Eine Auswahl vieler farbiger Briefmarken

Nachdem wir uns im ersten Teil der Artikelserie mit der Geschichte der Briefmarke beschäftigt haben, geht es jetzt um die Themen Gestaltung von Briefmarken und Philatelie, d.h. das systematische Sammeln von Postwertzeichen.

Briefmarken als begehrte Sammlerobjekte

Die Philatelie wird in der deutschen Sprache als Briefmarkenkunde bezeichnet, Philatelisten als Briefmarkensammler. Was heutzutage in großen Teilen der Gesellschaft als spießiges Hobby verschrien ist, erlebte bereits nach der Veröffentlichung der ersten Briefmarke (One Penny Black, 1840) und später in den 1960er und 1970er-Jahren einen regelrechten Hype. Es gibt zahlreiche Briefmarkenvereine, die auf regelmäßigen Treffen und Veranstaltungen ihr Wissen mit Gleichgesinnten teilen.

Die Briefmarken wurden anfangs nicht gesammelt, um sie aufzubewahren, sondern einfach aus Spaß. Das bedeutete, dass sie aus Dekorationszwecken auf Lampenschirmen und ähnlichen Gegenständen geklebt wurden. Eine Vorstellung, die für jeden Philatelisten der Welt ein Graus sein muss. Denn fast immer wurden die Briefmarken so völlig unbrauchbar.

Als nach Großbritannien auch andere Länder eigene Briefmarken herausbrachten, wuchs bei vielen geneigten Zeitgenossen der Wunsch, alle zu besitzen. Eine Generalsammlung anzulegen war Mitte des 19. Jahrhunderts tatsächlich auch noch möglich. Schließlich war die Vielfalt noch überschaubar. Heutige Briefmarkensammler haben diesen Anspruch angesichts der unzähligen verschiedenen Marken, die es weltweit gibt, natürlich nicht mehr.

Professionalisierung des Briefmarkensammelns

In den ersten Jahren kam es durch unsachgemäße Aufbewahrung der empfindlichen Briefmarken häufig zu Beschädigungen. Das erste Briefmarkenalbum erschien 1862. Die Marken wurden jedoch nicht eingesteckt, sondern eingeklebt. Aus heutiger Sicht etwas unverständlich, da das Aufkleben der Briefmarken ebenfalls eine Form der Beschädigung darstellt. Moderne Philatelisten verwenden Einsteckbücher mit Schutzblättern oder sogenannte Vordruckalben mit Klemmtaschen. So lassen sich die teilweise wertvollen Briefmarken sicher aufbewahren.

Ebenfalls im Jahr 1862 wurden die ersten Fachzeitschriften veröffentlicht. Dort konnten und können sich Philatelisten über Neuerscheinungen informieren. Außerdem waren die Informationen der Experten Basis zum Tausch von Briefmarken, der immer mehr florierte. Ein weiteres Instrument zur Bewertung der Marken sind Briefmarkenkataloge. Anfangs wurde versucht, alle bekannten Briefmarken aufzulisten. Da das mittlerweile längst nicht mehr möglich ist, geben Verleger Standardkataloge, Spezialkataloge und Motivkataloge heraus. In den Katalogen werden auch Preise angegeben, die den Sammlern als Orientierung dienen.

Sammler legen sehr viel Wert darauf, dass Briefmarken nicht beschädigt werden. Denn das würde ihren Wert beeinträchtigen. Dementsprechend werden sie nicht mit den Fingern angefasst, sondern mit einer Pinzette. Diese ist mit abgerundeten Ecken ausgestattet, so dass keine Schäden an der empfindlichen Gummierung entstehen. Zu den weiteren Werkzeugen eines professionellen Briefmarkensammlers gehören u.a. ein Zähnungsschlüssel (zum Erkennen der Zähnung), ein Wasserzeichensucher, ein Mikrometer (zum Bestimmen der Papierstärke), eine UV-Lampe (zum Erkennen von Prüfzeichen) und eine Lupe (zum Auffinden von Details).

Wertvolle Briefmarken und berühmte Sammlungen

Es gab in der Geschichte zwar von Zeit zu Zeit Spekulationsblasen, in der wenige Sammler viel Geld verdienten, dennoch eignen sich Briefmarken heutzutage nicht als Geldanlage. Dennoch gibt es einige Raritäten, die zu Höchstpreisen versteigert werden und auch abseits der Fachwelt für Aufsehen sorgen. Bei der preislichen Entwicklung ähneln die teuersten Briefmarken wertvollen Kunstwerken, die i.d.R. bei jedem Besitzerwechsel einen weiteren Wertzuwachs erfahren.

