie es noch vor einigen Jahren war.
Eine Rolle spielen zudem die immer schlankeren Recruiting-Prozesse: Die Bewerbungsunterlagen müssen längst nicht mehr hübsch anzusehen in einer Mappe per Post geschickt werden. Eine Online-Bewerbung landet deutlich schneller und unkomplizierter im Postfach der HR-Abteilung. Teilweise verlangen die Personaler heute nicht mal mehr ein Anschreiben. Um den Prozess zu beschleunigen, finden die Vorstellungsgespräche auch gerne telefonisch oder als Online-Meeting statt. Probetage und vertiefende Gespräche sind gar nicht erst vorgesehen.
Ist dann am Ende die Angst groß, dass auf der einen Seite ein anderer Bewerber den Job erhält und auf der anderen Seite sich der Bewerber für einen anderen Job entscheidet, kann dies zu einer vorschnellen Entscheidung führen: Beide Parteien setzen ohne Bedenkzeit und ohne sich wirklich sicher zu sein, ihre Unterschrift unter einen Vertrag.
Unterschrieben und nun? Die möglichen Folgen
Mit etwas Glück haben Sie tatsächlich Glück und die neue Stelle ist genau die richtige. Wahrscheinlicher ist jedoch genau das Gegenteil: Sie treten mit falschen Erwartungen den Job an und werden enttäuscht. Frust und Unzufriedenheit sind mögliche Folgen. Manchmal schafft man nicht einmal die Probezeit. Um möglichst schnell einen besseren Job zu finden, geht die Suche wieder von vorne los. Im schlimmsten Fall entscheidet man sich aus Angst vor Lücken im Lebenslauf wieder viel zu schnell.
Blind Signing vermeiden – und den Traumjob finden
Damit es mit dem Traumjob (auch langfristig) klappt, gilt es, auch bei Zeitdruck nichts zu überstürzen. Dabei sind folgende Tipps hilfreich:
- Informieren Sie sich vorab über das Unternehmen (als Arbeitgeber) und über die Stelle.
- Im Vorstellungsgespräch sollten die Inhalte des Jobs und die künftigen Aufgaben klar beschrieben werden. Kritische Nachfragen sind aus Bewerbersicht jetzt durchaus erlaubt.
- Wer nach dem Gespräch noch Fragezeichen im Kopf hat, fragt auf jeden Fall telefonisch oder per Mail nach.
- Falls der potenzielle Arbeitgeber es nicht von selbst anbietet, dann schlägt der Interessent selbst vor, einen Tag zur Probe zu arbeiten. Auf diesem Weg erhält er bereits einen guten ersten Eindruck über die Arbeitsabläufe und das Betriebsklima. Die zeitliche Investition zahlt sich am Ende aus.
- Wer nicht überzeugt ist, der darf ein Angebot auch ablehnen – und nimmt notfalls lieber eine Lücke im Lebenslauf in Kauf.
- Auch wenn das Unternehmen zeitlich Druck macht, weil es womöglich noch einen weiteren „heißen“ Kandidaten gibt, lassen Sie sich nicht zu einer Unterschrift drängen. Ein seriöser Arbeitgeber lässt Ihnen (im angemessenen Rahmen) genau die Zeit, die Sie brauchen.
- Wer unsicher ist, sollte sich immer vor Augen führen, dass dies definitiv nicht das letzte Angebot ist und mit Sicherheit noch andere, vielleicht sogar bessere Chancen warten.
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