Cheffing

Etwas Fingerspitzengefühl ist auf jeden Fall gefragt, wenn der Schuss beziehungsweise das Cheffing nicht nach hinten losgehen soll: Um die Situation am Arbeitsplatz insgesamt zu verbessern, kann es manchmal hilfreich sein, wenn Mitarbeitende ihre Vorgesetzten geschickt und subtil beeinflussen und die eigentliche Führung übernehmen.

Was bedeutet eigentlich Cheffing?

In der Struktur eines Unternehmens gibt es häufig eine klare Hierarchie: Die Weisungsbefugnisse laufen dabei über eine oder mehrere Ebenen von oben nach unten. Alle Mitarbeitenden haben einen Vorgesetzten, der Anweisungen erteilt und die Einhaltung der Aufgaben im Blick hat. Selbst bei flacheren Hierarchien gilt, wenn auch weniger drastisch, genau dieses Prinzip.

Aus dieser Ausgangslage heraus entsteht das Cheffing, das auch als Führung von unten bezeichnet wird. Die Mitarbeitenden versuchen hierbei genau andersherum, auf ihre Vorgesetzten auf eine subtile Art und Weise so einen Einfluss auszuüben, dass diese sich unbewusst für die von den rangniederen Angestellten bevorzugte Vorgehensweise entscheiden und Entscheidungen treffen, die letztlich zum Erreichen der Ziele dem gesamten Team zugutekommen.

Bei dem Begriff handelt es sich übrigens um ein Kunstwort, das nicht verwechselt werden sollte mit dem „Bossing“, bei dem der Chef seine Mitarbeitenden gezielt mobbt.

Kann das klappen? Die Voraussetzungen schaffen

Wenn man es genau nimmt, dann ist das Cheffing eine Form der Manipulation. Schließlich möchte man den Vorgesetzten in eine bestimmte Richtung lenken und beeinflusst ihn. Wichtig für das Verständnis der Vorgehensweise ist dabei jedoch, dass weniger der eigene Vorteil im Fokus steht und es auch nicht darum geht, dem Chef eins auszuwischen. Ziel des Cheffings ist es vielmehr, das große Ganze im Blick zu haben und insgesamt eine Verbesserung der Arbeitssituation herbeizuführen – umso besser, wenn man selbst unter dem Strich auch noch erfolgreicher arbeitet.

Damit das gelingt, ist wie eingangs erwähnt eine gute Portion Fingerspitzengefühl nötig: Denn kein Chef wird es gerne sehen, wenn seine Mitarbeitendem ihm den Rang ablaufen, ihn gar bevormunden. Wichtige Voraussetzung ist daher zunächst das Verständnis darüber, wie die vorgesetzte Person „tickt“, welche Charakterzüge sie hat, wo ihre Stärken und Schwächen liegen und welche Verhaltensmuster sie an den Tag legt.

Cheffing gekonnt umsetzen – so gelingt es

Wie und ob Cheffing klappt, steht immer in einem direkten Zusammenhang mit der Persönlichkeit der Führungskraft, seiner Position im Unternehmen und dem jeweiligen Aufgabenbereich. Zur Inspiration haben wir hier einige Tipps für den sensiblen und subtilen Umgang mit dem Chef:

  • Eine wichtige Regel des Cheffings ist es, der Führungskraft beizupflichten, wenn sie Vorschläge macht oder Aufgaben verteilt – und zwar auch dann, wenn Sie diese als unsinnig und überflüssig erachten. So bekommt der Chef nicht den Eindruck, dass seine Autorität untergraben wird. Nach dem Lob können in einem nächsten Schritt dann Alternativen oder Kompromisse ins Spiel kommen. Wer es geschickt anstellt, hat gute Chancen, dass diese umgesetzt werden.
  • Hat die vorgesetzte Person das Gefühl, dass Vorschläge von ihr selbst kommen, dann haben die Mitarbeitenden alles richtig gemacht. Formulierungen, wie „Ich verstehe Ihre Aussage so, dass Sie dies oder das vorschlagen, das gefällt mir sehr gut“, sind häufig zielführend. Wer es geschickt anstellt, der legt dem Vorgesetzten etwas Positives in den Mund, was er nie so formuliert hat. Alternativ ist es auch ein Satz wie, „Sie haben doch mal vorgeschlagen, dass wir das so oder so machen können. Darauf möchte ich jetzt gerne zurückkommen.“
  • Wem es an Kommunikation und Feedback fehlt, der fordert dies einfach ein – und zwar hartnäckig. Haben Sie das Projekt erfolgreich abgeschlossen, dann fragen Sie nach, wie es angekommen ist. Wie fand der Chef den Vorschlag im Meeting und welchen Mehrwert haben die Unterlagen, die Sie zusammengestellt haben. Auch bei der Frage nach einer Gehaltserhöhung bleiben Mitarbeitende dran. Wer regelmäßig nachfragt, hat die gute Chance, dass der Vorgesetzte irgendwann verinnerlicht, wie wichtig den Angestellten die Kommunikation ist, sodass er von selbst aktiv wird.
  • Nimmt es der Chef mit der Zeit nicht so genau, ist er regelmäßig unpünktlich und vergisst auch gerne mal Termine, dann können die Mitarbeitenden ihn daran erinnern – natürlich nicht nach dem Motto: „Vergessen Sie nicht wieder unseren wichtigen Termin mit dem Kunden“. Viel effektiver ist es, wenn sie wie folgt formulieren: „Findet der Termin mit dem Kunden morgen statt?“ Oder: „Dann sehen wir uns ja morgen früh zum Kundentermin.“ Die Angestellten sollten hier ein gutes Vorbild (und stets zuverlässig) sein.

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