Die aktuell teuerste Briefmarke ist die „British Guiana 1c magenta“ (Erscheinungsjahr: 1856). Sie wurde 2014 auf einer Auktion in New York für sage und schreibe sieben Millionen Euro verkauft. Die Briefmarke wurde auf der Insel British Guayana nur zur Überbrückung herausgegeben, weil sich eine Marken-Lieferung aus London verspätete. Ihr spektakulär hoher Preis resultiert vor allem in ihrer Seltenheit. Die „British Guiana“ existiert nur noch einmal. Sie fehlt als einzige wichtige Briefmarke in der privaten Sammlung der britischen Königsfamilie und wird in ihrem Stellenwert von Experten mit der „Mona Lisa“ verglichen.

Wenn es um teure Briefmarken geht, dürfen auch die rote und die blaue „Mauritius“ mit einem geschätzten Wert von jeweils ca. einer Million Euro nicht fehlen. Sie waren die ersten britischen Briefmarken, die außerhalb von Großbritannien herausgegeben wurden. Heute existieren von den berühmten Marken, die Königin Victoria zeigen, noch 26 Exemplare. Der „Bordeaux Brief“, auf dem beide Briefmarken geklebt wurden, wurde 1993 übrigens für umgerechnet fünf Millionen Euro  versteigert.

Die bislang teuerste deutsche Briefmarke ist die „Baden 9 Kreuzer“ aus dem Jahr 1851. Sie wurde 2008 für 1,26 Millionen Euro verkauft. Die Besonderheit liegt in der falschen Farbe. Da bei einer Charge das falsche Papier verwendet wurde, hatten diese Marken eine blaugrüne statt rosa Färbung. Heute existieren noch drei Exemplare.

Das Alter, die Geschichte der Marke und ihr Seltenheitswert sind ausschlaggebend für die hohen Preise, die von Außenstehenden kaum nachzuvollziehen sind. Meint man mit Wert jedoch nicht nur die erzielten Auktionspreise, gibt es viele weitere Briefmarken, die eine wichtige Rolle spielen. Von der ersten selbstklebenden Briefmarke, der „One Penny Black“, existieren beispielsweise noch relativ viele. Ihr Geldwert liegt daher „nur“ bei ca. 3.000 Euro, ihr historischer Wert ist aber dennoch unerreicht.

Die größte Briefmarkensammlung der Welt ist in Besitz des britischen Königshauses. Darin befinden sich nahezu alle wichtigen Raritäten der Philatelie – bis auf die British Guiana“ (siehe oben) … Auch die Sammlung des Reichspostmuseums in Berlin und das Museum für Kommunikation zeigen in ihren Ausstellungen unzählige wertvolle Marken und sind wahre Pilgerstätten für Philatelisten.

Gestaltung und Design von Briefmarken

Zwar bieten Postwertzeichen nicht wirklich viel Platz zur Gestaltung, dennoch ist die Vielfalt und das Detailreichtum der Motive überaus erstaunlich. Jedes Land nutzt sie seit jeher für die Selbstdarstellung. In früheren Zeiten wurden dementsprechend überwiegend Könige, Königinnen und andere Monarchen abgebildet.

Heutzutage findet man dagegen spannende Motive aus Kultur, Technik, Sport oder Kunst. Auch für besonders wichtige Persönlichkeiten und spezielle Ereignisse werden spezielle Briefmarken herausgegeben. Um die Herausgabe und die Umsetzung des Designs kümmert sich das Bundesministerium der Finanzen. Sechs bis acht von insgesamt 100 Grafikerinnen und Grafikern geben bei einer neuen Marke einen Entwurf ab. Programm- und Kunstbeirat entscheiden darüber, welches Design gewinnt. Es ist auch für Privatpersonen jederzeit möglich, ein Motiv vorzuschlagen. Jedes Jahr erscheinen übrigens ca. 50 neue Briefmarken in Deutschland.

Auch spannend: Die Deutsche Post bietet seit einiger Zeit „Briefmarke individuell“ an. Hier kann jeder Briefmarken nach eigenen Vorstellungen gestalten. Ob man dafür Fotos oder selbst erstellte Designs verwendet, bleibt jedem selbst überlassen. Eine gute Idee, z.B. um Einladungskarten oder Bewerbungsschreiben eine besondere Note zu verleihen.

In Zeiten des Internets und digitaler Kommunikation wirkt die Briefmarke zunehmend altmodisch. Daher schließt der folgende Artikel unsere Artikelserie ab: „Faszination Briefmarke (Teil 3): Das Ende der gedruckten Postwertzeichen?“

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