Ein Handwerker bohr ein Loch

Jeder Arbeitgeber ist verpflichtet, das Leben und die Gesundheit seiner Angestellten aktiv zu schützen. Dabei muss er seine Mitarbeiter nicht nur vor körperlichem, sondern auch seelischem und materiellem Schaden bewahren. Was bedeutet das konkret?

Wo ist die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers geregelt?

Die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers ist nicht in einem einzigen Gesetz geregelt, sondern ergibt sich aus mehreren Gesetzen. Grundlegend ist § 618 BGB Abs. 1, der die Fürsorgepflicht definiert. Die Umsetzung ergibt sich aus den folgenden Rechtsquellen:

  • Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG)
  • Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG)
  • Arbeitssicherheitsgesetz (ASiG)
  • Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV)
  • Arbeitszeitgesetz (ArbZG)
  • Jugendarbeitsschutzgesetz (JArbSchG)
  • Mutterschutzgesetz (MuSchG)
  • Regelwerk der Berufsgenossenschaften

Wichtig: Die Fürsorgepflicht kann nicht ausgeschlossen oder beschränkt werden. Eine entsprechende Regelung in einem Arbeitsvertrag wäre laut § 619 BGB ungültig und rechtswidrig.

Wie weit reicht die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers?

Aufgrund der zahlreichen Gesetzesgrundlagen fallen verschiedene Bereiche unter die Fürsorgepflicht. Die wichtigsten Pflichten des Arbeitgebers im Überblick:

  • Arbeitsschutz: Arbeitgeber sind für die Sicherheit ihrer Angestellten am Arbeitsplatz verantwortlich. Vermeidbare Gesundheitsschäden müssen verhindert werden. Je nach Art der Tätigkeit müssen deshalb entsprechende Arbeitsschutzmaßnahmen eingeleitet werden. Diese reichen beispielsweise vom Einrichten des Arbeitsplatzes (Möbel, Geräte) bis hin zur Einhaltung der Arbeits- und Ruhezeiten.
  • Schutz der psychischen Gesundheit: Arbeitgeber müssen auch die psychische Gesundheit ihrer Angestellten schützen. Zu vermeidende psychische Belastungen können durch die eigentliche Arbeit (beispielsweise: Stress durch dauerhafte Mehrarbeit) ebenso wie durch zwischenmenschliche Faktoren entstehen. Zu Letzteren zählen Diskriminierung, Mobbing und Beleidigungen durch Kollegen, Vorgesetzte oder Geschäftspartner. In diesen Fällen ist der Arbeitgeber verpflichtet, einzugreifen.
  • Datenschutz und Schutzpflicht der Persönlichkeitsrechte: Personalinformationen sind vertrauliche Daten und dürfen nicht einfach weitergegeben werden. Zudem müssen technische und organisatorische Maßnahmen ergriffen werden, um die Daten gegen Missbrauch zu schützen. Das kann zum Beispiel durch eine Verschlüsselung von Datenträgern geschehen.
    Darüber hinaus müssen Arbeitgeber das Recht ihrer Mitarbeiter auf Privatsphäre achten – eine ständige Überwachung der Beschäftigten ist verboten.
  • Unterweisungspflicht gegenüber den Arbeitnehmern: Damit Angestellte sich bei der Arbeit nicht unbewusst selbst möglichen Risiken aussetzen, müssen Arbeitgeber regelmäßige Schulungen durchführen. So sollen die Themen Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz immer frisch im Gedächtnis und auf dem neuesten Stand gehalten werden.
  • Berücksichtigung des Beschäftigungsanspruchs der Arbeitnehmer: Angestellte müssen grundsätzlich die Tätigkeiten ausführen können, für die sie laut Arbeitsvertrag engagiert wurden. Bedeutet: Ein Mitarbeiter darf nicht dauerhaft und ohne sein Einverständnis zu einer anderen Aufgabe abgestellt werden. Umgekehrt gilt: Kann ein Arbeitnehmer seine ursprüngliche Tätigkeit gesundheitsbedingt nicht mehr ausüben, muss der Arbeitgeber ihm möglichst eine andere passende Aufgabe zuweisen.
  • Schutz des Eigentums der Arbeitnehmer: Der Arbeitgeber ist verpflichtet, geeignete Aufbewahrungsmöglichkeiten wie abschließbare Spinde für private Gegenstände bereitzustellen. So sollen Dinge wie Bargeld, Schlüssel und Ausweis geschützt werden, die die Arbeitnehmer zwingend mit sich führen müssen.

Was passiert, wenn der Arbeitgeber der Fürsorgepflicht nicht nachkommt?

Kommt der Arbeitgeber seiner Fürsorgepflicht nicht nach oder verstößt gegen sie? Dann muss er mit folgenden Reaktionen und Ansprüchen der Arbeitnehmer rechnen:

  • Arbeitsverweigerung: Sind das eigene Leben oder die Gesundheit bedroht, können Arbeitnehmer die Arbeit verweigern, bis die Gefahrenquelle beseitigt ist. Zudem können sie vor Gericht Klage einreichen oder den Verstoß gegen die Fürsorgepflicht bei der zuständigen Aufsichtsbehörde melden.
  • Forderung von Schadenersatz: Kommt es zu einem Arbeitsunfall, weil der Arbeitgeber seiner Fürsorgepflicht nicht nachgekommen ist, kann er dafür haftbar gemacht werden. Gleiches gilt, wenn notwendige Wertgegenstände der Arbeitnehmer abhandenkommen. Angestellte können in beiden Fällen Anspruch auf Schadensersatz oder Schmerzensgeld notfalls sogar vor Gericht geltend machen.

Fristlose Kündigung: Arbeitsverweigerung und Beschwerden bringen keinen Erfolg? Dann können schwere Verstöße gegen die Fürsorgepflicht eine außerordentliche fristlose Kündigung durch den Angestellten rechtfertigen. Allerdings sollte dem Arbeitgeber vorher immer die Gelegenheit zur Beseitigung der Verstöße gegeben werden

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