Perfektionismus

Sie möchten alle Aufgaben so gut wie möglich erledigen und bloß keine Fehler machen: Perfektionisten gelten als äußerst penibel. Das kann im Arbeitsleben und im Alltag Vorteile haben, wollen Perfektionisten doch stets Höchstleistung erbringen.

Allerdings setzen sich perfektionistische Menschen auch stark selbst unter Druck. Auf Dauer macht das krank. Übersteigerter Perfektionismus kann auch für die Arbeit im Team zur Herausforderung werden.

Was versteht man eigentlich unter Perfektionismus?

Perfektionismus ist ein Konzept aus der Psychologie und stellt eine der 16 Primärdimensionen der Erwachsenenpersönlichkeit dar. Eine einheitliche Definition gibt es zwar nicht, allgemein wird unter dem Begriff aber ein übertriebenes Streben nach Vollkommenheit bezeichnet. Perfektionisten setzen extrem hohe Ziele und Standards und zielen auf Fehlerlosigkeit ab.

Meist richtet sich Perfektionismus nach innen, Perfektionisten haben also hohe Ansprüche an sich selbst. Neben diesem selbstgerichteten Perfektionismus lassen sich noch zwei andere Arten unterscheiden:

  1. Sozialer Perfektionismus: Betroffene glauben, stets hohe Standards erfüllen zu müssen, weil andere dies so erwarten.
  2. Nach außen gerichteter Perfektionismus: Betroffene stellen enorm hohe Erwartungen an ihr Umfeld. Es fällt ihnen schwer, von diesen Erwartungen abweichendes Verhalten zu akzeptieren.

Woher kommt Perfektionismus?

Warum wird man eigentlich zum Perfektionisten? Psychologen gehen davon aus, dass es mehrere Einflussfaktoren gibt:

  • Prägung: Fehlende Erwartungen und Richtlinien der Eltern können zur Folge haben, dass ein Kind perfektionistische Eigenschaften entwickelt. Durch hohe Ansprüche an sich selbst versuchen die Betroffenen, Kontrolle über ihr Leben zu erlangen. Andererseits kann auch ein überfürsorgliches und kontrollierendes Verhalten der Eltern dazu führen, dass Kinder alles perfekt machen wollen.
  • Veranlagung: Auch das Temperament eines Menschen entscheidet mit, ob jemand perfektionistische Züge zeigt oder nicht.
  • Soziale Faktoren: Hoher Erwartungsdruck in der Schule, gesamtgesellschaftliche Werte und ähnliche Einflussfaktoren tragen ebenfalls zur Entwicklung perfektionistischen Verhaltens bei.

Perfektionismus: Vorteile für Alltag und Arbeitsleben

Perfektionisten streben nach Vollkommenheit. Sie sind meist äußerst verlässlich, pünktlich und stets gut organisiert. Sie möchten jederzeit hohe Leistungen erbringen und stürzen sich voller Eifer in ihre Aufgaben. Das kann durchaus Vorteile haben. So gelingen manchen Perfektionisten große Karrieresprünge. Im Privatleben sind sie als zuverlässige Freunde und Bekannte beliebt.

Diese Ausprägung bezeichnen Psychologen als funktionalen Perfektionismus. Funktionale Perfektionisten geben ihr Bestes und versuchen, die selbst gesetzten hohen Standards zu erfüllen. Misserfolge können sie jedoch akzeptieren und verlieren sich nicht in Selbstzweifeln, sollte sie ihr Ziel einmal nicht erreichen.

Wenn der Perfektionismus überhandnimmt

Perfektionismus hat allerdings auch eine Schattenseite, in der Psychologie als dysfunktionaler Perfektionismus bekannt. Bei dysfunktionalen Perfektionisten besteht eine starke Verknüpfung zwischen ihrer Leistung und ihrem Selbstwertgefühl. Bei Misserfolgen leidet ihr Selbstbewusstsein. Häufig machen sich dysfunktionale Perfektionisten zudem vom Urteil anderer abhängig.

Im Extremfall kann dysfunktionaler Perfektionismus krank machen. Wer ständig Höchstleistungen erbringen möchte, unterliegt dem Risiko, ein Burn-out-Syndrom zu entwickeln. Dysfunktionaler Perfektionismus wird zudem in Zusammenhang mit Angst- und Zwangsstörungen, Essstörungen und Depressionen gesehen.

So gehen Sie mit perfektionistischen Kollegen um

Im Berufsleben fallen Perfektionisten häufig durch ihr pedantisches Verhalten auf. Ihr Streben nach Perfektion und Fehlerlosigkeit macht sie zu zuverlässigen und meist motivierten Mitarbeitern. Verbeißen sie sich in eine Aufgabe, verlieren sie jedoch leicht das Ziel aus den Augen.

Sie beschäftigen sich übermäßig lange mit Details und blockieren dadurch die Arbeitsabläufe. Weiterhin fällt es Perfektionisten häufig schwer, Aufgaben zu delegieren. Da es ihnen niemand recht machen kann, erledigen sie lieber alles selbst. Dadurch bleiben andere wichtige Aufgaben liegen.

Einen Perfektionisten im Team zu haben, kann zur Herausforderung werden. Für einen besseren Umgang mit Perfektionisten raten Karriereberater dazu, sich zu überlegen, wofür man den jeweiligen Kollegen schätzt.

Perfektionisten bringen auch viele Stärken ins Team. Rufen Sie sich diese Stärken ins Gedächtnis, wenn Sie die Pedanterie Ihres Kollegen mal wieder nervt. Damit die Arbeit besser vorangeht, sollte man perfektionistischen Kollegen zudem immer wieder Unterstützung anbieten – auch wenn diese zunächst abgelehnt wird.

Tipps für Führungskräfte mit perfektionistischen Mitarbeitern

Führungskräfte sollten darauf achten, dass sich perfektionistische Mitarbeiter nicht zu stark belasten. Folgende Tipps helfen beim Umgang:

  • Klare Arbeitsanweisungen geben.
  • Feedback konkret und präzise formulieren.
  • Zeitbegrenzungen für Besprechungen und Präsentationen festlegen.
  • Standards für die Anwendung, die Aufbereitung und die Präsentation von Fachwissen einführen.

Diese Tipps helfen Perfektionisten dabei, sich nicht zu verrennen. Zudem sollten Führungskräfte berücksichtigen, dass Perfektionisten besonders viel Wertschätzung und Anerkennung benötigen. Arbeitsgespräche mit einem Perfektionisten beginnen daher am besten mit einem Lob.

Gleichzeitig ist es wichtig, klare Grenzen zu setzen, sowohl für die inhaltliche Beschäftigung mit den Arbeitsaufgaben als auch für den zwischenmenschlichen Umgang.

Urheber des Titelbildes: microgen/ 123RF Standard-Bild